Landau Fenster in Festungsgeschichte

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Wenn in Baugruben Handfeger und Staubsauger zum Einsatz kommen, sind Archäologen am Werk. Was die vom Werk 38 am Ebenberg freigelegt haben, ist beeindruckend. Dort ist ein Stück Landauer Geschichte zum Vorschein gekommen – einschließlich des Schicksals einiger Soldaten. So vollständig ist nicht einmal die Lunette 41.

Den besten Überblick hat man vom „Feldherrnhügel“ aus. Das ist der Erdwall auf der Grenze des Eckgrundstücks zwischen Cornichon- und Hartmannstraße sowie Wirthallee. Er verwehrt Passanten auch weitgehend den Blick auf das, was sich unten in der Grube tut. Grabungsleiter Paul Scherrer, der Landauer Archäologe Frank Krämer und Amy Oechsner, alle von der Generaldirektion Kulturelles Erbe, haben eine Reihe von Mauerzügen freigelegt und ein Fenster in die Landauer Festungsgeschichte aufgestoßen. Dass dort mit Resten des Werks 38 zu rechnen war, war bekannt. Aber deren Vollständigkeit ist „der reine Wahnsinn“, wie die Vorsitzende des Landauer Festungsbauvereins, Juliane Letz, sagt. Der Blick vom Hügel zeigt die nach Süden vorspringende Spitze der gewaltigen Hauptmauer, die die Landauer Kernstadt einst umschloss. Sie war aus Granitsteinen aus dem Albersweilerer Steinbruch errichtet und mit einer Art rückwärtigen Strebepfeilern verstärkt worden, von deren Existenz die Archäologen bisher nichts wussten. Vor dieser leicht nach hinten geneigten und oben mit Erde überdeckten Mauer verlief ein Graben. Dessen Außenseite bestand aus einer Sandsteinmauer. Wo die innere Mauer Spitzen wie ein Stern hatte, verlief die äußere in Bögen. Die gleichen in der Draufsicht kleinen Mondsicheln – nichts anderes bedeutet der Begriff Lünette. Im Festungsbau ist das „Fachchinesisch“ Französisch, erläutert Scherrer: Der französische Festungsbaumeister Vauban, der auch für die Landauer Festung verantwortlich zeichnete, war der führende Kopf seiner Zunft. Daher gibt es neben den Lünetten beispielsweise auch Reduit, Contrescarpe, Contregarde, Cornichon und Ravelin. Doch abgesehen vom Fort findet sich nirgends sonst so viel Anschauungsmaterial auf einem Fleck wie nun in der Baugrube des Wohnparks. Nicht einmal an der Lünette 41, die vom Festungsbauverein mit viel Eifer im Savoyenpark freigelegt wird. Ansonsten weiß Krämer von vielen Einzelfunden, beispielsweise zugemauerten Gewölben, wo beim Hausbau einst ein Gang angeschnitten worden ist. „Ich hab’ selbst den Turm 24 im Keller“, sagt er. Bei Belagerungen kamen auch Schwächen einer Festung ans Licht. So wurde die Südseite Landaus mit dem nun freigelegten Werk 38, das 1711 von kaiserlichen Truppen errichtet worden ist, mit weiteren vorgeschobenen Außenwerken gesichert. Sie sollten verhindern, dass die Franzosen Landau vom Ebenberg aus beschießen konnten. Doch schon 1713 nahmen diese es genau von jener Seite aus ein. Die dabei Gefallenen wurden in einem Massengrab verscharrt (Bericht vom Samstag). Alle Festungsteile waren untereinander verbunden. „Neben der oberirdisch sichtbaren gibt es auch eine unterirdische Festung“, erläutern die Archäologen. So ist auch ein mit Ziegeln ausgemauerter Wehrgang freigelegt worden, der der halbmondförmigen Grabenmauer folgt. Etwa alle fünf Meter öffnete sich eine Schießscharte, durch die die Verteidiger ihre Musketen auf Angreifer abfeuern konnten, die bis in den Graben vorgedrungen waren. „Ich stelle mir das furchtbar vor: der Knall und der Rauch in einem so engen Gang“, sagt Scherrer. An einer Stelle ist der Gang zu einer kleinen Kammer erweitert. Dort sind noch Scharniere einer Tür erhalten, mit denen die Tunnel in Abschnitte unterteilt werden konnten. Bereits vorbereitet sind gemauerte Bögen. Von dort aus konnten Minengänge ins Vorfeld der Festung gegraben werden, um eindringende Eroberer in die Luft zu jagen. Weil das Gangsystem selbst für die Verteidiger unübersichtlich war, sind die Gänge gekennzeichnet. Eine solche Beschriftung ist ebenfalls gefunden, aber noch nicht ausgewertet worden.

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