Landau „Erinnerung muss sein“

Gestern jährte sich die Befreiung des Konzentrationslagers (KZ) Ausschwitz zum 70. Mal. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, forderte aus diesem Anlass, jeder Schüler ab der neunten Klasse solle verpflichtend eine KZ-Gedenkstätte besuchen. Die RHEINPFALZ hat sich bei einigen Schulen in der Region umgehört, was sie davon halten.

Mehr als 1,1 Millionen Menschen wurden in dem Vernichtungslager der Nazis ermordet, darunter eine Million Juden. In zahlreichen Gedenkveranstaltungen wurde gestern bundesweit an dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte erinnert, auch in der Südpfalz. Das Thema müsse präsent bleiben, auch an Schulen, sagte Schuster in einem Interview mit der Osnabrücker Zeitung. „Theorie und Unterricht sind die eine Sache, das konkrete Erleben vor Ort, die plastische Anschauung die andere“, sagte Schuster. Im Kalender der Schulen, mit denen die RHEINPFALZ gestern exemplarisch sprach, sind Besuche in KZ-Gedenkstätten längst fester Bestandteil. „Wir finden diesen Aspekt sehr wichtig“, sagte beispielsweise Manfred Schabowski, Leiter der Konrad-Adenauer-Realschule plus (Kars) in Landau. Im Laufe ihrer Schullaufbahn an der Kars sollte jeder Schüler einmal eine solche Gedenkstätte besucht haben, meist sei dies in der zehnten Klasse. Welche Gedenkstätte besucht werde, hänge von verschiedenen Faktoren ab. Wenn eine Klasse nach München fahre, dann schließe sich ein Besuch in Dachau an, Berlinfahrer schauten sich Sachsenhausen an. Manchmal führe der Weg aber auch in die Umgebung, ins elsässische Struthof-Natzweiler oder nach Osthofen. Auch an der privaten Maria-Ward-Schule gehören Besuche der Gedenkstätten in Struthof oder Osthofen seit Jahrzehnten zum festen Programm. Oft werde der Besuch mit anderen Unterrichtsbestandteilen zum Thema verknüpft, einer Lektüre beispielsweise, so Schulleiter Klaus Neubecker. Die Gymnasiasten fahren in der zehnten Klasse nach Berlin, die Nazidiktatur sei dabei immer auch Thema, der Besuch der Synagoge und der Gedenkstätten Pflicht. Für Steffen Jung, Leiter des Trifels-Gymnasiums in Annweiler, ist das pädagogische Konzept wichtig. „Erinnerung muss sein, auch ohne sie zum Schulgesetz zu machen“, so Jung. So werde das Gedenken an die Schrecken der Nazi-Herrschaft und den Holocaust in unterschiedlichen Projekten wachgehalten: „Bei der Berlinfahrt der zehnten Klassenstufe, bei Besuchen der Gedenkstätte in Struthof, im Religionsunterricht oder beim Austausch mit der Partnerschule in Polen.“ Ganz sicher befinde man sich an einem Wendepunkt. Die Möglichkeit, Zeitzeugen in die Schule einzuladen, oder Großeltern zu den Ereignissen im Dritten Reich zu befragen, schwinde zusehends. (git)

x