Landau Ehrenamtspreis geht an Frauenhaus

Ausgezeichnet: Dagmar Linnert, Christine Altstötter-Gleich und Elisabeth Morawietz (von links) erhalten für ihr Engagement den E
Ausgezeichnet: Dagmar Linnert, Christine Altstötter-Gleich und Elisabeth Morawietz (von links) erhalten für ihr Engagement den Ehrenamtspreis der Stadt von Oberbürgermeister Thomas Hirsch.

Nötig war es eigentlich immer, seit Ende 1993 gibt es auch tatsächlich ein Frauenhaus in Landau. Die Ehrenamtlichen kümmern sich um Frauen, die vor Gewalt in der Beziehung fliehen müssen – und deren Kinder. Nun hat die Initiative einen Preis erhalten.

„Wir wären so gerne überflüssig, wir würden so gerne nicht hier stehen.“ Dies waren die ersten Worte von Christine Altstötter-Gleich nach dem Empfang des Ehrenamtspreises der Stadt Landau am Montagabend. Bis vor einer Woche war sie über zehn Jahre lang die Vorsitzende des Trägervereins für die Frauenzufluchtstätte Südpfalz. Gemeinsam mit ihrer Vorgängerin Elisabeth Morawietz und ihrer Nachfolgerin Dagmar Linnert nahm sie am Montagabend von Oberbürgermeister Thomas Hirsch die Wertschätzung für den bürgerschaftlichen Einsatz in Form eines individuell gestalteten Bilds von Xaver Mayer und 1000 Euro aus dem Spendentopf der Sparkasse Südpfalz entgegen.

Als eine Frau der ersten Stunde erinnerte Morawietz, damals Stadträtin für die SPD, daran, wie alles begann: Es war Katharina Thiede, die Vorsitzende des Vereins alleinerziehender Mütter und Väter, die im Jahr 1985 Frauen aus allen Parteien, Kirchen, Verbänden und Frauenorganisationen zusammenrief, um eindringlich die Not von Frauen und ihren Kindern, die in Gewaltbeziehungen leben, zu schildern. Bis dahin hatte sich die schwer kranke Frau aus Hergersweiler privat um Frauen gekümmert, die sich mit ihrer Not ihr anvertraut hatten. Als es immer mehr wurden und sie sich allein überfordert fühlte, startete sie den Hilferuf nach einem Frauenhaus in der Region. „An diesem Abend beschlossen wir, einen Trägerverein zu gründen, der das Projekt verwirklichen sollte“, sagte Morawietz in ihrem Rückblick. „Die Problematik der Gewalt in Beziehungen können wir nicht lösen, aber wir können den Betroffenen helfen, sich daraus zu befreien.“ Es sollten indes noch acht Jahre vergehen, bis es ein Haus gab und die ersten Frauen einziehen konnten.

Wie das Frauenhaus ausgestattet ist

Überparteilich, überkonfessionell und unabhängig ziehen bis heute alle, die mit der Gewaltproblematik befasst sind, an einem Strang und knüpfen an einem engmaschigen Netz der Hilfe für von Gewalt bedrohten Frauen und ihre Kinder. An einem Runden Tisch werden Wege und Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen erarbeitet und stetig weiterentwickelt. 1990 wurde ein Förderverein gegründet, der den Trägerverein bis heute tatkräftig und finanziell unterstützt. Als schließlich die Landesregierung umfangreiche Förderung für Frauenhäuser beschloss, schenkten die Stadt Landau und die Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim den Initiatorinnen ein Haus, das mit eigenen Mitteln und tatkräftigem ehrenamtlichem Einsatz renoviert und eingerichtet wurde. Am 1. Dezember 1993 zogen die ersten Frauen ein. Dass das Haus seitdem nie leer war, „zeugt von der andauernden Problematik in der Region“, betonte Morawietz, die viele Jahre lang dem Trägerverein vorstand.

Dass sich die Rahmenbedingungen in den nahezu 30 Jahren verbessert haben, betonte Christine Altstötter-Gleich. Das Land finanziere das Frauenhaus mittlerweile zu rund zwei Dritteln und schaffe unter anderem dem Rahmen, damit auch die Kinder, die mit ihren Müttern im Frauenhaus leben und auch direkt oder indirekt Opfer von Gewalt in der Familie sind, professionell betreut werden können. Drei hauptamtliche Mitarbeiterinnen und eine Hauswirtschafterin kümmern sich um die Bewohnerinnen. In vier Zimmern kann je eine Mutter mit bis zu drei Kindern aufgenommen werden, ein Zimmer steht für eine Alleinstehende zur Verfügung. Neben Gemeinschaftsräumen, Büros und Zimmern für Einzelgespräche verfügt das Landauer Frauenhaus auch über einen Garten mit Spielbereich.

Förderverein hat neues Projekt gestartet

Ein Drittel des Geldes kommt durch die Miete ins Haus, die für die meist mittellosen Frauen als Leistung vom Jobcenter oder vom Sozialamt übernommen wird.

Schließlich ist es die Aufgabe des Fördervereins, Spenden einzusammeln. Durch dieses Engagement konnten allein in den vergangenen zwei Jahren mehr als 100.000 Euro in die Renovierung des Hauses fließen. Damit war die Hälfte der Kosten gedeckt. Zudem spendiert der Förderverein Kleidung, Hygieneartikel, Ausflüge und jede Woche ein gemeinsames Kochereignis mit allen Bewohnerinnen.

Von den Mitarbeiterinnen werden die Frauen beraten und unterstützt, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Damit der Übergang von der Gewalt besetzten Beziehung in ein unabhängiges freies Leben gelingen kann, hat der Trägerverein eine Schutzwohnung erworben. Mit diesem jüngsten Projekt startet Dagmar Linnert nun in ihr neues bürgerschaftliches Engagement für das Frauenhaus. „Ehrenamt fragt nicht nach Anerkennung, aber es ist trotzdem schön, wenn es wertgeschätzt wird.“ Diese Worte des Dankes richtete die frisch gewählte Vorsitzende an Oberbürgermeister Thomas Hirsch als Überbringer.

„Starke Frauen – wir brauchen Sie“

Mit Beginn seiner Amtszeit hat er die Verleihung eines Ehrenamtspreises eingeführt, die immer am Geburtstag der Stadt stattfindet: Am 30. Mai 1274 hat Rudolf von Habsburg der Stadt das Hagenauer Stadtrecht verliehen. Der Ort der Verleihung sei in diesem Jahr an den Empfängerinnen orientiert: Starke Frauen, die sich in vielfältiger Weise für Frauen in Not einsetzen. Auf dem nach ihr benannten Platz würdigte Hirsch Martha Saalfeld als mutige Schriftstellerin, die sich für eine bessere Gesellschaft eingesetzt habe und dafür von den Nationalsozialisten mit einem Publikationsverbot zum Schweigen gebracht werden sollte. Die überlebensgroße Bronzestatue „Landavia“ schließlich habe in den 40 Jahren ihres Daseins auf dem Platz ob ihrer drallen Nacktheit viele bösartige Kritiken über sich ergehen lassen müssen. Mit dem Wandel des Frauenbildes in der Gesellschaft werde sie heute als feministisches Symbol, selbstbewusst und stark, wahrgenommen: „Starke Frauen – wir brauchen Sie“, lautete sein Dank an die Empfängerinnen.

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