Landau Die Unsichtbaren

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Wir treffen Javid Kahwreen in der Weißenburgerstraße. Er ist Gast im Café Asyl. Dort, im Haus Südstern, begegnen sich viele. Somalier, Iraker, Pakistanis, Iraner. Sie reden miteinander, manchmal tanzen sie auch. Javid ist fast jedes Mal dabei. Immer am ersten und dritten Mittwoch im Monat öffnet das Café Asyl. Der 25-Jährige erzählt uns seine Geschichte. Javid Kahwreen kommt aus Afghanistan. Seine Familie lebt noch in dem Land, das von Krieg, Terror und Zerstörung geprägt ist. Er konnte nicht bleiben. Sein Leben war in Gefahr. Die Taliban wollten ihn zwingen, seine Arbeit aufzugeben. Er war bei einer Firma tätig, die auch für die Amerikaner arbeitete. „Dann haben sie gedroht, mich zu töten.“ An diesem Tag wusste der junge Mann, dass er seine Heimat verlassen muss. Er flüchtete. Allein. „Es war ein schlimmer Moment“, sagt er. In Pakistan traf er sich mit einem Freund, der einen Bekannten aufgetan hatte, der sie gegen Geld in den Iran brachte. Dort blieben sie ein Jahr, schlugen sich als Tagelöhner durch. Dann fanden sie jemanden, der sie nach Istanbul brachte. Dort blieben die beiden 15 Tage. Eines Nachts wurden sie in einen Transporter geladen. Ziel: Paris. Preis pro Person: 3800 Euro. Fahrtdauer: 15 Tage. In Paris kamen sie in einem Haus unter, kurz darauf wurde Kahwreen an den Bahnhof gebracht. Ihm wurde ein Ticket nach Frankfurt in die Hand gedrückt, erzählt der 25-Jährige, der vor seiner Flucht ein Studium an der Wirtschaftsfakultät der Uni Kabul begonnen hatte. Doch der Zug, in den er einstieg, sollte ihn nicht in die Freiheit bringen. Er landete auf einer Polizeiwache in Kaiserslautern. Einen Monat später stand er in Bornheim, wo er sich mit neun anderen fünf Zimmer teilte, unter schlechten Bedingungen, sagt er. Heute wohnt er mit Flüchtlingen in Essingen. Geschichten wie diese hören die Organisatoren des Café Asyl öfter. „Bevor das Café ins Leben gerufen wurde, kam das Flüchtlingsthema zu kurz“, sagt Magdalena Schwarzmüller. „Es ist oft ein Drama.“ Kahwreen steht nun seit sieben Monaten auf der Asyl-Warteliste. Arbeiten darf er nicht. Das verbietet der Staat. Erst nach neun Monaten Aufenthalt besteht diese Chance. Vom Gesundheitssystem ist er ausgeschlossen, nur Notfälle werden behandelt. Sprachkurse gibt es kaum. 296 Euro hat Khawreen pro Monat. Zudem ist er angeschlagen, nach einem Unfall ist sein Bein lädiert. Trotzdem fühlt er sich wohl hier. Die Menschen seien nett. Deshalb will er schnell Deutsch lernen und arbeiten, um sich einzubringen. Das will auch Rizwan Ahmad Sultani, der ebenfalls in Essingen wohnt. „Wir wollen Deutsch lernen, denn wir leben hier und wollen uns mit anderen unterhalten können. Es ist auch ein Zeichen von Respekt, die Sprache des Landes zu sprechen“, sagt der ebenfalls aus Afghanistan geflüchtete Mann. Das ist auch Ziel des Cafés: „Sprache ist der Weg zur Integration“, meint Schwarzmüller. Die Idee für das Café Asyl, das diesen Menschen Hilfestellung und Gesprächsangebote geben möchte, entstand im Arbeitskreis Asyl. Schwarzmüller als Vertreterin des Stadtrats, Claudia Hahn vom Caritas-Zentrum, Armin Schowalter vom Haus Südstern und die Amnesty Hochschulgruppe machten Nägel mit Köpfen. So habe man drei Sprachkurse auf die Beine gestellt in Landau, Annweiler und Herxheim, die von Sponsoren bezahlt würden, so Hahn. Auch 40 Fahrräder seien organisiert worden, damit die Menschen kommen können, ohne Geld für den Bus abzudrücken. Im Café gibt es Tanz, Musik und Film. Es wurde auch schon gemeinsam gekocht. Und jeder ist willkommen, nicht nur Flüchtlinge. „Deshalb wollen wir das Café bekannter machen“, sagt Gesa Amelung von Amnesty. Doch Hilfe kostet Geld. Die Menschen hätten kaum Kontakt zu Einheimischen, keine Perspektive für ihr Leben, sagt Hahn. Deshalb suche man nach Sponsoren, die helfen. „Das Leben ist hier besser, wir können ohne Angst schlafen. Und das Café Asyl hilft uns“, sagen Khawreen und Sultani.

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