750 Jahre Stadtrechte Die Prostituierte: das schwarze Mariandel

Monatlich mussten sich die Protituierten im Bürgerspital in der Königstraße, hier auf einer Postkarte abgebildet, untersuchen la
Monatlich mussten sich die Protituierten im Bürgerspital in der Königstraße, hier auf einer Postkarte abgebildet, untersuchen lassen.

Über Jahrhunderte prägte das Militär den Alltag in Landau. Die Frauen erlebten dabei oft harte und ungerechte Lebensbedingungen. Besonders betroffen waren jene, die mangels Alternativen als Prostituierte arbeiteten.

„Es sind artige und brave Mädchen, man bemerkt keine Plauder- und Tändelsucht, und auf der Straße vorbeiziehendes Militär vermochte das Auge nicht einer Schülerin vom Lehrer abzulenken.“ Diese Einschätzung im Visitationsbericht der Städtischen Höheren Töchterschule aus dem Jahr 1875 verdeutlicht das Dilemma Landauer Frauen in den vergangenen Jahrhunderten. Wohin man als Landauerin den Blick auch schweifen ließ, die männlich-militärisch geprägte Umwelt machte die Grenzen einer weiblichen Lebenswelt schnell erlebbar. Generationen von Landauer Mädchen wuchsen in einer Stadt heran, deren Alltag stets militärischen Bedürfnissen untergeordnet war. Und um im zitierten Bild zu bleiben, die lernten und verinnerlichten, stets den Blick gesenkt zu halten.

Über 300 Jahre lang, von 1680 bis zum Jahr 1999, war Landau eine Garnisonsstadt, fast ununterbrochen waren Tausende Soldaten in der Stadt stationiert, und fast 200 Jahre lang beeinflusste die barocke Vauban-Festung die Stadtentwicklung und das Leben der Menschen in dieser eng umgrenzten Umwelt. Und stets lebten schlicht zu viele Männer auf zu kleinem Raum. Für den Stadtrat gab es nur eine Lösung, die Prostitution sei „rätlich und notwendig“.

Lebensumstände der Frauen interessieren niemanden

Ein Wort zur Quellenlage: Frauen, das erfahren wir immer wieder, tauchen in der Regel im historischen kommunalen Schriftgut nur in Ausnahmesituationen auf. Nur wenn weibliches Handeln in Konflikt mit städtischen oder staatlichen Behörden gerät, werden Frauen und ihre Lebensbedingungen erfahrbar. Keine weibliche Bevölkerungsgruppe taucht in den städtischen Akten des 19. Jahrhunderts so häufig auf, wie die, um im zeitgenössischen Sprachgebrauch zu bleiben, „liederlichen Weibspersonen“.

Diese Aktenbestände offenbaren auf der einen Seite die unverblümt geäußerte bürgerliche Doppelmoral. Auf der anderen Seite eröffnen sie die Sicht auf unsägliche Lebensumstände von Frauen, deren unbeschönigte Schicksale und Lebensumstände niemanden interessierten und die von allen Bevölkerungsschichten, von Männern und Frauen, gleichermaßen abgelehnt und geächtet wurden.

Jedermann kannte das schwarze Mariandel

Auffällig ist, dass viele jener Frauen im städtischen Schriftgut nicht mit Klarnamen genannt werden. Offenbar kannte jedermann das schwarze Mariandel, das Nußdorfer Liesel, die Kaffeekättel oder das Lenchen vom Goldenen Fässel. Wer diese Frauen waren, wissen wir nicht. Im Gegensatz zu größeren Städten existierten in Landau im 19. Jahrhundert keine Bordelle. Man kannte die einschlägigen Wirtschaften, zum Beispiel in der Blumgasse das Wirtshaus Rebstöckl, oder den Branntweinwirt Walter in Queichheim, wo junge Frauen als Schankmädchen arbeiteten und als Dirnen ihr Zubrot verdienten.

Diese kleinen Wirtshäuser wurden in unregelmäßigen Abständen kontrolliert. Solange die Frauen ihren monatlichen „geschlechtlichen Untersuchungen“ im Bürgerspital nachkamen und für gesund befunden wurden, wurden sie in der Stadt geduldet. Besonders prekär war ein Aufenthalt für jene Frauen, die kein Heimatrecht in Landau besaßen und aus den umliegenden Dörfern in die Stadt zogen. Immer wieder wird von schier unglaublichen Zuständen berichtet. So wurden im Januar 1823 vier obdachlose Frauen aufgegriffen, die in den Tierställen der Wirtshäuser und Kasernen lebten. Offenbar hatten sie gegen körperliche Dienste die Militärwachen an den Toren der Stadt bestochen, um innerhalb der Mauern Kontakt mit der potenziellen Kundschaft aufnehmen zu können.

Oftmals waren es wohl junge Frauen, die mittellos von Stadt zu Stadt zogen und sich als Schankmädchen in den einschlägig bekannten Wirtschaften anstellen ließen. Meist erhielten sie nur dann einen Lohn, wenn sie Soldaten in die Wirtshäuser locken konnten. So gab der „Franzosenwirth Claveau“ vor dem Bürgermeisteramt zu Protokoll, dass „die Dirnen durch ihr eigentlich Geschäft“ doch gut genug verdienten und er ihnen nicht noch einen Lohn für das Bedienen schulde, zumal er ihnen doch „den Eselstall hinter der Wirtschaft“ zur Verfügung gestellt habe.

Monatliche Zwangsuntersuchungen

Obligatorisch waren die monatlichen Zwangsuntersuchungen für Prostituierte im Bürgerspital, in der Königstraße. Das zentrale Anliegen aller beteiligten Stellen war dabei die Eindämmung der Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten. Vor allem dann, wenn nicht nur Soldaten davon betroffen waren, sondern auch junge Landauer Bürgerssöhne.

Schon 1831 wies der Landauer Arzt Friedrich Paul in seiner medizinischen Statistik der Stadt Landau darauf hin, dass in einer Garnisonstadt wie Landau „die venerische Krankheit daselbst nicht zu den selten gezählt“ wird. Dazu gehörten vor allem die Gonorrhoe und die Syphilis, die immer wieder in Wellen epidemieartig in der Stadt auftauchten und zu einer regen Betriebsamkeit der zuständigen Stellen führte. Wenn das Garnisonskommando die Soldaten ermahnte, von Ausschweifungen abzulassen und vor allem den Umgang mit Prostituierten zu vermeiden, so kam der Hinweis auf Geschlechtskrankheiten nicht von ungefähr. Allein im Jahr 1826 wurden 31 Soldaten im Landauer Militärkrankenhaus behandelt. Während des Deutsch-Französischen Krieges wurden in der Garnison Landau 335 an Syphilis erkrankte Soldaten in Landau verzeichnet.

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