Landau Auf der Suche nach einem ideellen Investor

Der Eingang zum Haus Zum Maulbeerbaum wurde ansehnlich gestaltet.
Der Eingang zum Haus Zum Maulbeerbaum wurde ansehnlich gestaltet.

Explodierende Baukosten, hohe Zinsen für Kredite – für Bauherren ist das zurzeit ein Riesenproblem. Auch die Genossenschaft, die das historische Haus Zum Maulbeerbaum sanieren will und bereits den ersten Bauabschnitt gestemmt hat, kann ihre bisherige Finanzplanung begraben.

Der Verein hat große Sorgen, wie es weitergehen kann in der Oberen Marktstraße. Im jüngsten Mitgliederbrief schreibt der Vorstand, zu dem Michael Zumpe, Sonja Behrens und Ulrich Malisius gehören: „Vor einem Jahr zeichnete sich bereits ab, dass unsere Finanzplanung für den Innenausbau unrealistisch geworden war.“ Die Steigerung der Baukosten und der Kreditzinsen sei dramatisch. „Unter diesen Bedingungen ist keine Nutzung der Räume vorstellbar, die Mieteinnahmen erbringen würde, wie sie zur Deckung unserer Kosten nötig wären.“

Kurzer Rückblick: Im Jahr 2014 stand das Haus, das seit mehr als 700 Jahren die Geschichte der Stadt begleitet, vor dem Ende. Wenn kein Investor gefunden werde, erklärte der damalige Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer sinngemäß, sei der Abriss unvermeidbar. In dieser Situation gründete sich die Bürgerinitiative „Freunde des Hauses zum Maulbeerbaum“, um den Abbruch des historischen Gemäuers zu verhindern. Zu diesem Zweck entstand eine gemeinnützige Genossenschaft, der die Stadt 2018 kostenfrei das Haus übereignete. Einzige Bedingung: Es muss saniert werden.

Unmenge Beton eingespritzt

Die Genossenschaft machte sich zuversichtlich ans Werk. In der ersten Bauphase, die inzwischen abgeschlossen ist, ging es um die statische Grundinstandsetzung, erklärt Vorsitzender Michael Zumpe. Das heißt: Das Haus, das jahrzehntelang ungenutzt vergammelte, wurde wieder standfest, das Dach dicht gemacht. Das war aufwendig, und es war – wie in fast jedem Altbau – mit kostspieligen Überraschungen verbunden. Ein Beispiel: Wer die Vorderwand des Hauses heute betrachtet, sieht eine Menge von verputzten Löchern. Das sind keine Einschusslöcher, wie oft vermutet wird. Vielmehr wurde eine Unmenge von Beton eingespritzt, um die Fassade zu stabilisieren.

Die Kostenschätzung für den ersten Bauabschnitt lag bei 800.000 Euro. Durch unerwartete Mehrkosten sind daraus 1,2 Millionen Euro geworden. Die Genossenschaft habe sich bemüht, durch Spenden die Lücke zu schließen, so Zumpe. Aber letztlich musste ein Kredit von 155.000 Euro aufgenommen werden, der jetzt abzuzahlen ist.

Bauantrag ruht

Das fällt den Genossen nicht leicht. Doch bei der zweiten Bauphase, dem Innenausbau, muss mit noch ganz anderen Zahlen gerechnet werden: Rund drei Millionen Euro an Kosten werden geschätzt, und Zuschüsse gibt es, im Gegensatz zum ersten Abschnitt, kaum. „Wir hatten einen groben Finanzplan“, sagt Zumpe, „und mit den kalkulierten Mieteinnahmen, Bewirtschaftung und einem Kreditzins von 1,7 Prozent, wie er damals aktuell war, hätten wir das hingekriegt.“ Doch dann seien die Baukosten um etwa 35 Prozent explodiert, die Zinsen liegen mittlerweile bei sechs Prozent. „Alle unsere Pläne wurden über den Haufen geworfen.“ Unter diesen Umständen hat die Genossenschaft die Bauarbeiten erst mal gestoppt, der Bauantrag ruht.

Genossen geben nicht auf

Vor dem Kostenproblem stünde auch ein privater Investor, der betriebswirtschaftlich kalkulieren muss, wird im Mitgliederbrief erklärt. Deshalb suche man nach Interessenten, die aus ideellen Motiven bereit wären, die nicht rentierlichen Mehrkosten des Projekts zu tragen. „Wir denken dabei an Stiftungen, gemeinnützig orientierte Unternehmen oder Privatpersonen.“ Die Genossenschaft hat schon ihre Fühler ausgestreckt, aber bisher ohne Erfolg.

Ihren Optimismus lassen sich die Genossen jedenfalls nicht nehmen. „Wir haben den ersten Bauabschnitt geschafft,“ meint der Vorsitzende. „Dass es mit dem zweiten zurzeit nicht weitergeht, dafür gibt es Gründe. Aber unser Ziel kann erreicht werden. Wir bleiben dran. Das Projekt wird nicht scheitern.“

THW packt zu

Ein großes Plus sind die engagierten Mitglieder der Genossenschaft und des Vereins, die sich allesamt ehrenamtlich ins Zeug legen, zum Teil in unzähligen Arbeitsstunden. In den letzten Monaten ging es vor allem darum, Bauabfälle und Schutt wegzuschaffen und das Bild der Höfe, an die das Haus grenzt, zu verbessern. Auf Initiative eines Mitglieds rückte die THW-Gruppe Landau mit 15 Helfern an, um feuchte Erde und Bauschutt aus den schwer zugänglichen Innenhöfen zu holen und zu entsorgen. „Die Aktion ersparte uns Kosten in fünfstelliger Höhe,“ berichtet der Vorstand.

Zum Landauer Stadtjubiläum 2024 will sich das Haus Zum Maulbeerbaum, obwohl immer noch eine Baustelle, möglichst ansehnlich präsentieren. Der Hof vor dem historischen Portal ist freigeräumt und mit Blumenkübeln geschmückt. Historische Fahnen an der Fassade machen auf die geschichtliche Bedeutung des vermutlich ältesten Landauer Hauses aufmerksam, in dem sich 1522 unter Franz von Sickingen Ritter aus der Region versammelten, um den Landauer Bund zu gründen. An der Wand zum benachbarten Schuhhaus soll mit Unterstützung des Denkmalamts eine Bildergalerie zur Geschichte und Sanierung des Gebäudes angebracht werden.

Info

Mehr Informationen unter www.maulbeerbaum-eg.de

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