Lokalsport Südpfalz Wenn sogar der Obmann abstimmen darf
BELLHEIM (thc). Ein Höhepunkt: der Auftritt der weiblichen Garden. Sechs treten an, rot, blau und weiß herrschen vor, mit Startnummer 1 ist die TSG Bellheim auf der Bühne. 25 Mädchen und Frauen von 15 bis 30 Jahren geben ihr Bestes, Lisa Budavari ist die älteste. Harmonisch, elegant ist der Tanz, an Akrobatik hat Trainerin Lisa Hoffmann nur das Nötigste einstudiert: Jede Schwierigkeit „wird nur einmal bewertet“. Die 27-Jährige erkennt nach einem guten Beginn aber doch „viele offene Schrittfehler“. Die Nervosität ist groß. 15 Zentimeter Größenunterschiede hat die Gruppe auszugleichen, es gelingt perfekt, er ist nicht zu erkennen, als die Gruppe in einer Reihe auf das Ergebnis der Jury wartet: 90, 90, 91, 92, 88, 89, 89, macht 449 Punkte. Keiner weiß, was es wert ist. Große Gruppen haben Vor- und Nachteile. Es gibt mehr Fehlerquellen. Die Jury kann nicht alle Tänzerinnen im Blick haben. 14 Mädchen bringt der KV Miesau auf die Bühne, noch weniger der LCV Narrhalla Landau, der sich mit dem dritten Platz für die „Süddeutschen“ qualifizieren wird. Fünf Gruppen sind durch, ehe der TSC Royal Rülzheim aufmarschiert. Einen anderen Tanz, mehr Schwierigkeiten zeigen 22 Mitglieder ebenfalls von 15 bis 30 Jahren. Die Wertung: 89, 92, 89, 91, 90, 90, 88. Stille. Dann hohe Schreie: Streichergebnisse gleich, Punkte gleich mit Bellheim. Zwei Sieger? Es kann nur einen Pfalzmeister geben, werden Hoffmann und Vanessa Deutsch vom Obmann aus Braunschweig belehrt. Die 29-jährige Deutsch ist erleichtert: „Dass es so funktioniert, hätten wir nicht gedacht, wir haben eigentlich schon gewonnen“ mit 449 Punkten. Mitte Dezember begann die Gruppe, sie hat zwei Sprecher, Anne Vollmann und Eileen Kopf, einen neuen Tanz einzustudieren. 432, 439, 439 Punkte, die bisherigen Ergebnisse, genügten Deutsch nicht. Im „Trainingslager“ wurde gefeilt. Es ist gutgegangen. Das Stechen wird an den Schluss des zweiten Turniertages gesetzt. Erst mal Mittagspause. Hoffmann („Besser als jetzt gleich, es geht um die Nerven, nicht um die Kondition“) und Deutsch („Wir trinken jetzt einen Sekt, dann geht es weiter“) haben kein Problem damit. Gerald Bleimaier (Bellheim) ist der Präsident des Landesverbandes. „Jeder bedauert, dass dieses Turnier stirbt“, sagt er. 80 Starter müsse eine Regionalmeisterschaft haben, nur noch 72 habe das 44. Pfälzische Gardetanzturnier – nachdem der TSV Landau nur ganz wenige seiner Tänzer nach Bellheim schickte. „Wie im Fußball: Tor ist Tor, so hart es ist“, meint er zur Disqualifikation der Deutschen Paartanz-Meister Selina Hoffmann und Alexej Balzer beim ersten Turnier des Jahres in Lauda wegen einer subjektiv als zu gefährlich eingeschätzten Hebung. „Ganz klar, dass die Emotionen hochgehen, das ist alles geklärt, auf der sachlichen Ebene.“ Das Hebeelement sei erst mal raus, nach der DM in Köln werde man sich zusammensetzen. Hoffmann/Balzer haben am Sonntag nur einen Gegner, Sina Erb und Markus Schieber, ebenfalls Bellheim. Aufmarsch, Ouvertüre, danach legen die beiden los. 457 Punkte bekommen sie. Balzer legt viele Kraftteile in den Tanz, hebt seine Freundin in den Spagat, manchmal stockt einem der Atem. Kopfüber fliegt Hoffmann an ihm herunter. Der Obmann aus Braunschweig hat keine Einwände, die Wertung bitte: 94, 96, 95, 94, 95, 95, 94. Jubel in der Halle, Beifall über 473 Punkte. Das Paar ist erleichtert, es hat seine erste Wertung in dieser Saison. Dass Hoffmann am Knie operiert wurde, merkt man nicht. „Das war nicht unbedingt die Leistung, die wir brauchen für die Deutschen“, relativiert Bellheims Sportwart und mitfiebernder Vater Dieter Hoffmann den Auftritt. Selina Hoffmann wird später auch den Wettbewerb der Tanzmariechen für sich entscheiden, ihre Solo-Fahrkarte zur Süddeutschen Meisterschaft in Bayreuth. Mit 461 Punkten katapultiert sie sich auf den neunten Ranglistenplatz. Obwohl sie konkurrenzlos ist, wird der Auftritt der Gemischten Garde der TSG Bellheim genau beobachtet. Es geht um die Bewertung, um die Frage, wie nahe dran die Gruppe am Serien-Meister TSV Landau ist, der eine 461 in dieser Saison vorweist und in der Rangliste auf zwei hinter Buchnesia Nürnberg geführt wird. Es gibt Szenenapplaus für Bellheim. Bei der Wertung geht bei jeder 94 der Lärmpegel hoch in der Halle. Die Gruppe erzielt 465 Punkte. Beim Stechen der Weiblichen Garden gibt es beinahe wieder Gleichstand. Diesmal gibt es keine Streichwertungen (höchste, niedrigste Zahl), sogar der Obmann stimmt mit. Die Wertung: 730 Punkte und damit Pfalzmeister der TSC Royal Rülzheim vor der TSG Bellheim mit 729 Punkten. So enden die Meisterschaften, wie sie begonnen hatten: mit Titeln für den TSV Royal Rülzheim. Er feierte am Samstag Krönchengarde, Jugend-Mariechen (Estella Wisniewski), Jugend- und Junioren-Schautanzgruppe und Juniorengarde.