SV Schweigen/Rechtenbach „Tom will leben!“: Im Kampf gegen ein Todesurteil

Thomas Höft ist erkrankt.
Thomas Höft ist erkrankt.

„Tom will leben!“, ist der Name der Aktion. Fußballer im SV Schweigen/Rechtenbach wollen einen der ihren unterstützen, der Geld für Therapien benötigt. Viele waren früher in einer Clique.

Sie waren einmal eine Clique. Vor gut 35 Jahren machten Gerd, Sabine, Christopher, Michael, Jörg, Patrick, Rüdiger, Ralf, Anja, Thomas und andere in Bad Bergzabern den Realschulabschluss. Von 25 Schülern waren zwölf aus Schweigen-Rechtenbach, wie sich Christopher Helfrich (51) und Ralf Reither (52) erinnern. Viele spielten Fußball. Nun sitzen die beiden im Garten von Fred Bastian am Tisch, der vierte Mann ist Kurt Bernhart. Ihr Anliegen: Geld für einen von ihnen zu sammeln. Für Thomas Höft. Mit Benefizspielen am Samstag, 9. Juli, auf dem Sportplatz in Schweigen-Rechtenbach. Höft leidet an ALS. Er hat sich mit dem ärztlichen Rat, schnellstmöglich seine Patientenverfügung auszufüllen, nicht abgefunden.

1000 Flyer gedruckt

„Tom will leben“, steht auf den Flyern, die sie im Verein gedruckt haben, um für das Benefizspielprogramm zu werben. 1000 Flyer sind gedruckt.

Bastian (79) war von 1970 bis 1990 Vorsitzender des SV Schweigen-Rechtenbach. Er war Zollbeamter, die letzten 13 Jahre am Flughafen Frankfurt. Bernhart (63) ist der stellvertretende Vorsitzende. Der Vorsitzende Thomas Hüther muss heute passen: Corona. Helfrich hat wie Reither die komplette Jugendfußballzeit mit Höft erlebt und weiß, dass dieser später in Oberotterbach, in Dierbach und Schaidt, wo er wohne, gekickt hat.

Sie haben einen Plan (von links): Fred Bastian, Kurt Bernhard, Ralf Reither und Christopher Helfrich.
Sie haben einen Plan (von links): Fred Bastian, Kurt Bernhard, Ralf Reither und Christopher Helfrich.

Kasse zahlt nur ein Medikament

Reither kann etwas zur tückischen Krankheit sagen und findet schnell heraus, welches Medikament Höft, sein Vater war mal Jugendleiter im Verein, von der Krankenkasse noch bezahlt wird: „Riluzol-ratiopharm 50 mg Filmtabletten, 98 Stück kosten 323,01 Euro (bei DocMorris) und reichen 49 Tage.“ Bis auf das ist der Telekommunikationselektroniker, der sehr eingeschränkt lebt und im Homeoffice zu arbeiten versucht, fast auf sich alleine gestellt. Er ist finanziell an der Grenze.

Reither erzählt: Muskelzucken an Beinen und Armen so, dass du dich in die kalte Badewanne legst. Mit 48 Jahren durchläuft Höft viele Tests. Mal wird Strom durch den Körper geleitet. Rückenmarksflüssigkeit wird entnommen. In der Uniklinik Mannheim erfährt er die Diagnose, die ihn umhaut: ALS, Amyotrophe Lateralsklerose. Eine unheilbare Erkrankung des Nervensystems. Höft recherchiert, stößt auf einen Leidensgenossen, der es aus dem Rollstuhl geschafft hat. Bekommt den Tipp, Dialyseärzte aufzusuchen. Anfang des Jahres startet er einen Spendenaufruf. Die Fußballer in Schweigen-Rechtenbach fragen sich: „Was können wir machen?“

Diagnose ALS im Mai 2019

Auf „GoFundMe“, einer Internetplattform für Crowdfunding-Kampagnen, erzählt Thomas Höft seine Geschichte. Im Mai 2019 erhielt er die Diagnose ALS: „Die Krankheit verursacht Muskelschwund am ganzen Körper, auch die Atemmuskulatur ist betroffen, Todesursache ist dann meistens Ersticken.“ Damals habe er nur leichte Einschränkungen gehabt, weniger Ausdauer bei körperlicher Anstrengung. „Ich ging weiter zur Arbeit und begann, mit körperlichem und mentalem Training gegen die Krankheit anzukämpfen.“

Im September 2019 bestätigte ein Spezialist die Diagnose – „und ich fiel in ein tiefes Loch“. Trotz schlafloser Nächte und sehr dunklen Gedanken habe er sich wieder aufgerappelt und sich gesagt, er gebe nicht auf. „Da die Schulmedizin keine Therapie oder Heilung für diese Erkrankung kennt, machte ich mich auf die Suche nach alternativen Behandlungsmethoden. Ende 2019 bin ich dann auf verschiedene Mediziner aufmerksam geworden.“ Ein Verlangsamen des Fortschrittes der Erkrankung und manchmal auch der Stillstand des Krankheitsverlaufs sollen möglich sein.

„Ich kann noch auf meinen Beinen stehen“

„Da ich sehr gerne lebe, habe ich mich für verschiedene ineinandergreifende Therapien entschieden“, schreibt Höft. Er habe bisher alles selbst gezahlt, seine finanziellen Mittel seien aufgebraucht. Die Therapien müssten aber weitergeführt und ergänzt werden.

Viele Menschen haben ihm gespendet: 200 Euro, 40 Euro, 500 Euro. „50 Prozent der Erkrankten sterben in den ersten drei Jahren“, so Höft. „Durch die bisherigen Behandlungen habe ich erreicht, dass ich nach nun fast drei Jahren noch auf meinen eigenen Beinen stehen und (mit Hilfe) gehen kann.“

Was es an Therapien gibt

Geplant seien eine dritte Stammzellentherapie (etwa 4000 Euro), weiterhin eine Chelattherapie, die sich an Patienten mit Metallvergiftungen richtet, die Apherese, ein Verfahren, das aus Blut oder Blutplasma gezielt Blutbestandteile oder krankheitsverursachende Stoffe entfernt, und andere Therapien. 26.000 Kilometer seien sie gefahren: „Ohne die Hilfe und Liebe meiner Frau Erika wäre der bisherige Weg nicht möglich gewesen.“

„Tom, ich wünsche Dir alles Gute!“, antwortet ein Geldspender. „Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass alles besser und leichter wird“, schreibt eine Frau. Beim SV Schweigen-Rechtenbach wollen sie mithelfen, die Krankheit zu bekämpfen. Sie wollen Höft moralisch stützen.

Jeder kennt jeden

Im April war wieder Klassentreffen im Weingut Bernhart. Gerd Bernhart ist einer der Schulklasse. Michael Gnägy war auch in der Klasse. Das Weingut Nauerth-Gnägy und andere Weingüter wollen helfen. Patrick Kuntz gehörte ebenfalls zur Clique. Er ist der Tour-Organisator der wohltätigen Riding Santas, einer Gruppe von Harley-Davidson-Liebhabern, die mit ihren Maschinen am 9. Juli auf den Sportplatz kommt. Thorsten Kunz, noch einer aus der Clique, ist Vorsitzender der SF Dierbach. Dierbach ist der Gegner der SG Schweigen/Rechtenbach/Oberotterbach.

 

Info

Die Benefizspiele am Samstag, 9. Juli: 14 Uhr: C-Jugend SG Kapellen/Schweigen - SG Eschbach/Klingenmünster; 16 Uhr: SG Schweigen/Rechtenbach/Oberotterbach - SF Dierbach; 18 Uhr: AH SV Schweigen/Rechtenbach - SG Schaidt/Dörrenbach. Ab 13 Uhr sind Steaks, Bratwürste, Pommes, Kuchen und Kaffee zu bekommen. Alle Erlöse gibt der Sportverein Thomas Höft.

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