Lokalsport Südpfalz Rapp vor Weltklasse-Profis im Ziel

BENSHEIM (mame). Tausende Zuschauer an der schweren, absolut meisterschaftswürdigen Strecke. 204,8 Kilometer, aufgeteilt auf acht Runden. Einen Überraschungssieger, Leiden und Freude dahinter. Die Deutsche Meisterschaft der Radsportler in Bensheim hatte all das zu bieten. Das Landauer „mein-radladen.de – Südwestteam“ freute sich über die herausragende Leistung von Jonas Rapp, der Weltklasse-Profis hinter sich ließ und als 27. ins Ziel kam.

Die Deutsche Meisterschaft ist für den Landauer Bundesliga-Rennstall wie ein Pokalspiel im Fußball; mit dem Unterschied, dass der Bundesligist in die Rolle des Amateurs schlüpft und krasser Außenseiter ist. Schließlich liegen zwischen der Pro-Tour, also den 30-köpfigen Teams, die auch an der Tour de France ab nächster Woche teilnehmen, und der Bundesliga noch zwei weitere Profikategorien, die Kontinental-Pro- (KPT) und Kontinental-Tour (KT). Sieben Fahrer der Landauer Mannschaft wurden von Karsten Migels, den aus dem Fernsehen (Eurosport) bekannten Radsportkommentator, bei der Einschreibung vorgestellt. „Ich kenne euch noch nicht, aber in Landau habt ihr ja beste Trainingsbedingungen“, sagt er und hält Burkhard Schlenkrich das Mikro hin. Der antwortet: „Ja, natürlich. Wir sind in diesem Jahr zum ersten Mal als Bundesligist dabei, aber wir haben mit Jonas Rapp auch einen dabei, der sehr gut die Berge fahren kann.“ Manfred Hench, Vater von Christoph Hench, geht auf Autogrammjagd bei den Stars. Die unterschreiben auf einem Teamtrikot, das in einem Crowdfounding-Projekt, welches Hench für seine Mannschaft auf die Beine stellt, Geld in die Teamkasse spülen soll. Dann geht es auch schon los. 189 Fahrer nehmen das Rennen auf. Schon in der ersten Runde beginnt das „Ausscheidungsfahren“. In der zweiten Runde verliert Lukas Mild, der Jüngste im Feld, den Anschluss. Eine Runde später ist Hench am Materialwagen: „Ich habe keine Kraft mehr“, sagt er seinem Manager, dann verschwindet er im Rückspiegel. Schlenkrich ebenso wenige Kilometer später, nach dem Anstieg zur Kuralpe, an dem ein Volksfest gefeiert wird. Die Musik einiger Fans ist so laut aufgedreht, dass die Verkleidung im Inneren des Begleitwagens vibriert. „Es war Wahnsinn dort durchzufahren. Obwohl wir total kaputt waren, war das irgendwie ein Riesengefühl“, sagen die Landauer später. Der Minfelder Pascal Ackermann („rad-net Rose-Team“) und Benjamin Körner müssen dem Tempo der Profis Tribut zollen, als die großen Namen über Tourfunk an der Spitze gemeldet werden. „Die 1 in der Verfolgung der Spitze“, heißt es da. Das ist André Greipel, der Vorjahresmeister. Simon Geschke, Edelhelfer von Favorit John Degenkolb, wird mehrfach genannt. Derweil überholt der Materialwagen der Landauer den achtfachen Tour-de-France-Etappensieger Marcel Kittel. „Drei Fahrer von uns haben ihn also geschlagen“, freut sich Ex-Fahrer Mike Scheibe, der als Mechaniker im Auto sitzt – und macht ein Foto. Dominik Hetzer muss in der fünften Runde abreißen lassen, auch Fabian Genuit (Team Möbel Ehrmann) bekommt aus dem Landauer Wagen noch ein aufmunterndes Wort. Oliver Scholer, so teilt es Steffen Meyer in der Verpflegungszone dem Wagen in der sechsten Runde mit, habe Probleme. Kurz darauf ist er im Blickfeld. Nun ist nur noch Rapp in einer der Gruppen vor den Begleitwagen. Eine Spitzengruppe wird gemeldet, dahinter mehrere größere Gruppen. In welcher ist Rapp? Wohl in der hinteren, meint man im Auto. Als wieder zwei große Gruppen vor dem Wagen auftauchen und kein Landauer Trikot zu sehen ist, ist die Freude groß. Der Wagen zieht vor und erkennt in der nächsten Gruppe seinen letzten im Rennen verbliebenen Fahrer. Gemeinsam mit Simon Nuber, dem zweiten qualifizierten Starter des Teams Möbel Ehrmann, der auch ein starkes Rennen fährt. Rapp greift drei Kilometer vor dem Ziel noch einmal an. Pro-Tour-Profi Jasha Sütterlin habe ihm gesagt, dass er keine Kraft mehr dafür habe, berichtet Rapp später. „Ich habe gesagt: Ey, du bist Profi.“ Rapp sichert sich Platz 27. Dabei lässt er neben Kittel Fahrer wie den Mailand-San Remo-Sieger Gerald Ciolek, Rick Zabel, Sütterlin, Rüdiger Selig und Greipel-Domestike Marcel Sieberg aus der Pro-Tour hinter sich, ist zweitbester Amateur. „Wahnsinn“, sagen seine Teamkollegen und sind stolz auf den langen Schlacks. Nuber wird noch 37. Eine Gruppe dahinter erreicht Richard Stockhausen (Team Erdinger Bellheim) als 63. das Ziel. Einer muss noch „bluten“: Burkhard Schlenkrich ist zur Dopingkontrolle ausgelost. Anders als bei den normalen Amateurrennen wird nicht nur der Urin getestet, er muss auch zur Blutkontrolle - wie zig Stars der Szene, die neben ihm im Warteraum Platz nehmen. Nächste Woche steht für Rapp die Deutsche Meisterschaft der U23 in Bruchsal an: Die Form für eine gute Platzierung ist jedenfalls da.

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