Lokalsport Südpfalz Extremsport: Mönche schlagen Zombies

Georg Kunzfeld beim Barkley Marathons. John Price, schon ausgestiegen, hatte das Foto gemacht.  Foto: price
Georg Kunzfeld beim Barkley Marathons. John Price, schon ausgestiegen, hatte das Foto gemacht.

Kopfalarm! Jeder Baum bekommt ein Gesicht. Oh, da spielt einer Klavier. Georg Kunzfeld kennt derart Halluzinationen. Der 45-Jährige aus Frankfurt ist für Michael Ohler, der den Wettbewerb in Kandel organisiert, der Favorit beim „Last Man Standing“. Am Freitag um 8 Uhr geht es los. So weit die Füße tragen.

Last Man Standing. Einer steht noch. Das klingt erst einmal bedrohlich. So viel ist schon mal klar: Georg Kunzfeld will am darauf folgenden Montag wieder auf der Arbeit sein, bei Ferrero. 72 Stunden unterwegs zu sein, das hält er auf der recht monotonen Strecke tagsüber durch den Bienwald und nachts auf dem Kurs, auf dem im September die 100-Kilometer-Meisterschaften ausgetragen werden, kaum für machbar. Wobei: Drei Nächte durchzulaufen, hat er auch schon geschafft.

Zu jeder Stunde müssen die Teilnehmer antreten

In Kandel kennt er sich einigermaßen aus, den Marathon ist Kunzfeld schon mehrmals gelaufen. Diesmal geht es auf Trailwegen durch den Wald. Jeweils 6,7 Kilometer lang ist eine Runde. Maximal eine Stunde Zeit haben die Teilnehmer für eine Runde. Kurz vor der nächsten vollen Stunde, also um 9 Uhr, dann um 10 Uhr und so weiter, haben sie wieder am Start für die nächste Runde zu stehen. Bis noch einer steht. Eine Art von Parodie sei das, merkt Kauzfeld an. „Ziemlich verrückt.“ Selbstironie zeichne den Teilnehmer aus. Den Erfahrenen. Wer sich zu ernst nimmt, kommt nicht weit.

Wer geht sowas überhaupt an? Harald Menzel (40) aus Pfilztal ist ein erfahrener Ultraläufer. Wer ihn googelt, findet: Er hat bei 52 Läufen knapp 5050 Kilometer zurückgelegt (Angaben auf der Homepage der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung). Andreas Löffler (45) aus Böblingen will antreten, Kunzfeld (99 Veranstaltungen, 10.719 Kilometer) freut sich auf den Wettkampf mit „einem guten Freund“. Florian Nattero aus den USA steht auf der Liste. Sarah Dunker aus Waldsee. Sameena van der Mijden aus den Niederlanden.

Zusammen gegeneinander

„Man kämpft zusammen und gleichzeitig gegeneinander“, sagt Kunzfeld, der anfänglich Triathlon betrieb, irgendwann den Mehrfach-Ironman anging und nach der Geburt seiner Tochter das Schwimmen und Radfahren sein ließ. Fünf Ultras hat er in diesem Jahr schon bestritten.

Warum nun Kandel? Vor einem Jahr gewann er einen Wettbewerb in Belgien, jedoch: „Das hat sich nicht wie ein Sieg angefühlt“, sagt er dazu, dass nach 100 Meilen gewertet worden sei und dann fast alle bis auf ihn und Merijn Geerts ausgestiegen seien. Geerts schaffte 188 Kilometer, Kunzfeld lief eine Runde weiter. 31 Stunden war er am Laufen.

Miteinander und gegeneinander. Wäre Geerts auch nach 100 Meilen ausgestiegen, hätte Kunzfeld nur noch eine Runde dranhängen müssen. Er animierte ihn, im Rennen zu bleiben.

Was noch zählt: Das Ticket für den Big Backyard Ultra in Tennessee. „Die meisten wollen dahin, um den Renndirektor der Barkley-Marathons kennenzulernen“, Gary Cantrell, weiß Kunzfeld. Er war schon mal drüben. Beim 100-Meilen-Rennen.

Am 18. Mai bestritt Kunzfeld den Alb-Traum 100, 115 Kilometer Trail, in knapp 15 Stunden. Beim Jurasteig Ultratrail, 170 Kilometer, war er nach 22:15 Stunden Zweiter. Im März lief er den 250 Kilometer langen Legends Trail in Belgien in gut 47 Stunden: Zweiter mit einem Schnitt von 5,003 km/h.

Einhängen für Zehn-Sekunden-Schlaf

Kann man im Laufen schlafen? Sich bei einem anderen mal für zehn Sekunden einzuhängen, sei möglich, um das Gehirn zu entlasten, sagt Kunzfeld. Trinkt er Kaffee, um wach zu bleiben? Koffein treibe den Puls, man schwitze mehr. Nicht gut. Gesund kann das alles nicht sein, oder? Es sei nicht ungesünder als Marathon, meint der Schwabe aus der Nähe von Künzelsau, der nach einem Studium in Kyoto (Sprache, Wirtschaft, Kultur) nach Frankfurt zog. In Mosbach hatte er Diplom-Betriebswirtschaft (BA) studiert. Der Japan-Fan spricht sechs Sprachen, nicht jede gleich gut. Italienisch muss sein bei Ferrero, seit 15 Jahren arbeitet er beim Süßwarenhersteller mit der Zentrale in Alba. Schokolade wird er nicht verspeisen in Kandel? Er denkt an Pizza und Kartoffelsuppe, was die Organisation wohl bereithält. Und Gummibärchen müssen sein. Auch wenn die von der Konkurrenz sind.

Ein Preis für den, der von den kuriosesten Halluzinationen berichten kann, ist wohl nicht ausgeschrieben. Das hat es auch schon gegeben. Mönche haben mal Zombies geschlagen, erinnert sich Kunzfeld. Für 50 Stunden nach dem Start, am Sonntag, 10 Uhr, ist die Siegerehrung angesetzt. thc

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