Karlsruhe Zieleinlauf nach 42 Jahren

In der aktiven Laufsportszene der Südpfalz sind nicht wenige mit Schuhen aus dem Badischen unterwegs. Der Laufsport-Laden von Rosa und Hans Gulyas ist schließlich mehr als ein Geheimtipp in der Szene: Man kennt sich – und nicht nur aus dem Laden: Hans Gulyas war selbst sehr erfolgreicher Läufer und bis 2006 auch auf vielen Strecken in der Südpfalz unterwegs.

Die zahlreichen Pokale sowie die gelb-roten Siegerwimpel von einem knappen Dutzend Badischer Meisterschaften zeugen auch heute noch von einer eindrucksvollen Sportler-Karriere. „Wahrscheinlich kann ich noch zu jedem Pokal eine eigene Geschichte erzählen“, sagt Hans Gulyas, der am 27. März 1976 auch den ersten Bienwald-Marathon in Kandel gewann. Doch wer sich mit dem 69-jährigen Geschäftsinhaber im Ladengeschäft in der südlichen Lessingstraße über dessen eindrucksvolle Laufsportlaufbahn unterhalten will, sollte sich besser sputen. Derzeit läuft nämlich der Räumungsverkauf und am 31. Januar schließt Sport Gulyas nach 42 Jahren seine Pforten. „Wir haben leider keinen Nachfolger gefunden und möchten uns deshalb zur Ruhe setzen“, sagt Hans Gulyas, der sich bereits Anfang Februar in einer Pforzheimer Klinik ein künstliches Hüftgelenk einsetzen lassen will: „In den vergangenen Wochen haben die Schmerzen doch überhandgenommen.“ Er freue sich jetzt schon, wenn er nach dem Eingriff wieder schmerzfrei laufen könne, sagt Hans Gulyas. Wegen seiner Hüftarthrose hat der Sohn einer Arbeiterfamilie im Jahr 1977 auch seine Karriere als Leistungssportler beendet. Als die Schmerzen zum ersten Mal auftraten, befand sich der KSC-Sportler mit dem deutschen Olympiakader im Trainingslager für Olympia 1980 in Moskau. „Anfangs wollte ich die Diagnose gar nicht wahrhaben“, erinnert sich Gulyas. Doch mit konventionellen Therapien wie Gymnastik und Mineraltabletten habe er alles in den Griff bekommen. Und auch die Laufschuhe hängte Gulyas nicht an den Nagel. In den 1980er Jahren gewann die Laufsportlegende fünf Mal den 80 Kilometer langen Ultralauf in Karlsruhe und am 23. und 31. Mai 1982 kam er innerhalb von acht Tagen bei zwei Marathonläufen in jeweils rund zweieinhalb Stunden als Erster ins Ziel. Bei der Premiere des Karlsruher Marathons im Jahr 1983 belegte Gulyas mit einer Zeit von knapp über 2,35 Stunden immerhin noch Platz sechs „Mehr war mit dem reduzierten Training einfach nicht möglich. Und ich musste nebenher ja noch Schuhe verkaufen“, sagt Gulyas, der seine Laufschuhe erst nach seinem letzten Marathon 2006 an den Nagel hängte. Seine persönliche Bestzeit von 2:16:56 Stunden lief Hans Gluyas bei den Deutschen Marathonmeisterschaften 1977 in Berlin und sein am 10. November 1973 aufgestellter badischer Rekord von 19.419 Metern beim Stundenlauf ist sogar heute noch gültig. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1976 im Montreal verpasste der damalige Überflieger wegen einer Verletzung und bei der Vorbereitung auf die Leichtathletik-Europameisterschaften 1974 in Rom verfehlte er die geforderte Norm von 2:20 Stunden um zehn Sekunden. Zum Laufen kam Hans Gulyas übrigens aufgrund seiner Rückenprobleme. „Als Kind sollte ich wegen meiner angeborenen Skoliose zum Turnen gehen“, erzählt er. Doch anstatt von den Turngeräten zeigte er sich viel mehr von der Leichtathletik fasziniert. Sein mangelndes Talent fürs Geräteturnen holte Gulyas übrigens noch einmal ein: Wegen einer verpatzten Reckübung fiel er durch die Aufnahmeprüfung fürs Sportstudium. Doch selbst das erwies sich als Fügung. Um sein Betriebswirtschaftsstudium an der FH Pforzheim zu finanzieren, meldete Gulyas bereits Mitte der 1970er Jahre ein Gewerbe an und verkaufte bei Laufwettbewerben auf einem Tapeziertisch vor seinem VW-Bus Schuhe an seine Konkurrenten. „Ich habe damals die amerikanischen Marken Nike und Reebok in Deutschland bekannt gemacht“, sagt Gulyas. Ein paar seiner eigenen Nike-Renner von 1974 hat er inzwischen persönlich ins Konzernmuseum nach Oregon gebracht. „42 Jahre lang einen Laden erfolgreich geführt zu haben, das ist unser persönlicher Marathon“, zieht Rosa Gulyas Bilanz. Angst vor dem Ruhestand habe sie keine, dann könne sie schließlich regelmäßig walken gehen und ab und zu auch Aquajogging machen. Und Hans Gulyas will sogar ein Buch über sein bewegtes Leben schreiben. Titel: „Von der Skoliose zur Arthrose“. Einziger Knackpunkt: Rosa Gulyas möchte die Trophäensammlung am liebsten entsorgen, während Hans Gulyas bereits fieberhaft nach Platz für die wichtigsten Pokale in der Wohnung sucht.