Kultur Südpfalz Zerbrochen an der Macht

Zwei Gastsänger aus Italien – beide viel gefragt an den führenden Opernhäusern – haben sich in der dritten Galaaufführung der Spielzeit am Badischen Staatstheater in Karlsruhe vorgestellt. Bariton Giovanni Meoni überzeugte als Titeldarsteller von Verdis „Simon Boccanegra“, Sopranistin Serena Farnocchia gefiel in der Hauptrolle der Maria alias Amelia Grimaldi.

Die beiden Galagäste imponierten in erster Linie durch die feine Tonqualität und sonore Gewalt ihrer in allen Registern mühelos ansprechenden Stimmen wie durch ebenmäßige, ausgewogene Linienführung. Beide profilierten sich als souveräne Vokalisten und kultivierte Verdi-Stilisten. Meonis eher hell getönter Bariton klang durchweg sehr kompakt und verfügte zudem über eine weit gefächerte Skala der dynamischen Abstufungen und Zwischentönen. Durch Letztere und auch schauspielerisch intensive Identifikation mit der Bühnenfigur gelang ihm ein glaubhaftes Rollenporträt von Verdis genuesischem Doge. Die Leidensgestalt des humanen, aber in ständigen Machtkämpfen zermürbten und durch familiäre Tragödien bedrückten Herrschers Boccanegra verkörperte Meoni mit zwingendem sängerisch-darstellerischem Nachdruck. Für Boccanegras Tochter Maria (alias Amelia) fand Serena Farnocchia leidenschaftlich ausdrucksstarke Töne. Ihr fülliger, hell leuchtender Sopran verströmte erlesenen Wohllaut und strahlte bei den emphatisch ausladenden Aufschwüngen ihrer Partie eindringlich die dramatische Aura der authentischen Verdi-Heroine aus. Hinzu kamen anrührende Lyrismen mit zarten Piano-Nuancen. Wenige geringfügige Unklarheiten bei Übergängen, die den beiden Gästen manchmal unterliefen, blieben irrelevant bei einer Live-Aufführung. Vorzügliche Mitstreiter standen den Gästen zur Seite mit den Ensemblemitgliedern. In der Rolle des Fiesco glänzte Avtandil Kaspeli mit seinem mächtig dröhnenden schwarzen Bass von schier unbegrenzten Klangreserven. Als Boccanegras Gegenspieler schwebte Verdi ein tiefer Bass vor, der „etwas Unerbittliches, Geisterhaftes, in der Stimme“ haben sollte. Jene Kaspelis kam dieser Vorstellung nahe. Als Marias Geliebter Gabriele Adorno entsprach Rodrigo Porras-Garulo mit dem Strahlglanz seines geschmeidigen Organs und dem Elan seines Vortrags weitgehend dem Typ des italienischen Spinto-Tenors. Nicht zu vergessen Nicholas Brownlees mit schurkischen Akzenten und Gesten gesungener und gespielter Bösewicht Albiani und die von Ulrich Wagner einstudierten vorzüglichen Chöre. Apropos vorzüglich: Johannes Willig koordinierte umsichtig, sehr überlegen die musikalischen Abläufe und stand stets für Differenzierung und vor allem für Spannung und Dramatik des musikalischen Duktus ein.

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