Kultur Südpfalz Wotans Wonnen

Jettet von Karlsruhe aus um die Welt: Nicholas Brownlee – hier in „Anna Bolena“.
Jettet von Karlsruhe aus um die Welt: Nicholas Brownlee – hier in »Anna Bolena«.

„I love opera!“ Eine solche Liebeserklärung von einem Opernsänger zu hören, ist nicht sonderlich überraschend. Aber wie der amerikanische Bassbariton Nicholas Brownlee dieses Bekenntnis mit Verve in den Raum stellt, lässt erkennen, dass es ihm ernst ist mit seiner Leidenschaft für den Gesang.

Seit 2017 ist er am Karlsruher Staatstheater engagiert und hat sich dort rasch als vielversprechender Protagonist etabliert. Dabei ist Brownlee noch keine 30 und steht am Beginn seiner Bühnenkarriere. Bewusst hat er sich nach ersten Erfolgen in Amerika für ein festes Engagement in Karlsruhe entschieden, wo er sich abseits der großen Opernhäuser ein Repertoire aufbauen und seine Möglichkeiten austesten will. Statt in München oder Dresden lange in der zweiten Reihe zu bleiben und kleine Partien zu singen, sieht er hier die rasche Chance zur Bewährung in größeren Rollen. Das zeugt von Ehrgeiz und Selbstvertrauen. Weil der Sänger auch neugierig ist, sich und seine Stimme immer wieder auszutesten und in ihren musikalischen Grenzen zu erproben, hat er sich zu einem Schritt auf ein für ihn noch ungewohntes Terrain entschlossen: Am Sonntag gibt er im Staatstheater seinen ersten Liederabend unter dem Titel „Lieder von Reisenden“. Dabei bewegt er sich bewusst abseits der gewohnten Wege. Gängige Komponisten wie Schumann oder Schubert fehlen im Programm, auch weil er diese Stücke für seine Stimme nicht recht geeignet hält. Zu hören sind die „Songs of Travel“ des Engländers Ralph Vaughan Williams, der „Don Quichotte“-Zyklus des Franzosen Jacques Ibert, die dramatischen „Jedermann“-Monologe des Schweizers Frank Martin und Carl Loewes „Oluf“-Balladen sowie spätromantische Lieder von Hans Pfitzner für die deutsche Tradition. Der unterschiedliche Charakter der Werke verlangt dem Sänger ein breites Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten ab, und es ist ebendiese stilistische und musikalische Vielfalt, die ihn an dieser Auswahl reizt. Vor dem Liederabend ist der Künstler selbst noch auf Reisen nach New York, wo er bei einem Ereignis besonderer Art auftritt: einem Konzert des Bel Canto Trio. Es nimmt eine Tradition der späten 40er-Jahre auf, bei der Weltstars wie der Tenor Mario Lanza, Bariton George London und die damals berühmte Sopranistin Frances Yeend in überaus populären Opern-Recitals landesweit auf Tour gingen. In der jetzigen Wiederbelebung des Trios nimmt Brownlee die Position des famosen George London ein. Viel Ehr, für die er auch die Strapaze dieses kurzen Abstechers über den Teich in Kauf nimmt. Überhaupt geht der Sänger erstaunlich unbekümmert mit seiner Stimme um, die er entwaffnend sachlich sein Instrument nennt. Verpflichtungen werden Brownlee demnächst an die New Yorker Met, an die Oper von Los Angeles oder an die Israeli Opera in Tel Aviv führen. Dennoch schätzt er Karlsruhe als kreatives Refugium, in dem er Kräfte und Erfahrungen für seine Karriere sammeln kann. Hier wohnt er mit seiner Frau Jennifer Feinstein, die als Mezzosopranistin dem Ensemble des Staatstheaters angehört, und der gemeinsamen kleinen Tochter. Und wenn Brownlee nicht unterwegs ist, unternimmt er gerne Ausflüge in die Umgebung und schwärmt dabei besonders von den kulinarischen Wonnen, die er in der Pfalz genossen hat. Er sei, gesteht Brownlee nebenbei, ein großer Freund leiblicher Freuden und gar auch ein begeisterter Koch. Natürlich träumt der Bassbariton von den monumentalen Partien seines Faches wie Wagners Wotan. Aber er ist klug genug zu wissen, dass es dafür einstweilen zu früh ist und auf dem Wege dorthin viele andere Glanzpartien für ihn liegen. Recht hat er, denn jung wie er ist, hat er noch viel Zeit und Gelegenheit, die Entwicklung seiner Stimme, die erhebliches Potenzial verspricht, abzuwarten. Termin Liederabend mit Nicholas Brownlee unter dem Titel „Lieder von Reisenden“ am Sonntag, 18. November, 19 Uhr, im Kleinen Haus des Staatstheaters Karlsruhe.

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