Kreis Germersheim Wie schnell der Bleistift zum Stummel wird

91-67438640.jpg

KANDEL. Aufgeweckte junge Leute glauben nicht einfach alles, was ihnen gesagt wird – auch wenn es angeblich Fakten sind. Paul Keppel (12) aus Kandel und Felix Schmitt (11) aus Neuburg wunderten sich über folgenden Satz: „Mit einem einzigen Bleistift kann man einen 56 Kilometer langen Strich ziehen.“ Er stand in dem Buch „Unnützes Wissen – weitere 1374 Fakten, die man nicht vergisst“. Das Buch gab ihnen der Leiter der Arbeitsgemeinschaft „Jugend forscht“ an der IGS Kandel , Helmut Biernoth, beim ersten AG-Treffen.

Da wollten die beiden Jungen dann doch einmal nachprüfen, ob man das so sagen kann. Jetzt erhielten sie für ihre Nachforschungen den 2. Preis im Wettbewerb „Jugend forscht“ in der Kategorie „Schüler experimentieren“ (bis 14 Jahre), Sparte Arbeitswelt. Sie fragten sich zunächst, wie man in einem Versuch die „Ausdauer“ eines Bleistifts messen könnte. Weitere Fragen kamen auf: Wie fest muss man denn aufdrücken beim Schreiben? Wie und wann muss man spitzen? Wie hart muss die Bleistiftmine sein um 56 Kilometer zeichnen zu können? Gibt es eigentlich eine Norm für eine Bleistiftlänge? Wie sieht es mit Minenbleistiften aus? Die erste Idee war: den Bleistift ins Fahrrad zu schrauben und langsam zu fahren. Sie wurde ebenso verworfen wie der Gedanke über eine Tapete zu malen oder ein Riesenrad mit Legotechnik zu bauen. Im vierten Anlauf sollte eine Fahrradfelge mit der Papierrolle einer Supermarktkasse bespannt und der Bleistift mit einem Stativ befestigt werden. Dabei stellten sie Unebenheiten an der Speiche fest, der Bleistift ist am Rand abgebrochen. Dann brachte ein Lehrer ein Rad aus der Physiksammlung mit und sie hatten eine glatte Felge. „Jetzt hatten wir das nächste Problem: Eigentlich müssten wir wissen, mit welcher Kraft eine Person, die schreibt, normalerweise auf das Papier drückt. Diese Kraft müssten wir irgendwie einstellen können“, erzählen die Schüler. Für die Kraftmessung benutzten sie eine Waage. „Mit einem Bleistift haben wir auf ein Blatt gemalt, das wir vorher auf der Waage befestigten. Dann haben wir die Ergebnisse pro Hundertstel Sekunde auf den PC übertragen. Wir benutzten ein Messwerteerfassungssystem, das Cassy heißt. Damit haben wir den Kraftaufwand festgestellt. Dann benötigten wir ein Gewichtsstück, das auf den Bleistift drückt.“ Felix besorgte zu Hause ein Eisenstück, das er entsprechend abgesägt hat. Dann haben sie den Radumfang gemessen und ausgerechnet wie lange die Strecke bei 100 beziehungsweise 200 Umdrehungen ist. Jetzt wurden vier verschiedene harte Bleistifte ausgewählt – 6 H, 5 B, 8 B, HB – , gespitzt, gewogen und mit Massestückchen auf knapp 95 Gramm ergänzt, die Bleistiftlänge mit einer Schiebelehre gemessen und schließlich erneut nach der Abnutzung. „Wir erkannten sofort, dass der harte Bleistift sich nur sehr langsam abnutzt. Der Strich des weichen Stiftes war viel dicker und besser zu sehen. Auch merkten wir bei dem weichen Stift, dass das Abbrechen und Anspitzen wirklich zu großen Verlusten führte.“ Dann führten sie die Messung noch mit elektronischem Antrieb und Rundenzähler durch. Die Bleistifte der Härte 5 B, 8 B brachen beim Spitzen ebenso oft ab, erst HB und 6 H sind nicht abgebrochen. Ihr Fazit lautete: „Diese im Buch gemachte Aussage ist viel zu ungenau, zu allgemein. Wie lange ein Bleistift schreibt, ist davon abhängig, welchen Bleistift man verwendet und mit welcher Kraft dieser aufdrückt. Zudem gibt es verschiedene Papiersorten und man kann unterschiedlich spitzen. Mit einem Faber-Stift mit der Gesamtlänge von 17,4 Zentimeter – einem weichen 8 B-Stift – kann man zum Beispiel nur einen 20,3 Kilometer langen Strich ziehen. Bei großen Spitzverlusten haben wir sogar nur 4,6 Kilometer als Endergebnis herausbekommen.“ Der betreuende Lehrer Biernoth freut sich, dass eine solch banale Aussage so viele Fragen aufgeworfen hat und wie die beiden Schüler sich damit beschäftigt haben. „Sie hatten keinerlei Literatur. Alles musste kreativ ausprobiert werden. Erstaunlich, was sie von Zuhause alles mitgebracht habe, ob Anglerblei, Fahrradfelge oder Legomotor, um ihre Forschungen zu betreiben.“

x