Landau Wenn die digitale Welt krank macht

Die Schüler Moritz, Jonathan, David und Laurenz während des Digi Camps. Als erste Schule in Rheinland-Pfalz wurde das Gymnasium
Die Schüler Moritz, Jonathan, David und Laurenz während des Digi Camps. Als erste Schule in Rheinland-Pfalz wurde das Gymnasium Edenkoben für das Projekt ausgewählt, das etwa 30.000 Euro kostet.

Bei dem Präventionsprojekt „Immer online – nie mehr allein?“ gingen mehrere Referenten in Workshops drei Tage lang auf die oft unterschätzten Probleme ein. Der Fokus lag auf der Vorbeugung gegen digitalen Stress. „Es ist tatsächlich ein I-Stress bei uns vorhanden“, gaben einige Schüler unumwunden zu. Das zum Beispiel viele meinen, ständig erreichbar sein zu müssen, sei eine der Hauptursachen dieses Stresses, so die jungen Leute. Das großangelegte Projekt mit dem Untertitel „Digitaler Stress und was er mit deinem Körper macht“ ist eine gemeinsame Aktion der Barmer Krankenkasse und der BG 3000 aus Bonn-Bad Godesberg in Zusammenarbeit mit dem TÜV Rheinland. Das Digi Camp bot Workshops zu den Themen „YouTube“, „SmartPhotography“, „MySimpleShow“ oder auch „iPads und Co“ an. In diesen Foren sollten die 90 Schüler selbst kreativ werden, was ihnen mit steigender und anhaltender Begeisterung auch gelang. Themen wie Sicherheit und Respekt im Netz wurden durchleuchtet. So ging es auch um das zuletzt sogar hochrangige Politiker erfassende „Hacking“. Wie kommen Hacker in fremde Accounts oder was macht Facebook mit den errungenen Daten? Ganz ehrlich: Wer weiß das schon? Interessant der Komplex „Internetsuch(t)maschine“, der sich mit Sucht- und Nutzungsverhalten, Isolation oder auch dem Selfie-Wahn beschäftigte. Gesundheitliche Aspekte kamen ebenfalls nicht zu kurz. Wie sieht es aus mit der Bewegung, der geistigen Gesundheit oder auch möglichen Fehlstellungen durch stundenlanges Sitzen vor der „Kiste“? Ganz zu schweigen von entstehender Kurz-oder Weitsichtigkeit wenn man ständig auf das Display schaut? Da blickte man dann doch wiederholt in staunende Gesichter. Dass zu diesem Camp noch dazugehört, wie man sich gesund ernährt, hätten wohl die wenigsten vermutet. Wie sieht es eigentlich aus mit den Rechten am eigenen Bild, wie geht Produktfotografie oder wie schieße ich ein gutes Porträtfoto? Mit dieser Thematik beschäftigte man sich in der „SmartPhotografy“. Mit dem Onlinetool „MySimple Show“ kann man sich die Welt erklären lassen. Wie das aussehen kann zeigten die Gymnasiasten mit kleinen Filmen in denen sie in loser Folge Bilder aneinanderreihten, diese erklärten und daraus einen Film kreierten. So wurde beispielsweise das Nachbarland Frankreich nähergebracht oder auch das Wirken Albert Einsteins in Szene gesetzt. Vorgestellt wurde die US-Fernsehserie „Riverdale“, die auf den gleichnamigen Figuren eines sogenannten Archie-Comics basiert und in der sich einige Jugendliche wegen eines PC-Spiels umbringen. Das regte sehr zum Nachdenken an. Tief ins Innere der User ging es, als es hieß „Zeig mir deinen Lifestyle - Optimier dein Online-Ich“. Hier wurden die individuellen Online-Erfahrungen aufgearbeitet. Sehr beeindruckend Referentin „Jetpack Jay“, mit bürgerlichem Namen Janina. „Jeder imitiert heute Authentizität, also seine eigene Echtheit, aber kaum einer ist wirklich authentisch! Jeder ist ein Individuum. So sind nicht einmal Zwillinge gleich“, sagte sie und lenkte ihren Blick auf das sich wie ein Ei dem anderen gleichende Brüderpaar in der letzten Reihe. Sie sprach von realen Depressionen unter denen sie litt, ausgelöst durch die fast rund um die Uhr stattfindende Beeinflussung durch Social Media. Die 24-Jährige konnte sich mittlerweile aus dem Teufelskreis befreien und ihre Depressionen überwinden. Besonders ruhig wurde es im Saal als sie berichtete, dass sich einer ihrer Freunde wegen der durch das Internet ausgelösten Depressionen das Leben nahm. „Für uns ist die Prävention sehr wichtig, weil wir feststellen, dass die durch die Digitalisierung auftretenden Probleme bei Schülern und Jugendlichen tatsächlich zunehmen. Als Stichwort möchte ich nur das Cyber-Mobbing nennen“, sagte Dominik Bergmann von der Krankenkasse. Amortisieren sich denn die Kosten für das Camp, die sich für die drei Tage ja auf immerhin 30.000 Euro summieren? „Das kann man so sicher nicht sagen, aber wenn das Camp dazu dient den Jugendlichen die Gefahren klarzumachen denen sie ausgesetzt sind, diese abzuwehren und somit gar nicht erst in Depressionen oder sonstige Schwierigkeiten zu fallen, dann ist das Fall sehr gut angelegtes Geld.“ Schulleiter Ulrich Erfurt berichtete, das in der elften Klasse seines Gymnasiums leider ein Schüler unter Depressionen leidet. Sicher dies mit ein Grund, dass sich seine Lehranstalt für das seit vier Jahren bestehende Angebot angemeldet hat und als erste Schule in Rheinland-Pfalz für die Teilnahme ausgewählt wurde. „Für mich war “Cyber Mobbing„ und “Du bist was du isst„ wirklich interessant“ sagte Lukas Roth aus der 8d. Leon Ledulé, der die 8a besucht, war vom Thema Fotografie begeistert. „Das war schon klasse, zumal ich ja selbst einmal Fotograf werden möchte.“ Sein Klassenkamerad Johannes Weisbrod konnte sich vor allem für das Thema „YouTube“ begeistern. „Mit Kameras selbst Filme drehen und uns dabei mit den manchmal doch recht schwierigen Themen beschäftigen, das war schon eine tolle Erfahrung.“

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