Kultur Südpfalz Viermal im Jahr ist Flicktag

Auf dem Dachboden lagert, was im Chawwerusch für aktuelle Produktionen gebraucht wird. Über die Ordnung im Fundus wacht die Scha
Auf dem Dachboden lagert, was im Chawwerusch für aktuelle Produktionen gebraucht wird. Über die Ordnung im Fundus wacht die Schauspielerin Felix S. Felix.

Es ist eine unscheinbare weiße Holztür, die eine Stiege hinauf zum Dachboden über dem Theatersaal des Chawwerusch in Herxheim versperrt. Hier lagert, auf vier Räume verteilt, alles, was für die aktuellen Produktionen schnell greifbar sein muss. Und noch etwas mehr: 10.000 Teile – vor allem Kleider und Schuhe – alles feinsäuberlich sortiert und regelmäßig entstaubt. Immerhin wollen bei Großprojekten wie den Stationentheatern 200 Leute ausgestattet werden.

Über die Tür wacht Felix S. Felix. Die Schauspielerin ist seit 1984 für den Fundus zuständig. Denn jeder im Ensemble des Herxheimer Chawwerusch-Theaters hat noch eine Aufgabe hinter den Kulissen. Und damit man tatsächlich gleich reinschlüpfen kann in die Sachen, ist viermal im Jahr Flicktag: „Obligatorisch für alle“, erzählt Felix. Und sie betont: Wenn man eine gute Ordnung hat, kann man immer was Neues zusammenstellen – manchmal auch nach dem Motto „Aus drei mach eins“. Was unschierig ist wie die Filzkostüme des „Kleinen Luther“ oder länger nicht gebraucht wird, war bisher im Café Schwanen nebenan eingelagert. Doch da die Gemeinde das ganze Eck dort umgestalten will, musste kurzfristig ein Umzug organisiert werden: In der Neumühle am Ortseingang hat das Chawwerusch vorübergehend große Teile seines Fundus untergebracht, bis sich eine Lösung näher am Theater im Ortszentrum auftut, sagt Felix. Die Räume auf dem Dachboden wirken derzeit überraschend leer. Das liegt daran, dass die üppige Ausstattung für das „Hambacher Festbankett“ im Moment im Tourbus ist. Doch es gibt noch genügend zu bestaunen: Ritter-, Tropen- und Motorradhelme, Gewehre, Fahnen, Schallplatten, Filmrollen, Infusion und Thora, Krinolinen aus Schaumstoff, Plastikobst und tolle Filzperücken, die eigens am Stuttgarter Theater fürs Chawwerusch gefertigt wurden. „Jedes Teil erzählt eine eigene Geschichte.“ Manche sentimentale Bedeutung kann nur ermessen, wer schon so lange beim Chawwerusch ist wie Felix. So gebe es sogar noch zwei Stücke aus der allerersten Produktion „Vom wilden Odenwald und armen Leuten“, als die Theatertruppe noch mit dem Handwagen über die Lande zog. „Die blaue Hose, genäht aus alten Kleidern meiner Mutter, fällt fast schon auseinander.“ Zu viert waren sie am Anfang: Ben Hergl, Walter Menzlaw, Monika Kleebauer und Felix S. Felix. In das Elternhaus von Ben Hergl und seinem Bruder zog das Theater erst 1992 fest ein und ist nun eine der wenigen freien Bühnen im Land mit eigenem Spielort. Die meisten Stücke im Fundus wurden eigens gekauft oder dem Theater geschenkt. Aus dem Nachlass eines Priesters beispielsweise erhielt das Chawwerusch dessen komplette Sammlung liturgischer Gewänder. Und für die Stationentheater in Dörfern wie zuletzt Neupotz oder Jockgrim gibt es eigene Sammelaktionen vor Ort. Und die Gemeinden seien danach froh, wenn sie die Sachen nicht selbst aufbewahren müssen, erzählt Felix S. Felix. Das Chawwerusch freut’s.

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