Karlsruhe Statt Abtransport neuer Atommüll

Von Filmteams umlagert: Besucher der Infoveranstaltung nutzten die Gelegenheit, gegen das Zwischenlager generell zu protestieren
Von Filmteams umlagert: Besucher der Infoveranstaltung nutzten die Gelegenheit, gegen das Zwischenlager generell zu protestieren.

26 Castoren mit Atommüll aus deutschen Reaktoren stehen noch in den Wiederaufbereitungsanlagen La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien). Deutschland muss seinen Atommüll zurückholen – und fünf Castoren sollen ins Zwischenlager nach Philippsburg kommen. Was die Hintergründe sind, wurde am Mittwoch von EnBW, dem Präsidenten des Bundesamts für Entsorgung (BfE) und dem Umweltministerium erklärt. Nur: Wann die Castoren kommen, das wurde nicht gesagt.

Die Castoren hätten schon längst zurück genommen werden müssen. In einer Pressemitteilung vom Dezember 2015 ging das Bundesumweltministerium noch von der Rückführung 2017 aus: „2017 ist zunächst der Transport der fünf Behälter aus Frankreich geplant, ab 2018 bis 2020 sollen drei Transporte aus Großbritannien erfolgen“. Mittlerweile wurden die Zuständigkeiten neu geordnet und seither ist das BfE für die Genehmigung zuständig, der Betrieb für das Zwischenlager geht am 1. Januar 2019 an die Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) über. Seit September 2017 liegt dem BfE der Antrag auf Änderungsgenehmigung für das Standortzwischenlager beim Kernkraftwerk Philippsburg (KKP) vor. Im April folgte der Antrag auf Transportgenehmigung. Der Transport soll von La Hague bis zum KKP-Gelände auf dem Schienenweg erfolgen. Sobald die beiden Genehmigungsverfahren abgeschlossen sind, können die Castoren kommen. Die ganzen formalen Zuständigkeiten interessierten die etwa 50 Bürger in der Philippsburger Jugendstilfesthalle allerdings höchstens am Rande. Sie wollten wissen, wie es um den Hochwasserschutz bestellt ist. Vor allem aber wurde immer wieder nach Reparaturmöglichkeiten für die Castoren gefragt, falls diese einmal undicht werden sollten. Und auch wie es um die personelle Besetzung des Zwischenlagers ab 1. Januar bestellt ist, wollten die Bürger wissen. Philippsburgs Bürgermeister Stefan Martus will vor allem Klarheit, dass aus dem Zwischen- kein Endlager wird. Seit Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller die Idee aufgebracht habe, fremden Atommüll in die Zwischenlager der Atomstandorte zu packen, sei man in Philippsburg „not amused“, wie er formulierte. Die Entscheidung sei „schwer verständlich und vor Ort auch kaum vermittelbar“. Auch hätte er gerne schon etwas zu den Plänen erfahren, die den Abtransport der Castoren betreffen für den optimistischen Fall, dass ab 2050 ein Endlager befüllt werden kann. Aussagen dazu konnte der BfE-Präsident Wolfram König nicht geben. Ganz klar dagegen die Aussage, dass für das Zwischenlager eine Verlängerung der Betriebserlaubnis notwendig wird, weil die bislang genehmigten 40 Jahre wohl nicht ausreichen werden. Sollte es dazu kommen, wäre allerdings ein neues Genehmigungsverfahren zwingend erforderlich, sagt König und widersprach der Annahme, dass die Genehmigung des Zwischenlagers für 40 Jahre etwas mit der Sicherheit der Castoren zu tun gehabt habe. „Als das Zwischenlager genehmigt wurde, ging man noch davon aus, dass in Gorleben ein Endlager gebaut wird“, so erkläre sich der Zeitraum. Dass aus dem Zwischen- kein Endlager werde, stehe für ihn außer Frage: „Stahlbeton und Sicherheitsleute können ein Endlager nicht ersetzen.“ Auf die Kritik, dass bei der Genehmigung des Zwischenlagers versprochen wurde, keine fremden Abfälle dort zu lagern, erwiderte König: „Aus 160 Behältern für die Wiederaufbereitung aus Philippsburg, sind zehn Castoren mit hochradioaktivem Abfall geworden, die seit 2011 in Gorleben einlagern.“ Die Änderungsgenehmigung für die Lagerung der fünf Castoren mit mittelradioaktiven Glaskokillen aus der Wiederaufbereitung sei weitgehend geprüft. Zudem stimme man mit der (noch zuständigen) EnBW überein, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, so König. Er habe auch keine Handhabe, diese anzuordnen, erwiderte er auf die Kritik von Bürgerinitiativen. Helmfried Meinel vom Umweltministerium Baden-Württemberg regte zudem gegenüber Matthias Heck von der BGZ (und damit künftiger Chef des Zwischenlagers) an: „Ich schlage vor, dass Sie nach dem 1. Januar in das Verfahren einer freiwilligen Öffentlichkeitsbeteiligung gehen.“

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