Karlsruhe Sicherheit wichtiger als Ekelgefühle

Im Leben eines Zollbeamten am Flughafen gibt es viele Tage, die nicht in Erinnerung bleiben. Und dann gibt es jene Tage, an denen ein Koffer voll mit Hackfleisch oder der Zahn eines Walrosses im Gepäck auffällt. „Man darf sich nicht allzu schnell ekeln“, sagt Matthias Götz, der die Kontrolleinheit des Zolls am Baden-Airpark in Rheinmünster jahrelang leitete. Die Zöllner sowie ein Dienstleister, den das Regierungspräsidium Stuttgart mit der Gepäckabfertigung beauftragt hat, sorgen für etwas, das hierzulande in den letzten Jahren heiß diskutiert wird: Sicherheit. Diese zu gewährleisten, ist an hochsensiblen Orten wie einem Flughafen eine Mammutaufgabe. Allein am kleinen Baden-Airpark hat der Zoll knapp 20 Mitarbeiter, die Gepäckkontrolle rund 120. An der Sicherheitsschleuse nach dem Check-In bilden sich lange Schlangen. Menschen ziehen Schuhe und Gürtel aus, suchen ihr Smartphone ganz unten in der Tasche oder schütten sich hektisch die letzten Tropfen aus ihrer Trinkflasche in den Schlund. Die Kontrolleure sind jene, die im Reisetrubel einen kühlen Kopf behalten – mit Einmalhandschuhen, perfekt sitzendem Halstuch und aufmerksamem Blick. Alle 20 Minuten wechseln sie die Kontrollpositionen, denn ihre Konzentration darf nicht nachlassen. Während ein Kollege die Passagiere abtastet und ein anderer sich mit dem Reisegepäck befasst, schaut eine Mitarbeiterin konzentriert auf den Röntgenscanner. In verschiedenen Farben wird das Innenleben des Handgepäcks auf dem Bildschirm sichtbar. Was auf den Ungeübten wie ein diffuses Wirrwarr aus Grün, Blau und Orange wirkt, ist für die Experten meist in wenigen Sekunden durchschaubar. „Wenn man fünf Mal einen Regenschirm im Gepäck gesehen hat, erkennt man ihn sofort“, erzählt die Kontrolleurin, die seit 16 Jahren in ihrem Job arbeitet. Ihren Namen will sie aus Angst vor Erpressungen lieber nicht in der Zeitung lesen, sagt sie, berichtet aber: „Als ich aber zum ersten Mal eine elektrische Hornhautfeile gesehen habe, musste ich auch genauer hinschauen.“ Um Trend-Gegenstände wie die Feile oder Selfiesticks schnell zu erkennen, gebe es regelmäßige Schulungen. „Es wird nicht langweilig“, sagt die Kontrolleurin über ihre Arbeit. „Mit all den Menschen und all den Sprachen.“ Während jeder, der schon mal mit dem Flieger verreist ist, die Abläufe bei der Abfertigung kennt, bleibt der Zoll oft eher im Hintergrund. Dabei sind seine Aufgaben mindestens genauso wichtig: Er sorgt nicht nur für die Sicherheit der Reisenden, sondern schützt auch die Daheimgebliebenen und die heimische Wirtschaft – indem er zum Beispiel den Import von verseuchten Lebensmitteln oder gefälschten Gütern verhindert. Nicht zuletzt lässt er durch seine Einnahmen auch die Staatskasse klingeln. In Deutschland wählt man am Flughafen entweder den grünen oder den roten Durchgang. Wählt man Grün, gilt das als offizielle Erklärung: „Ich habe nichts zu verzollen.“ Im roten Durchgang muss man dagegen mitteilen, was den Zollbestimmungen unterliegt. „Angemeldet wird kaum etwas“, bedauert Götz. Dabei werde überall über die Regeln des Zolls informiert. Fliegt ein Schmuggel im Nachhinein auf, wird es teuer: Für jede Ware muss der Verantwortliche etwa ihren doppelten Preis einplanen, einmal für die Steuer und dann noch für die Strafgebühr. Die Klassiker sind Schmuck und Zigaretten – von letzteren hat man am Karlsruher Flughafen im vergangenen Jahr etwa 40.000 entdeckt. Für ihren Job brauche es ein gutes Bauchgefühl, da sind sich die Zollbeamten mit den Kollegen vom Gepäck einig. „Nach einem Blick aufs Handgepäck weiß ich: Mann oder Frau? Wie alt? Studiert oder nicht studiert?“, meint die Kontrolleurin. „Und wenn jemand zu viel schwitzt oder sich nervös die Hände reibt, ziehe ich ihn heraus.“ Die Anforderungen für einen Job beim Zoll sind hoch: „Man muss viel wissen – von A wie Abfallrecht bis W wie Washingtoner Artenschutzübereinkommen“, erzählt Götz. „Ich habe bei einer Kontrolle keine Zeit, lange nachzuschlagen, sondern muss direkt Bescheid wissen.“ Einen gemeinsamen Wunsch haben die Sicherheitsexperten auch: mehr Verständnis für ihre Arbeit. „Viele haben keinen Respekt oder Geduld bei den Kontrollen“, klagt Götz sein Leid, „aber Sicherheit wollen alle.“

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