Kreis Germersheim Seniorin Internet-Paket angedreht

Reine Telefonverträge gibt es immer weniger. Die meisten beinhalten Internet und oft auch Fernsehen.
Reine Telefonverträge gibt es immer weniger. Die meisten beinhalten Internet und oft auch Fernsehen.

Bestimmt nicht das Internet hat eine hochbetagte Seniorin aus Bellheim an dem Premium-Paket eines Telefonanbieters gereizt. Ein Vertriebsmitarbeiter der Telefon-Firma habe, so gab er an, die Angebote im Einzelnen vorgestellt und die Kundin habe zugestimmt und den Vertrag unterschrieben. Wegen des Vorwurfs des Betruges und der Urkundenfälschung musste sich der 46-Jährige aus dem Landkreis Kaiserslautern seit März vor dem Amtsgericht Germersheim verantworten. Vom Konto der Seniorin waren die höheren Gebühren abgebucht worden und die neue Software hatte die Frau nicht erhalten. Nach der ersten Lastschrift für das Premium-Paket wandte sich die Enkelin der Seniorin an den Telefonanbieter. Ihre Großmutter habe nie einen solchen Vertrag unterschrieben, teilte sie mit. Sehr schnell war klar, wer den Vertrag abgeschlossen und die Provision dafür kassiert hatte, zumal die Seniorin Stammkundin bei dem Telefonanbieter ist. Im Oktober 2016 war der Angeklagte bei der Seniorin zu Hause und pries das kostengünstige Telefonieren, das Fernsehen über Internet und das günstige Surfen im Internet an. Besonders habe die Seniorin beeindruckt, dass sie über 300 Fernsehsender empfangen könne, sagte er aus. Ihre Enkelin bezweifelte im Zeugenstand, dass die ansonsten geistig fitte Oma wirklich durchschaute, was das Angebot bedeutete. Die Unterschrift soll die alte Dame auf seinem Tablet geleistet haben, legte der Angeklagte einen Ausdruck vor. Damit die Seniorin die neuen Leistungen auch nutzen konnte, sollte sie die nötige Hardware bekommen. Diese jedoch kam nie an, weil der Angeklagte die Sendung zunächst an sich selbst schicken ließ. Im Umzugsstress sei das Paket dann zurückgeschickt worden, erklärte der 46-Jährige. Er hätte ihr die Geräte auch vorbeigebracht und installiert, zeigte er Reue. Für den Schuldnachweis wollte das Gericht das Gutachten eines Schriftsachverständigen einholen. Frage: War die Unterschrift der Seniorin echt? Nächste Frage: Wie erinnert sich die Seniorin an das Kundengespräch? Dritte Frage wäre nach den Kundendaten beim Telefonanbieter gewesen. Doch diese drei Fragen konnten vor Gericht nicht geklärt werden. Denn der Hausarzt der Seniorin hat attestiert, dass sie krankheitsbedingt nicht im Zeugenstand erscheinen könne. Der Schriftsachverständige teilte mit, dass eine Unterschrift auf dem Tablet nicht zugeordnet werden könne. Für ein Schriftgutachten müsse eine Originalunterschrift, keine Kopie vom Tablet vorliegen. Drittens war bekannt, dass die Daten der Seniorin Bestand der Telefonanbieterfirma sind. Deshalb sei es nicht nötig einen Unternehmensvertreter aus Erfurt anreisen zu lassen, so die Amtsrichterin. Hinzu komme, dass die Seniorin schadenfrei sei. Sie habe ihre Zahlungen zurückbekommen und sei aus dem Vertrag heraus. Der Angeklagte hat seinerseits die Provision zurückgezahlt. Das Gericht schlug jetzt vor, das Verfahren ohne Auflagen einzustellen. „Ausnahmsweise und unter Zurückstellung größerer Bedenken“, stimmte auch der Staatsanwalt zu. Der Angeklagte kündigte an, zukünftig Kinder oder Enkel zu Verkaufsgesprächen mit älteren Kunden hinzu zu bitten.

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