Landau Saumagen - „Für Pfälzer ein Grundnahrungsmittel“

Die Jury prüft sorgfältig nach vorgegebenen Kriterien und kann bis zu 50 Punkte vergeben. Unser Bild zeigt die Jury von 2014 mit
Die Jury prüft sorgfältig nach vorgegebenen Kriterien und kann bis zu 50 Punkte vergeben. Unser Bild zeigt die Jury von 2014 mit (von links) Sternekoch Peter Steverding und Ex-Banker Dieter Zeiß.

Interview: Egal, ob Wanderhütte oder Sterne-Restaurant – der um 1700 erfundene Pfälzer Saumagen ist von den Speisekarten nicht mehr wegzudenken. Walter Adam, Obermeister der Fleischerinnung, erzählt über den 10. Internationalen Saumagen-Wettbewerb in Herxheim und das, was Sieger ausmacht.

Herr Adam, der Internationale Saumagenwettbewerb ist bisher in Godramstein ausgetragen worden. Jetzt wechselt er nach Herxheim. Warum?

Wir sind eine junge Truppe in der Innung, und die umfasst drei Landkreise. Da liegt es nahe, mal zu rotieren. In der Verbandsgemeinde Herxheim sind allein vier Metzger ansässig, die mitmachen, und Verbandsbürgermeisterin Hedi Braun war von der Idee sofort angetan und hat uns unterstützt. Mal sehen, wie es weitergeht. Der mit Sicherheit beste Saumagen-Botschafter war Bundeskanzler Helmut Kohl. Muss man für das Gericht überhaupt noch Werbung machen? Helmut Kohl war derjenige, der den Saumagen weltweit bekannt gemacht hat, aber Werbung muss man immer machen. Es geht darum, die Tradition am Leben zu halten. Früher dürfte der Saumagen eine Arme-Leute- oder Resteessen gewesen sein. Welche Rolle spielt er heute in Gastronomie und Tourismus sowie im Metzgerhandwerk? Arme-Leute-Essen würde ich nicht sagen. Es ging unseren Vorfahren darum, aus dem, was sie hatten – die Sau, Eier, Kartoffeln und Gemüse – , etwas Gutes zu machen. Für die Pfälzer ist der Saumagen nach wie vor ein Grundnahrungsmittel. Das spürt man im Handwerk. In der Gastronomie ist er sehr weiterentwickelt worden. Da hat man versucht, etwas Neues zu kreieren, zum Beispiel mit Saumagen-Carpacchio oder Saumagen-Salat. Die Zeit der Weinlese ist die Hauptsaison im Tourismus. In dieser Zeit produzieren wir mindestens die Hälfte mehr als während des restlichen Jahres. Haben Sie eine Ahnung, wie viele Tonnen Saumagen Jahr für Jahr hergestellt werden? Nee, das habe ich nicht. Aber bei mir sind es wöchentlich 40 bis 50 Kilo. Bei 30 Kollegen kommen, wenn es bei denen genauso ist, schon etliche Tonnen zusammen. Was ist der am weitesten von der Pfalz entfernte Punkt, an dem Sie schon mal über einen Saumagen gestolpert sind? In Kanada. Aber da habe ich ihn auf meinen Lehr- und Wanderjahren selbst eingeführt. Die Kollegen dort waren begeistert, weshalb ich vermute, dass der eine oder andere Saumagen dort auch heute noch produziert wird. Und vor zwei bis drei Jahren hat der SWR mal bei mir einen Film über den Saumagen gemacht. Danach habe ich einen Anruf aus Australien bekommen, dass es ihn auch dort gibt. Erst kürzlich habe ich bei einem Fleisch-Sommelierkurs einen Kollegen aus Thüringen kennengelernt, der noch nie Saumagen gegessen hatte. Der war begeistert, und ich habe ihn zur Teilnahme am Wettbewerb animieren können. Also gibt’s jetzt auch in Thüringen Saumagen. Handwerklich gesehen: Was sind die nächsten Verwandten des Saumagens? Eigentlich gibt es nichts Vergleichbares. Blut- und Leberwurst oder Schwartemagen sind zwar auch gefüllte Naturmägen, aber die Füllung ist halt ganz anders. Welche Zutaten müssen unbedingt drin sein? Feinbrät, Fleisch, Kartoffeln, Gemüse und die klassischen Pfälzer Gewürze Pfeffer, Muskat, Koriander und Majoran. Das Gemüse wechselt von Kollege zu Kollege oder auch von Dorf zu Dorf. Ich nehme gerne Wurzelgemüse, Lauch und Zwiebeln, andere ziehen Karotten vor. Welche Zutaten dürfen drin sein? Kastanien, Wildfleisch oder Pilze, aber da sind der Fantasie und Kreativität eigentlich keine Grenzen gesetzt. Deshalb tragen wir den Wettbewerb ja auch in verschiedenen Kategorien aus. Und welche Zutaten gehören überhaupt nicht rein? Das kann man so nicht sagen. Ich persönlich bin bei Fisch und Meeresfrüchten sehr vorsichtig. Vor zwei Jahren gab es Saumagenpralinen, da war ich anfangs ziemlich erschrocken, aber beim Verkosten waren die sehr angenehm und haben letztlich auch gewonnen. Herzhaft und süß ist ja so ein Küchentrend. Wie viele Anmeldungen gibt es zum Saumagen-Wettbewerb? Bisher etwa 60, aber mit Sicherheit werden das noch mehr. Manche Innungskollegen sind immer dabei, aber kommen erst kurz vor knapp. Auf welche Kriterien achtet die Jury? Auf Optik und Beschaffenheit, zum Beispiel Luftblasen, Risse oder Spalten, auf Schnittbild, Konsistenz, Zusammenstellung und Verteilung der Anteile, Materialauswahl und Verarbeitung, und natürlich auf Geruch und Geschmack. Der Saumagen wird deshalb nur leicht im Wasserbad erhitzt, damit nicht etwa die beliebten Röstaromen andere Aromen überdecken. Dabei können bis zu 50 Punkte vergeben werden. Ist ein gutes Abschneiden im Wettbewerb eine Vermarktungshilfe? Auf jeden Fall. Wenn die Urkunde mit Medaille im Laden hängt und die Ergebnisse in der Presse und im Internet veröffentlicht werden, wollen viele alte und neue Kunden die Siegersaumagen testen. Welchen oder wessen Saumagen essen Sie am liebsten? Solange meine Oma noch gelebt hat, war es ihrer, aber sie ist leider schon einige Jahre nicht mehr unter uns. Ehrlich gesagt, esse ich meinen gerne, aber ich probiere auch immer sehr gerne bei Kollegen. Wir treffen uns oft, tauschen uns aus und experimentieren. | Interview: Sebastian Böckmann

Walter Adam ist der Obermeister der Fleischerinnung.
Walter Adam ist der Obermeister der Fleischerinnung.
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