Landau Rückwärts um die Hütchen

Slalom fahren – und das rückwärts bitte. Heidrun Metzger ist an der Reihe, den Wagen um den Parcours zu lenken. Bruno Spindler v
Slalom fahren – und das rückwärts bitte. Heidrun Metzger ist an der Reihe, den Wagen um den Parcours zu lenken. Bruno Spindler von der Kreisverkehrswacht Ludwigshafen gibt ihr Hilfestellung.

Auf dem Neuen Messegelände in Landau beschleunigt ein BMW auf 50 Stundenkilometer. Wenige Sekunden später kommt das Fahrzeug mit einer Vollbremsung abrupt zum Stehen. Hinter dem Steuer sitzt kein Testfahrer, was man aus der Ferne vielleicht vermuten könnte, sondern eine Rentnerin. „Ich musste glücklicherweise noch nie die Bremse voll durchtreten, mein Herz pocht immer noch“, erzählt die 69-Jährige anschließend. Im Alltag kann es jedoch ganz schnell zu einer brenzligen Situation kommen, bei der eine Vollbremsung notwendig wäre. „Gut also, wenn man es vorher ausprobiert hat, um darauf vorbereitet zu sein und zu wissen, wie lange der Bremsweg ist“, sagt die Landauerin. Bereits zum zweiten Mal nach 2016 konnten sich in Landau Menschen, die 65 Jahre oder älter sind, auf ihre Fahrtauglichkeit prüfen lassen und ihr Wissen über Verkehrszeichen und -regeln auffrischen. Leitete noch vor zwei Jahren die Polizei das Training, wird der eintägige Kurs dieses Mal von der Kreisverkehrswacht Ludwigshafen angeboten. Die Plätze waren heiß begehrt, informiert die städtische Seniorenbeauftragte Ulrike Sprengling. „Innerhalb kürzester Zeit waren wir ausgebucht.“ Heidrun Metzger ist eine der insgesamt 30 Teilnehmer, die sich für das Sicherheitstraining anmelden konnten. Die 72-Jährige beobachtet, wie ein Senior rückwärts Slalom fährt. Das ist die zweite Übung, die an diesem Tag auf dem Programm steht. Dabei wird auch geprüft, wie man mit dem Rückwärtsparken zurechtkommt. „Das ist eine gute Übung“, sagt Metzger. Schließlich würde man in der Stadt oft vor der schwierigen Herausforderung stehen, den Wagen auch an engen Stellen einzuparken. „Ich finde es spannend, zu erfahren, wie fit ich noch bin und was ich beim Fahren noch stärker beachten muss“, erklärt Metzger, weshalb sie sich für den eintägigen Kurs angemeldet hat. Wenige Minuten später ist sie selbst an der Reihe, den Wagen rückwärts durch den Parcours zu lenken. Wie Dieter Lauerbach von der Kreisverkehrswacht erklärt, wolle man mit dem Kurs vor allem zwei Dinge erreichen. Zum einen gehe es darum, den Teilnehmer wieder auf den aktuellen Stand zu bringen, was die Straßenverkehrsordnung angehe. Fragen wie „Wann gilt im Kreisel rechts vor links?“ Oder „Was muss beachtet werden, wenn man einen Bus überholen möchte, der eine Haltestelle anfährt?“ sollen unter anderem beantwortet werden. „Zum anderen“, sagt Lauerbach, „klären wir die Teilnehmer darüber auf, wie sehr Krankheiten, Medikamenten und altersbedingte Einschränkungen die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen können.“ So werden Verkehrssituationen nicht mehr so schnell wahrgenommen, auch die Beweglichkeit - zwingend nötig für den berühmten Schulterblick - lässt nach. Angst um ihren Führerschein müssen ältere Menschen jedoch nicht haben. Letztlich ist nicht das Lebensalter entscheidend, ob man fahrtüchtig ist oder nicht, sondern die individuelle Gesundheit die Fahrroutine und der Fahrstil. „Natürlich gibt es Hilfsmittel, die einem es ermöglichen, auch im höheren Alter mobil zu bleiben.“ Lasse beispielsweise die Sehstärke nach, sollte man sich eine Brille zulegen. Wenn es mit dem Schulterblick nicht mehr so leicht klappt, gibt es extra Sitzpolster. „Ist man nachts unsicher beim Fahren, dann sollte man sich eben nur noch tagsüber hinters Steuer setzen“, sagt Dieter Lauerbach. Diese und viele weitere Hinweise nehmen sich die Teilnehmer zu Herzen. Auch wenn die meisten in der Stadt wohnen, wo Ärzte und Einkaufsmärkte fußläufig erreichbar sind, wollen sie nicht auf ihr Fahrzeug verzichten. Gabriele Lamek beispielsweise braucht das Auto, um Familie und Freunde zu besuchen, die bundesweit verstreut seien. „Im Jahr fahre ich bis zu 15.000 Kilometer“, sagt sie. Es gebe viele Menschen, die von sich behaupten würden, dass sie gute Autofahrer wären. „Aber ich denke, man lernt nie aus. Deshalb habe ich mich auch für das Sicherheitstraining angemeldet.“ Je älter, umso selbstkritischer müsse man sein, wenn man sich hinters Steuer setzen möchte, sagt Lauerbach. In Deutschland liegt es an einem selbst, zu schauen, ob man noch sicher Auto fahren kann. Einmal die Führerscheinprüfung bestanden, hat man auf ewig die Berechtigung, ein Fahrzeug zu lenken – sofern man keinen schweren Unfall verursacht oder zu viele Punkte in Flensburg sammelt. In anderen Ländern, beispielsweise in der Schweiz, müssen Senioren ihre Fahreignung dagegen regelmäßig überprüfen lassen. Immer wenn ein älterer Mann oder eine ältere Frau einen schweren Unfall baut oder die neueste Unfallstatistik veröffentlicht wird, schwappt die Debatte über obligatorische Gesundheitschecks für ältere Autofahrer hoch. Davon hält Dieter Lauerbach jedoch nichts. Verpflichtende medizinische Untersuchungen würden nicht dazu führen, dass weniger Senioren in Unfällen verwickelt seien. Das hätten Statistiken bewiesen. „Wenn der Betroffene nicht gerade in einer körperlich schwächeren Phase ist, besteht er den Test, so die Erfahrung.“ Umso wichtiger und schöner sei es, wenn ältere Autofahrer gewillt seien, sich weiterzubilden.

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