Kultur Südpfalz Reisender mit starken Wurzeln

Pfälzische Szene: Dorfstraße in Wachenheim, Ölstudie 1878.
Pfälzische Szene: Dorfstraße in Wachenheim, Ölstudie 1878.

Er war ein Schüler Johann Wilhelm Schirmers und gehörte derselben Generation an wie Hans Thoma. Die Kunstgeschichte führt ihn jedoch nicht mit diesen auf gleicher Ebene, sondern ordnet ihn eher der zweiten Reihe zu. Aber Karl Weysser, 1833 in Durlach geboren und 1904 in Heidelberg gestorben, war doch weit mehr als ein badischer Landschafts- und Architekturmaler. Das ihm immer wieder mal angehängte Etikett „badischer Spitzweg“ ist dann wieder etwas schräg, denn die Figur war Weyssers Sache eher nicht, da fehlt ihm im Vergleich doch der souveräne und kritisch-ironische Zugang zum menschlichen Sujet. Diesen Karl Weysser, der in den Jahrzehnten seiner künstlerischen Tätigkeit viel in Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland unterwegs war, stellt uns nun die Städtische Galerie Karlsruhe mit annähernd 50 Ölbildern und vor allem kleinformatigen Ölstudien vor. Letztere hat er – wie sein Lehrer Schirmer – jeweils vor Ort angefertigt und wohl gerade deshalb strahlen sie meist eine eindrucksvolle Spontaneität und Frische bei gleichzeitig sensibler Behandlung des Lichts aus. Dass er zunächst ein siebenjähriges technisch-mathematisches Studium in Karlsruhe und Berlin absolvierte, ehe er 1855 an die Karlsruher Kunstakademie wechselte, kam ihm bei der überaus akkuraten Darstellung von Straßenszenerien, Bauten und Materialien erkennbar zugute. Karl Weysser war das zehnte Kind des Durlacher Kaufmanns und Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Weysser und seiner Ehefrau Caroline. Von den Geschwistern überlebte die Mehrzahl die Kindheit nicht. Trotz des Herumreisens blieb er seiner badischen Heimat treu, er lebte in Karlsruhe, Durlach, Baden-Baden und zuletzt wieder in Heidelberg. Er war bekannt, seine stimmungsvollen Reiseimpressionen – zum Beispiel auch aus der Pfalz, aus Wachenheim, St. Martin oder Gleisweiler – fanden schon zu Lebzeiten viel Anerkennung. Seine Verkaufserfolge waren eher wechselhaft, allerdings war er von Hause aus finanziell unabhängig. Gleichwohl fühlte er sich als Künstler von seinen Zeitgenossen unterschätzt. Vergessen wurde der Spätromantiker allerdings nie. Noch heute hat er treue Sammler und auf dem Kunstmarkt tauchen immer wieder Werke von ihm auf, die dann auch Käufer finden. Bei aller von jeglichem Pathos freien subtilen Schilderung von Natur und Landschaft mag es der Bildgestaltung manchmal allerdings etwas an Emotionalität fehlen. Weysser war ein fleißiger Künstler. Sicher bekannt sind heute noch 3200 Zeichnungen und über 700 Ölarbeiten. Die Ausstellung wurde völlig aus dem von der Städtischen Galerie betreuten 300 Werke umfassenden Bestand bestückt, den die Stadt Karlsruhe 1942 als Nachlass erhielt. Gezeigt werden ausschließlich Ölarbeiten. Weyssers Zeichnungen befinden sich überwiegend in den Archiven von Denkmalämtern. Dort werden sie bei Rekonstruktionen und Restaurierungen wegen ihrer Akkuratesse gerne zurate gezogen. Denn sehr vieles, was er gezeichnet oder gemalt hat, gibt es ja so heute nicht mehr. Wie etwa die Durlacher Zehntscheuer, deren Innenhof 1875 doch schon einen recht morbiden Eindruck vermittelte. Weysser hat wohl gewusst, dass sie wenig später abgerissen werden und einer Schule Platz machen würde. Info „Mit Karl Weysser unterwegs“, bis Frühjahr 1919 in der Städtischen Galerie Karlsruhe im ZKM-Komplex. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag/Sonntag 11 bis 18 Uhr.

x