Kultur Südpfalz Reise durch das Reich der Träume

War 2016 in der Villa Streccius in Landau zu sehen: Matthias Göhrs „Anton“.
War 2016 in der Villa Streccius in Landau zu sehen: Matthias Göhrs »Anton«.

„Ä Stiggel Glick“, das verspürt beim Betrachten der Bilder von Matthias Göhr garantiert jeder Besucher der aktuellen Schau der Südpfälzischen Kunstgilde, die am Sonntag um elf Uhr in der Artgalerie am Schloss in Bad Bergzabern eröffnet wird.

Wie für diese Räume gemacht, strahlen leuchtende Gesichter auf dunklem Grund dem Betrachter entgegen. Bereits beim Aufstieg in den Turm fällt der Blick auf eine typische Figur des Landauer Künstlers mit herzförmigem Gesicht und Unschuldsblick: „Einfach loslassen“ nennt Göhr die Geste der ausgestreckten Hand nach vom Wind verwehten Blättern. Die Tiere am unteren Bildrand entdeckt der Betrachter erst beim genauen Hinschauen. So verhält es sich mit nahezu jeder traumwandlerischen Szene: Matthias Göhr löst mit seinen Motiven ein Kopfkino aus. Die Maltechnik, viele Schichten Ölfarbe auf grobem Rupfen, tut ihr Übriges, um die seelenstreichelnde Wirkung zu verstärken. Das Verweilen im Betrachten lässt die Gedanken schweifen, beflügelt die Fantasie, der Rundgang wird zur Nachtwanderung durch das wundersame Reich der Träume. Erst beim intensiven Beäugen aus unterschiedlichen Perspektiven erkennt der Betrachter die Vielzahl an versteckten Tieren. Die „Rabenmutter“ verbirgt gleich mehrere Vögel in ihrem Gewand. Liebevoll blickt das Entlein mit dem „Gänseblümchen“ im Schnabel dem menschlichen Gegenüber ins Auge, zärtlich schmiegt sich unter der Überschrift „Roter Fittich“ ein Vogel an den Hals eines Menschen. „Ganz/s im Glück“ vereint Menschlein und Tier. Esel und Hasen, insbesondere die Form ihrer Ohren, haben es dem Künstler ebenso angetan wie Fische. In „So weit wie möglich“ schwimmen vermenschlichte Fische dicht aneinandergeschmiegt als Reisegruppe durch die rabenschwarze Nacht. Manchmal stellt der Autodidakt aus Landau die Welt in seinen Bildern auf den Kopf. Dann zum Beispiel, wenn ein Fisch als Wolke am Himmel schwimmt, oder in pechschwarzer Nacht das eigentliche Blau des Himmels in der Krone des Herrn im Bild „Wohlgeboren“ leuchtet. Vögel, Hunde und Tiere des Waldes sind beliebte Randfiguren, die beim Erschließen der Bildmotive zur Hauptfigur mutieren. Dann zum Beispiel, wenn Vögel als Kopfbedeckung dem Träumenden einflüstern, dass es „Zeit zum Fliegen“ sei. Ein „Blauer Vogel“ versteckt sich in Menschengesichtern. Mag sein, dass es daran liegt, dass Göhr nach eigenen Angaben als Schüler von seinen Lehrern Tagträumer genannt wurde, dass die Augen einiger Protagonisten geschlossen sind. Dieses Detail verleitet den Betrachter zur Annahme, einem Träumer zu begegnen, der selige Gesichtsausdruck verleiht dem Abbild zudem einen sakralen Schein. Jeder veränderte Lichteinfall, jeder Standort- oder Stimmungswechsel offenbart neue Details und verleitet den Betrachter immer wieder zu neuen geistigen Ausflügen. Flieht „Filippo“ in Göhrs Traumwelten der Bäume mit vielen Tieren im Rücken und auf dem Kopf etwa vor der gleißenden Sonne in die Dunkelheit? Im Traum von „Cecco“ hüllt eine silbrige Mondsichel einen Ballon als menschliches Gesicht und einen Baum aus Tieren in zarten Nebelschleier. Die Poesie der Bilder von Matthias Göhr bereichert Stefan Werdelis aus Neustadt bei der Eröffnung am Sonntag mit geist- und bildreichen Worten zur Ausstellung. Am Sonntag, 28. Oktober um 19 Uhr präsentiert der protestantische Pfarrer, Militärseelsorger und Moderator passend zu den traumwandlerischen Bildern des Künstlers „Texte zum Träumen mit offenen und geschlossenen Augen“. Info —Ausstellung bis 4. November in der Schlossgasse 3, Bad Bergzabern, Öffnungszeiten Donnerstag und Freitag 16 bis 18 Uhr, Sonntag 15 bis 18 Uhr. —Begleitprogramm: am Sonntag, 28.Oktober, 19 Uhr, Lesung „Mond und Nachtgedichte“ mit Stefan Werdelis. Eintritt: 9 Euro. Anmeldung bei der Gildepräsidentin, E-Mail an m.cirica-schneider@gmx.de.

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