Kreis Südliche Weinstraße „Rechte Stimmungsmacher und Verfassungsfeinde“

Die Debatte um die Altersfeststellung junger unbegleiteter Flüchtlinge im Landkreis geht weiter: Matthias Ackermann, Vize-Fraktionschef der CDU im Kreistag, meldet sich mit einer persönlichen Stellungnahme zu Wort. Er greift darin scharf die AfD-Fraktion an. Deren Chef Hans-Günter Gerstle lässt das nicht auf sich sitzen.

„Der Antrag der AfD-Fraktion mit einem offensichtlich gesetzeswidrigen Inhalt entlarvt die Antragsteller meiner Meinung nach als rechte Stimmungsmacher und Verfassungsfeinde“, schreibt Ackermann. Die AfD habe erreichen wollen, dass alle unbegleiteten Flüchtlinge untersucht werden müssten, die nicht zweifelsfrei Kinder seien – also unter 14 Jahren – und keine gültigen Ausweispapiere vorlegen könnten. Die Fraktion wolle damit „aus der Ausnahme eine Regel machen“, betont Ackermann, der hauptberuflich als Rechtsanwalt arbeitet. Wer dann noch berücksichtige, dass laut der Ethikkommission der Bundesärztekammer eine Untersuchung mit Röntgenstrahlen und vergleichbaren Methoden einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit darstelle, weil diese Untersuchungsmethoden „zur sicheren Ermittlung des Alters nach allen vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen zweifelhaft sind“, dann werde noch deutlicher, dass es der AfD nicht um das Einsparen von Geld gehe, wie es in der Antragsbegründung heiße. Es gehe der AfD nur um das Schüren von Vorurteilen und Angst in der Bevölkerung, wenn in der Antragsbegründung auch noch Bezug genommen werde auf das „schreckliche Tötungsdelikt in Freiburg und so getan wird, als hätte dieses verhindert werden können, wenn die medizinische Altersfeststellung bei dem Täter früher erfolgt wäre“. Wie berichtet, hatte die AfD-Fraktion in der jüngsten Kreistagssitzung einen Antrag eingebracht, mit dem sie unter anderem das Jugendamt der Südlichen Weinstraße auffordern wollte, häufiger als bisher medizinische Untersuchungen bei unbegleiteten jungen Flüchtlingen anzuordnen, um deren Alter festzustellen. Landrat Dietmar Seefeldt (CDU) hatte einen Beschluss darüber verweigert. Begründung: Der Landkreis sei dafür nicht zuständig, zudem stelle sich der Antrag gegen bestehendes Recht. Auf Anfrage der RHEINPFALZ kontert AfD-Fraktionschef Hans-Günter Gerstle Ackermanns Kritik. „Uns als rechte Stimmungsmacher und Verfassungsfeinde zu bezeichnen, ist politischer Klamauk, das merken immer mehr“, schreibt Gerstle. Die Kreisverwaltung habe bisher nicht aufzeigen können, warum der Antrag gesetzeswidrig sei. Er betont, dass Zweifel an der Altersangabe eines unbegleiteten Flüchtlings dann angemessen seien, wenn dieser keine Papiere vorlegen könne und definitiv nicht jünger als 14 Jahre sei. „Und selbstverständlich muss auch nach unserer Auffassung immer eine nachvollziehbare und begründete Ausnahme möglich sein“, erklärt Gerstle. Dass medizinische Untersuchungen ein Eingriff in die Grundrechte seien, könne er nicht nachvollziehen. Jeder deutsche Bürger, der Sozialleistungen vom Staat erhalten will, müsse sich im Zweifelsfall medizinisch untersuchen lassen, um damit sein Begehren amtsärztlich rechtfertigen zu können – notfalls auch mit einer Röntgenaufnahme. „Das muss auch und erst recht für solche Menschen gelten, die ohne entsprechende persönliche Nachweise in unser Land gekommen sind, aus welchen Gründen auch immer“, betont Gerstle. Aber liegt Ackermann überhaupt auf Fraktionslinie? Als Mitglied des Kreistags stehe es ihm zu, seine Auffassungen öffentlich mitzuteilen, betont Fraktionschef Georg Kern (CDU). Die Fraktion sei der Auffassung, dass der AfD-Antrag deutlich habe erkennen lassen, dass es sich um einen mehrfach verwendbaren Mustertext handele. Das lege den Schluss nahe, „dass weniger auf eine Lösung eines Problems hingewirkt werden sollte, sondern vielmehr Diskussionen auf vielfältigen Ebenen innerhalb des Landes beabsichtigt sind“. Ihm habe sich der Eindruck aufgedrängt, dass es der AfD vorwiegend um die Öffentlichkeitswirkung gegangen sei und nicht um die Frage, ob der Kreistag einen Beschluss treffen kann.

x