Kreis Südliche Weinstraße „Nicht schön für den Ort“

In der Löwen-Apotheke in Essingen sind einige Regale bereits leergeräumt. Inhaberin Carola Oberst und ihre Mitarbeiterin werden
In der Löwen-Apotheke in Essingen sind einige Regale bereits leergeräumt. Inhaberin Carola Oberst und ihre Mitarbeiterin werden künftig in Zeiskam Kunden über Medikamente, Salbe und Heilmittel beraten.

Am Schaufenster der Löwen-Apotheke in Essingen sind mehrere rot-gelbe Aufkleber zu sehen, auf denen „Räumungsverkauf“ steht. Auch drinnen im Verkaufsraum ist zu erkennen, dass alles für den endgültigen Auszug bereitsteht. Einige Regale sind längst leer, die Umzugskartons dagegen gefüllt. Nach fast 30 Jahren wird die Filiale in der Straße „Am Turnplatz 5“ für immer schließen. Bei den Kunden hat sich in den vergangenen Wochen Wehmut breitgemacht. „Das ist nicht schön für Essingen“, sagt beispielsweise Johannes Menges, als er in der Apotheke auf die bevorstehende Schließung angesprochen wird. „Für mich gehören Apotheken zur Grundversorgung im Ort dazu.“ Es waren keine wirtschaftlichen Gründe, die Apothekerin Carola Oberst dazu bewogen haben, den zum Ende des Jahres auslaufenden Mietvertrag nicht zu verlängern. Sie habe genug Kunden gehabt. Wie berichtet, lag es hauptsächlich daran, dass sie kein Personal fand. Eine weitere Fachkraft sollte sie und ihre Kollegin Gabi Meyer entlasten, die zu zweit Kunden über Medikamente, Salben und Heilmittel beraten haben. „So können wir den Betrieb nicht länger aufrechterhalten. In den vergangenen Jahren habe ich mir nicht erlauben können, krankheitsbedingt zu fehlen. Egal ob ich Schnupfen oder Kopfschmerzen hatte oder heiser war, ich war immer da“, sagt Oberst, die vor acht Jahren die Apotheke übernahm. Oberst hatte zwischenzeitlich zwar beantragt, die Apotheke mit kürzeren Öffnungszeiten fortzuführen. Das wäre vom Personal her möglich gewesen. Allerdings lasse die Apothekerbetriebsordnung keine Ausnahmen zu. „Es ist gesetzlich vorgegeben, dass eine Apotheke morgens von 9 bis 12 sowie nachmittags von 15 bis 18 Uhr geöffnet sein muss“, sagt Oberst, die Mutter von drei Kindern ist und gebürtig aus Bruchsal kommt. So kommt es, dass die Essinger Apotheke sich nun in die Reihe der Filialen einfügt, die geschlossen werden. „Die Zahl der Apotheken im Land nimmt immer mehr ab. In den vergangenen Jahren gab es einige Betriebe, die geschlossen wurden, zuletzt in Herxheim, Edenkoben, Landau und Insheim. Überall sind Kollegen betroffen“, sagt Oberst. Sie nennt Gründe: „Das die Apotheken kein Personal finden, liegt unter anderem daran, dass zunehmend Frauen den Beruf des Apothekers angehen. Im Vergleich zu männlichen Kollegen sind sie meist nur in Teilzeit tätig oder bleiben gar komplett zuhause, wenn sie eine Familie gründen. Somit kommt es zur prekären Arbeitsmarktsituation.“ Zudem würden die gestiegenen Anforderungen und die aufwendige Dokumentationspflicht die Arbeit immer mehr erschweren. „Nicht zu vergessen das Thema Brandschutz und das Qualitätsmanagementsystem, für die wir sorgen müssen“, merkt Oberst an. Es gab einen weiteren Grund, der in Oberst die Entscheidung reifen ließ, die Apotheke zu schließen. Den Zahnarzt in Essingen gebe es seit Ende vergangenen Jahres nicht mehr, der Allgemeinmediziner im Ort sei bereits im höheren Alter. Es sei unklar, ob ein Nachfolger für seine Praxis gefunden werde. Fehle es in der Gemeinde an ärztlicher Versorgung, habe das auch negative Folgen für die Apotheken. „Dann besorgen sich die Patienten die Arzneien eben in den Ortschaften, wo sie auch zum Arzt gehen.“ In Essingen habe sich bereits der Umbau der beiden Bankgeschäfte zu reinen Selbstbedienungsfilialen bemerkbar gemacht. „Die Laufkundschaft hat dadurch abgenommen“, berichtet Oberst, die künftig in Zeiskam tätig sein wird. In der Birken-Apotheke, die sie und ihr Mann bereits seit 2007 betreiben. Auch Mitarbeiterin Gabi Meyer werde dort beschäftigt sein, sagt Oberst. Ursula Frey, die während des Besuchs der RHEINPFALZ in der Filiale vorbeischaut, findet es schade, dass die Apotheke schließt. „Insbesondere die älteren Menschen werden die Leidtragenden sein. Sie müssen nun schauen, wie sie an Medikamente kommen. Nicht alle haben die Familie in der Nähe, die ihnen helfen kann“, sagt sie. Auch per Bus und Bahn seien die Ortschaften mit Apotheken, beispielsweise Bornheim, nicht so leicht zu erreichen. Damit mobil eingeschränkte Menschen und chronisch Kranke, die auf intensive pharmazeutische Betreuung angewiesen sind, nicht auf der Strecke bleiben, möchte Oberst einen Lieferdienst in Essingen einrichten. Dafür hat sie das Aufstellen einer Rezeptsammelstelle beantragt. „Das ist ein Briefkasten, in den Rezepte eingeworfen werden können. Den würden wir einmal am Tag leeren und dann die Medikamente den Patienten liefern.“ Bis Mitte Januar soll der Bescheid eintreffen.

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