Landau Mordprozess Mörlheim: „Das ist nicht die Wahrheit“

Der Zeuge wurde gestern in Handschellen ins Gericht geführt: Er sitzt zurzeit im Gefängnis in Rohrbach bei Wöllstein seine Hafts
Der Zeuge wurde gestern in Handschellen ins Gericht geführt: Er sitzt zurzeit im Gefängnis in Rohrbach bei Wöllstein seine Haftstrafe ab.

Im Mörlheimer Mordprozess bleibt der 27-jährige bereits Verurteilte bei seiner Aussage – Keine Erinnerung an Details

Der fünfte Verhandlungstag im zweiten Mörlheimer Mordprozess vor der 1. Großen Strafkammer des Landauer Landgerichts stand gestern vor allem im Zeichen der Zeugenbefragung des bereits verurteilten, heute 27 Jahre alten Mannes, der von seinen Ex-Kumpels als „Chef“ bezeichnet wird.

Kein Licht ins Dunkel

„Jeder will so schnell wie möglich aus dem Gefängnis rauskommen, und keiner will zu seinen Fehlern stehen.“ Dieser Aussage des in Handschellen und Fußkette in den Saal geführten Häftlings stimmte der Vorsitzende Richter Jörg Bork gestern Vormittag zu. Die Schilderungen des Mannes zum Tathergang brachten nämlich auch kein Licht ins Dunkel. Zunächst wollte er keine Aussage machen, dann sagte er zu der ein oder anderen Frage doch etwas, meistens allerdings, er könne sich nicht erinnern. Er blieb bei seiner Darstellung, die er vor einem Jahr im selben Gerichtssaal gemacht hat. „So, wie ich es sage, ist es richtig.“

Drei Versionen der Tatnacht

Nun kann sich das Gericht aussuchen, welcher der drei Versionen es am ehesten Glauben schenken mag. Bork sitzen zwei Berufsrichter und zwei Schöffen zur Seite. Sie haben die Rolle des 25-jährigen Rumänen zu beurteilen, die er beim Raubzug mit zwei Landsmännern in der Nacht auf den 19. Mai 2016 gespielt hat. Der 27- und der 31-Jährige sind im Februar 2017 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In jener Nacht war in Mörlheim eine 86 Jahre alte Frau überfallen, geschlagen und getreten worden. Sie war an ihren schweren Verletzungen gestorben. Der Fall hatte für großes Aufsehen gesorgt, nachdem der Ort in den Jahren 2015 und 2016 mehrmals von Bettlergruppen heimgesucht worden war.

Der "Chef" will nicht der Chef gewesen sein

Der gestrige Zeuge, der von dem 31-jährigen Mitverurteilten und dem 25-jährigen Angeklagten als Chef der sich in Mannheim versammelnden rumänischen Roma angesehen wird, will beim Raubzug in Mörlheim keine tragende Rolle gespielt haben. „Hier ich möchte nichts reden“, sagt er auf Deutsch, flankiert von seinem Pflichtverteidiger, dem Landauer Anwalt Alexander Grassmann, und einer Dolmetscherin für Ungarisch. Wie berichtet, hat der 31 Jahre alte, 2017 ebenfalls verurteilte Täter am Freitag als Zeuge vor Gericht sein Schweigen gebrochen und den ehemaligen Kumpel schwer belastet. Dieser sei allein für die tödlichen Verletzungen der Frau verantwortlich.

Abdruck der Sohle im Gesicht

Er habe aus Angst um seine Frau und die vier Kinder geschwiegen. Die Familie wurde laut Richter Bork im August 2017 in einem Brief an den Häftling bedroht. Er hätte besser weiter geschwiegen, heiße es dort. „Es kann sein, dass draußen diejenigen schreiben, die zornig sind“, sagt der „Chef“. Er wisse nichts darüber. Er war am 19. Mai 2016 nicht zum ersten Mal in Mörlheim, habe bei der alten Dame mit den beiden Kindern schon im Hof gesessen, während seine ehemalige Frau im Haus arbeitete. Nein, er habe sich keine Gedanken gemacht, dass die Frau ihn wiedererkenne, beantwortet er die Frage von Bork. Die beiden anderen seien zuerst durchs Fenster ins Haus. Als er hintergeklettert sei, habe die Bewohnerin auf dem Boden gelegen. Er habe ihr den Ring vom Finger gezogen und sie zweimal ins Gesicht getreten. Die Schuhe hatte die Polizei sichergestellt, den Abdruck der Sohle im Gesicht ebenso. Es könne sein, dass er die „arme alte Frau“ am Arm gepackt habe.

Angaben zu Alkoholkonsum für Richter nicht glaubhaft

Keine Erklärung hat er dafür, wie seine DNA an ein Brillenetui kommt und warum es verdreht wurde. Auch nicht dafür, wie das Blut der Frau an den Rollladengurt kommt. Die Hauptschuldigen seien er und der 31-Jährige, nicht der jetzt Angeklagte. Wieder schilderte der „Chef“ den üppigen Alkoholkonsum der Truppe vor der Tat; zu üppig, um glaubhaft zu sein, ließ der Richter durchblicken. Die Töchter und Söhne des Opfers verfolgen die Befragungen mit eiserner Miene. Ihr Wunsch, die Wahrheit zu erfahren, wird sich wohl nicht erfüllen. Bestätigt sehen sie sich in der Vermutung, dass ein Kind als „Türöffner“ missbraucht wurde. 

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