Lokalsport Südpfalz Marathon in Kandel: Schmerzen, Qualen, große Erfolge

Los geht’s. Der Startbereich im vergangenen Jahr.  Foto: van
Los geht’s. Der Startbereich im vergangenen Jahr.

Der Stadtrand in Kandel gehört am Sonntag dem 44. Bienwald-Marathon. Die Marke 2000 Teilnehmer ist zu schaffen. Auf dieser Distanz werden auch die Pfalzmeister ermittelt. Wer kommt infrage? Und hat die Olympia- und WM-erfahrene Sabrina Mockenhaupt tatsächlich für den Halbmarathon gemeldet? Sie hat. Ein Freundschaftsdienst.

Auch Christian Flügel läuft um 10 Uhr los. Es klingt, als wäre er ein alter Hase im Marathon: In Berlin ist er gelaufen, in New York – und jedes Mal ist der 35-Jährige aus Germersheim hinten eingebrochen. „Da braucht man Erfahrung“, sagt er über seinen langen Weg vom jugendlichen 400-m- und 800-m-Läufer beim Karlsruher SC zum Langläufer. Und holt sie sich. Im Oktober vergangenen Jahres hat er auf Rügen seine Bestzeit 2:45:20 Stunden aufgestellt. Und wurde zum Siegerinterview gebeten. In Kandel läuft er seinen fünften Marathon.

Der London-Marathon am 28. April, einen Tag nach seinem Geburtstag, wird der nächste sein. Ein Fünf-Tages-Trip mit Frau und Kind. Über einen Reiseveranstalter hat er das Ticket mit Startberechtigung gebucht. Das sei dann zwar doppelt so teuer wie normal, aber mit dem Ticketkauf seien karitative Zwecke verbunden.

Seit Januar ist Flügel Vater. Ob er gut schlafen kann? „Das Training leidet nur minimal“, sagt er. Normal sind für ihn 120 Kilometer in der Woche. Nun komme er auf 80. Und denkt, dass es auch so für eine vordere Platzierung reichen wird.

Vorn heißt: um 2:30 Stunden. Die Startnummer 1 trägt Richard Schumacher (Sparda-Team Rechberghausen), der bei jedem seiner Starts in Kandel weit vorne lief, 2016 in 2:30 Stunden gewann. 2018 siegte Andreas Straßner (Düsseldorf) in 2:33:26 vor Schumacher. Fünfter und zum dritten Mal Pfalzmeister war Michael Ohler, wie Flügel ein Kandeler Läufer. 2:43 Stunden war Ohler unterwegs gewesen. Er bringt es fertig, auch auf Ultra-Strecken schnell zu sein. Im September 2018 lief er den Spartathlon in Griechenland. 246 Kilometer. In 29:37 Stunden.

Peng hat’s gemacht. So schnell fuhr der Schmerz ins Bein. Eva Katz vom RC Vorwärts Speyer erinnert sich gut an den Moment, der ihr beim Kandeler Marathon vor zehn Jahren den Spaß raubte: Muskelzerrung auf dem ersten Abschnitt. Etwa ein halbes Jahr Pause. Was genau es war, weiß die 43-Jährige aus Otterstadt bis heute nicht, obwohl sie, damals Triathletin, einen Arzt aufsuchte.

Läuft sie am Sonntag durch, wäre es eine Premiere. Die halbe Strecke ist sie in Kandel schon gelaufen, die Marathonstrecke noch nicht. Was ihr auch noch nicht vergönnt war: eine Zeit unter drei Stunden. 3:04 Stunden ist ihre beste Zeit auf flacher Strecke. Katz mag es lieber bergig. Im vergangenen Jahr lief sie den Jungfrau-Marathon, den Zermatt-Marathon und den Weinstraßen-Marathon.

Sie wollte im Frühjahr einen Marathon laufen – und hat sich, zehn Jahre nach dem Unglück, für den vor der Haustür entschieden. Prompt wird sie als eine Favoritin auf den Gewinn der Pfalzmeisterschaft gehandelt. Was sie im Blick auf die Anmeldungen nicht von sich weist: Yvonne Jung auch aus ihrem Verein und Lokalmatadorin Pia Winkelblech schätzt sie in etwa gleichstark ein. Sabine Zürker vom TV Dudenhofen finishte vor einem Jahr nach 3:33:47 Stunden. „Ich weiß nicht genau, was mich erwartet, mal schauen“, sagt Katz.

Auch für Sandra Fätsch vom TSV Kandel ist die Teilnahme am Bienwald-Marathon eine Premiere. Den Halbmarathon ist sie mal gelaufen, „ewig lang her“, „bestimmt sechs Jahre“. Eigentlich ist die 45-Jährige aus Hatzenbühl im Ultra-Marathon-Bereich unterwegs, den Alb-Marathon Schwäbisch Gmünd, 50 Kilometer, erledigte sie im Oktober in 4:41:06 Stunden. Hans-Jürgen Eichberger ist ihr Trainer, er hat ihr den Kandeler Marathon quasi zur Vorbereitung verordnet. Am 14. April nimmt Fätsch an der Deuschen Meisterschaft im Sechs-Stunden-Lauf in Mörfelden teil, am 21. September an der DM im 100-Kilometer-Lauf – in Kandel.

3:15 Stunden ist Fätschs Marathon-Bestzeit. Altersklassen-Pfalzmeisterin zu werden, ist schon ein Ziel, wenngleich sie anders trainiert als Mitstreiterinnen. „Ich bin eigentlich gut drauf“, sagt sie, die auf den Ultra-Strecken öfter mal mit Magenproblemen zu kämpfen hat.

Roland Schmidt vom Organisationsteam rechnet bei den Frauen die Rumänin Maria Magdalena Veliscu, die zum ersten Mal in Kandel antritt, zu den Favoritinnen. 2016 blieb sie in Dresden unter drei Stunden.

Halbmarathon

Für den Halbmarathon hat Simon Stützel (LG Karlsruhe) gemeldet, er hält seit 2016 den Streckenrekord mit 1:05:14 Stunden, obwohl er damals einige Zeit verkehrt unterwegs war und 30 Sekunden verschenkte. Die Augenblicke hat der 32-Jährige auf seiner Homepage festgehalten: „Wir steuerten auf ein Schild zu mit einem Pfeil darauf, der geradeaus zeigte mit dem Buchstaben M für Marathon, und einem zweiten Pfeil, der eine Kehrtwende anzeigte mit HM für Halbmarathon. Da ich wusste, dass der Wendepunkt kurz nach zwölf Kilometern war, drehten ich sowie meine drei afrikanischen Begleiter nach der Wende um. Selbst mein Trainer auf dem Fahrrad konnte nicht erkennen, dass über den Symbolen noch sehr klein ,200 Meter’ stand.“ Stützel: „Ich habe noch genau das grauenvolle Bild vor Augen, wie wir alle auf dieser großen Bundesstraße im Wald still standen, bevor wir realisierten, dass wir erst später wenden durften.“

Das muss man auch erst mal realisieren: Sabrina Mockenhaupt läuft tatsächlich den Halbmarathon in Kandel? Die 38-jährige, Olympia- und WM-Teilnehmerin, läuft seit gut zehn Jahren Marathon. In 1:10:54 Stunden, ihre Bestzeit, war sie 2017 in Hannover Deutsche Meisterin im Halbmarathon. Sie, die sich vom Hochleistungssport verabschieden will, betätige sich als Pacemaker, Schrittmacher, für ihre Freundin Katrin Kommer, teilte Schmidt mit. thc

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