Kreis Südliche Weinstraße Mahnende Erinnerung gegen Rechtsextremismus

Die Panzersperren bei Steinfeld sind ein bizarres Mahnmal.
Die Panzersperren bei Steinfeld sind ein bizarres Mahnmal.

Gut 80 Besucher waren am Volkstrauertag auf Spurensuche auf dem Westwallwanderweg in Steinfeld mit Umweltministerin Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen). Eingeladen hatten die Friedensakademie Rheinland-Pfalz, die Evangelische Akademie der Pfalz und die Landeszentrale für politische Bildung RLP. Im Anschluss der bereichernden Tour wurden im Rathaus ein neues Buch und eine App präsentiert.

„Westwallspaziergang im Herbst“ war die Tour betitelt, auf der Steinfeld sein bizarres Mahnmal gegen den Krieg, die besonderen „Zähne“ in der Landschaft, die Höckerlinien zeigte. Die zusammen mit dem „nassen“ Panzergraben und den überwachsenen Bunkerresten nach dem Zweiten Weltkrieg zum Biotop, Rückzugsort für bedrohte Tiere, wurden. Am Treffpunkt Wiesentalhalle begrüßten bei eisigem Wind Jana Hornberger (Friedensakademie) und Christoph Picker (Direktor der Evangelischen Akademie) die Gäste. Sie erwähnten die unterschiedlichen Facetten von NS-Geschichte und Militär, Politik, Umwelt und Tourismus ein und gewichteten die Bedeutung des Mahnmals in der Gegenwart. Umweltministerin Höfken ging auf den Volkstrauertag ein und blickte zurück auf die Anfänge des Mahnmal-Projekts. In den 1970er-Jahren habe das Land umgedacht, als aus den Ruinen wertvolles Biotop für Tiere und Pflanzen wurde. 2004 habe das Umweltministerium einen Abrissstopp aus Gründen der Verkehrssicherheit erteilt, heute stünden alle Westwallanlagen in Rheinland-Pfalz unter Denkmalschutz, seien Eigentum des Landes. „Für seinen Einsatz für die Realisierung des Projekts mit Blick auf den Naturschutz bin ich auch Kurt Beck dankbar“, betonte Höfken. Beim Westwallweg gehe es um mahnende Erinnerungskultur und gegen den Rechtsextremismus, der oft auch die Natur verherrliche. Vor allem die Jugend müsse gegenüber dem diktatorischen NS-System „mehr sensibilisiert werden“, was bereits anhand von Sommercamps und aufklärenden, nachgefragten Broschüren geschehe, sagte die Ministerin. Ein weiterer Beitrag dazu sei das neue Buch „Der Westwall in Rheinland-Pfalz“, das ihr von den Herausgebern Bernhard Kukatzki und Uwe Bader von der Landeszentrale für Politische Bildung überreicht wurde und später allen Teilnehmern zukam. Autor der Studien ist Werner Schmachtenberg. Archivar Rolf Übel führte sachkundig durch das kürzere Segment Steinfelder Westwallweg, ein Teil des „Otterbachabschnitts“, zu dem Nieder- und das umfangreichere Oberotterbach zählen. Besuchsetappen waren die Höckerlinien, der Panzergraben und überwachsene Bunkerreste auf einer Kurzstrecke von rund zwei Kilometern, die Übel an den Infotafeln und anhand von Zeitzeugen-Aussagen erläuterte. Der insgesamt 630 Kilometer lange, nicht fertiggestellte Westwall, wurde zwischen 1936 und 1940 aus rund 20.000 Bunkern, Stollen, Gräben und Höckerlinien erbaut. Er wurde von der NS-Propaganda als „unbezwingbares Bollwerk“ stilisiert. Mehr als 90 Prozent von Steinfeld, das mitten in der Angriffs- und Verteidigungslinie lag, wurden zerstört, die Bewohner dieser „Roten Zone“ waren zuvor evakuiert worden, „was die Menschen hier sehr geprägt hat“, erzählte Übel. Der auch über die Folgen von Militarisierung der verbliebenen Bevölkerung sprach, von Bunkertarnungen im Dorf, Schanzenarbeit, Krankheit, Elend und Not. Im Rathaus beim Aufwärmen gab es einen lebhaften Disput zu und über die Fragen der Veranstalter nach Aspekten des Rundwegs, gegenwarts-orientierten Themen, digitalen Ansätze und mehr. Einige Besucher fanden die Texte zu lang, den lesefaulen Jugendlichen ginge dabei die Geduld aus. Künftig sollte gerade für diese Zielgruppe mehr Haptisches eingebaut werden. Auch mehr Zeitzeugenberichte wurden vorgeschlagen. Und Übersetzungen der Texte ins Französische und Englische wurden empfohlen, ebenso mehr Gewicht auf den Nachbarn und Europa zu legen sowie einzelne Disziplinen stärker zu vernetzen. Dazu soll es am 6. und 7. Dezember eine internationale friedenswissenschaftliche Tagung in Landau geben. Der Fokus liege dabei auf dem Westwall und seinen Grenzregionen. „Es ist wichtig, alle Sparten in ein Boot zu bekommen, interdisziplinär zu arbeiten“, betonte Uwe Bader. Höfken fand, „dass Steinfeld noch ein zu verschleierter, versteckter Ort ist“, was sich ändern lasse. Sabine Geith vom Saarländischen Museumsverband zeigte anhand der Wander-App „Entdeckertouren“, wie das Projekt dort Anklang findet.

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