Kreis Germersheim Lingenfeld: Widerstand gegen Spielhallen

Wird am Montag als Spielhalle eröffnet: die ehemalige Gaststätte in der Bahnhofstraße in Lingenfeld.
Wird am Montag als Spielhalle eröffnet: die ehemalige Gaststätte in der Bahnhofstraße in Lingenfeld.

In Lingenfeld regt sich seit Monaten Widerstand gegen zwei geplante Spielhallen. Gemeinde und Bürger sind gegen die Pläne. Die Kreisverwaltung Germersheim hat den Weg für die Vorhaben jedoch freigemacht. Besonderes Aufsehen erregt das Projekt in der Bahnhofstraße, weil der Bauherr der Sohn von Landrat Fritz Brechtel ist.

Sandra Leibig wohnt mit ihrer Familie in der Bahnhofstraße in Lingenfeld. Ein paar Häuser weiter entsteht im ehemaligen Gasthaus „Zum Bahnhof“ eine Spielhalle. „Wir sind der Meinung, dass diese Stelle nicht geeignet ist, weil dort viele Schüler und junge Erwachsene vorbeigehen“, sagt Leibig und bezieht sich auf den naheliegenden Bahnhof. Sie und weitere Anwohner haben Angst vor dem Klientel, das die Spielhalle anzieht. „Hier wohnen viele junge Familien mit Kindern“, sagt die 45-Jährige. Deshalb hat sie mit zwei weiteren Familien aus ihrer Straße und der benachbarten Altspeyerer Straße eine Unterschriftenaktion gestartet. Fast 700 Bürger haben laut Leibig unterschrieben. Lingenfeld müsse nicht Klein-Las-Vegas werden, findet sie. Zumal es in der Germersheimer Straße schon eine Spielhalle gebe und in der Hauptstraße eine weitere geplant sei. Dass der Widerstand nichts bringt, enttäuscht Leibig, die mit ihren Mitstreitern bei der Kreisverwaltung in Germersheim war und in der Bauabteilung die Unterschriftenliste abgegeben hat: „Im Grunde sind wir machtlos.“ Die Kreisverwaltung Germersheim hat die Entscheidung der Ortsgemeinde, den Bauantrag für die Spielhalle in der Bahnhofstraße abzulehnen, ersetzt und die baurechtliche Genehmigung erteilt. Leibig und weitere Bürger, die sich bei der RHEINPFALZ gemeldet haben, ärgert das. Sie weisen auf den Bauherrn hin: Maximilian Brechtel, der Sohn von Landrat Fritz Brechtel (CDU). Die Kreisverwaltung erklärt auf Anfrage allgemein, dass sie die Entscheidung der Gemeinde ersetzen und den Bauantrag genehmigen müsse, wenn sie zu dem Ergebnis komme, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen rechtswidrig versagt. „Dies gilt unabhängig von der Identität für alle Antragsteller.“ Laut Kreisverwaltung liegen sowohl die Bahnhofstraße als auch die Hauptstraße in einem unbeplanten Innenbereich. Das heißt, dass es keinen Bebauungsplan gibt und die Baubehörden nach gesetzlichen Vorgaben entscheiden müssen, ob sich das geplante Bauprojekt in die Umgebung einfügt. Die Ortsgemeinde argumentiert im Fall der Bahnhofstraße, dass das Gebiet nicht überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt sei und sich eine Spielhalle deshalb nicht einfüge. Die Kreisverwaltung trägt diese Auffassung nicht und nennt als dortige Gewerbebetriebe eine Elektroinstallationsfirma, eine Gold- und Silberschmiede sowie ein Dental-Labor. Diese Betriebe seien maßgeblich für die Einstufung in den Baugebietstyp. Je nachdem, um welchen Gebietstyp es sich handelt, sind Spielhallen laut Baunutzungsverordnung zulässig oder eben nicht. Auf Nachfrage, ob es sich um ein Mischgebiet handle, in dem eine Spielhalle zulässig wäre, sagt die Kreissprecherin, dass diese Fragestellung strittig sei und im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geklärt werde. Die Ortsgemeinde Lingenfeld hat Widerspruch eingelegt und die rechtlichen Möglichkeiten eines Klageverfahrens prüfen lassen. Ortsbürgermeister Erwin Leuthner (CDU) sagt auf Anfrage, dass die Tendenz dieser Prüfung nicht positiv ausfalle. Die Gemeinde habe bei einer Klage gegen die Entscheidung der Kreisverwaltung „ganz wenig Chancen“, sagt Leuthner. Laut Kreisverwaltung wird die Genehmigung Thema im Kreisrechtsausschuss sein. Einen Termin gebe es noch nicht. Brechtel: Keine Einflussnahme Auf Anfrage äußert sich Landrat Fritz Brechtel zu dem Umstand, dass sein Sohn der Bauherr der Spielhalle in der Bahnhofstraße ist. „Mein Sohn ist erwachsen und handelt eigenverantwortlich. Er hat die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder andere Bürger auch. Zu seinen beruflichen Projekten habe ich keinerlei Verbindung irgendwelcher Art“, teilt er mit. Die Kreisverwaltung sei zuständig für die Umsetzung und Anwendung der geltenden Gesetze. „Es ist selbstverständlich, dass Mitarbeiter, gegebenenfalls nach Rücksprache mit ihren Vorgesetzten, ihre Fälle eigenständig, sachkompetent und in eigener Zuständigkeit nach Recht und Gesetz bearbeiten. Eine Einflussnahme meinerseits findet in diesem Fall in keinster Weise statt“, so Brechtel. Die in diese Richtung gehenden Unterstellungen weist er „mit aller Deutlichkeit zurück“. 

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