Kreis Südliche Weinstraße Lieber ohne Schnurrbart

Anekdoten aus 37 Jahren Profi-Fußball: Auch als Manager und Vorstandsvorsitzender war Stefan Kuntz aktiv, zuletzt beim FCK.
Anekdoten aus 37 Jahren Profi-Fußball: Auch als Manager und Vorstandsvorsitzender war Stefan Kuntz aktiv, zuletzt beim FCK.

Stefan Kuntz lässt noch auf sich warten. Dass er sich drei Tage nach der anstrengenden Länderspielreise mit der U21 – in Aserbaidschan gab es einen 7:0-, in Israel einen 5:2-Sieg – Zeit nimmt, um in Klingenmünster den Grundschülern vorzulesen, ist nicht selbstverständlich. Bis zum März stehen nun keine weiteren Pflichtspiele an. Freizeit für den Erfolgstrainer der Europameister vom Sommer? Mitnichten. Am Wochenende steht wieder die Bundesliga im Terminkalender des 55-Jährigen. Interessante Spieler beobachten, gemeinsam mit Jogi und Co. Gedanken um die Zukunft des deutschen Fußballs machen, das gehört auch zu Kuntz’ Aufgaben. Als Geschenk hat er der Schule etwas Besonderes mitgebracht. Ein gerahmtes, von allen Spielern unterschriebenes Trikot der U21-Europameister. Aber nicht nur die jungen Bundesligastars wie Nadiem Amiri, der in der Jugend selbst mal beim 1. FC Kaiserslautern kickte, Serge Gnabry oder Final-Held Mitchell Weiser sind Vorbilder für die Grundschüler. Auch der Coach macht Eindruck. Weil seine aktive Zeit schon etwas länger her ist, stellen ihn die Schülersprecher Nele und Ferdinand kurz vor. Eine kleine Bilderstrecke weckt Erinnerungen, Kuntz kommt ins Plaudern. Da waren die Anfänge als Polizeibeamter im Saarland, mit 17 Jahren sein erster Beruf, bevor er Profifußballer wurde. „Ich dachte wohl, ein Schnurrbart sieht besser aus“, sagt er mit einem Lachen. Nach dem Wechsel von Bochum auf den Betzenberg sieht er ein bisschen aus wie Rudi Völler. „Was ist besser: So wie damals oder so wie jetzt?“, fragt Kuntz in die Runde. Die Kids sind sich einig: Ohne Schnurres! Auch eine kleine Anleitung in Sachen Torjubel gibt es vom ehemaligen Stürmer. Im Kanada-Urlaub schaute er sich mal ein Eishockey-Spiel an. Nachdem ein Spieler den Puck im Tor untergebracht hatte, schlitterte er auf einem Knie und mit einer Faust jubelnd durch die Eishalle. Kuntz hat nichts verlernt und macht die Bewegung in der Schulturnhalle kurzerhand nach. „Alle haben damals gesagt, ich packe die Säge aus“, erzählt er. Andere Schnappschüsse zeigen ihn mit dem DFB-Pokal, 1991 wird er mit dem FCK sogar Deutscher Meister. Er erzählt von alten Kollegen („Was erlauben Struntz?“), auch der Queen durfte er die Hand schütteln. Das nächste Bild erklärt dann, warum er heute ausgerechnet in Klingenmünster ist: Bei einem Fantreffen des FCK lernte er damals Elke Moch kennen, die heute stellvertretende Fördervereinsvorsitzende der Grundschule ist. Der Kontakt blieb über die Jahre erhalten, auch Mochs Jungs, die schon auf die weiterführenden Schule gehen, sind heute dabei. „Wir sind immer Freunde geblieben“, sagt der Trainer. Als die Anfrage kam, beim Vorlesetag mitzumachen, sagte er kurzerhand zu. Bereits zum 14. Mal gibt es diese bundesweite Aktion, die die Zeitung „Die Zeit“, die Stiftung Lesen und die Deutsche-Bahn-Stiftung gemeinsam organisieren. Mehr als 120.000 Teilnehmer sind es in diesem Jahr. Denn: Vorlesen hat einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Kinder. „Wir sind uns bewusst, wie wichtig die Lesekompetenzen unserer Kinder für deren Zukunft sind“, weiß auch Schulrektorin Andrea Seither. Und wenn dann auch noch ein echtes Fußball-Idol zum Lesen anregt, kann das ja nur gut gehen. Also packt Kuntz seine Lesebrille aus und liest. Erst die Geschichte von der großen Wörterfabrik, in der Paul Marie sagen möchte, wie gern er sie hat. Aber ihm fehlen die Worte, mehr als die Wörter „Kirsche“, „Staub“ und „Stuhl“ kann er sich nicht leisten. Oskar, quasi Pauls Erzfeind, ist wesentlich selbstbewusster und erzählt Marie, dass er sie heiraten möchte. Marie zieht es aber zu Paul hin, und als er sich endlich traut und seine drei Wörter ausspricht, gibt sie ihm einen Kuss auf die Wange. Paul taut auf und erinnert sich an ein Wort, dass er sich genau für diesen Moment aufgehoben hat: „nochmal“. Die zweite Geschichte hat Kuntz selbst mitgebracht. Es ist das Lieblingsbuch von Enkelin Kayleigh. „Na klar kann Lotta Fahrradfahren“, heißt die Geschichte, die er mit viel Witz vorliest. Am Ende geht trotz Sturz alles gut für Lotta aus, und die Grundschüler haben ihren Spaß. Im Anschluss dürfen Fragen gestellt werden. Und es gibt Autogramme. „Kannst du noch gut spielen?“, traut sich einer. „Für dich reicht es noch“, sagt der Profi, lacht und macht einen Vorschlag: Wenn sich irgendwann einmal die Möglichkeit ergibt, will er die Schule zu einem Spiel der U21 einladen. Die hat noch ein besonderes Weinpräsent für ihren Promi-Gast: Winzer Ingo Mathis aus Klingenmünster hat als B-Jugendlicher mal unter Kuntz beim FCK trainiert.

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