Landau Landauer Ausbildungsmesse: „Studium nicht der Königsweg“

Oliver Reinhold (links) und Christoph Hesselbarth haben sich für einen Handwerksberuf entschieden: beim Sanitär-Heizungs- und Kl
Oliver Reinhold (links) und Christoph Hesselbarth haben sich für einen Handwerksberuf entschieden: beim Sanitär-Heizungs- und Klima-Betrieb Friedel und Ulmer in Landau.

Handwerk mit Nachwuchsproblemen - Viel Überzeugungsarbeit soll die Wende einleiten

Handwerk hat goldenen Boden. Dumm ist nur, dass den keiner mehr beackern will. Es fehlt an Fachkräften und Nachwuchs. Das sagt Klaus Seiferlein, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Südpfalz-Deutsche Weinstraße und kündigt verstärkte Anstrengungen an, dies zu ändern. Die nächste Gelegenheit dazu besteht bei der Ausbildungsmesse am Freitag und Samstag in der Landauer Festhalle. „Von 1999 bis 2017 hat es etwa 30 Prozent weniger Auszubildende gegeben. Wir haben zwei bis drei Prozent pro Jahr verloren“, sagt Seiferlein, der zwei Ursachen ausgemacht hat: den demografischen Wandel und den Trend zum Studium als vermeintlichem Königsweg. „Die Jugendlichen, die in die Ausbildung hätten streben können, wurden nie geboren. Daran ändern wir nichts“, sagt Seiferlein. Umso mehr gelte es, für die duale Berufsausbildung zu werben, „denn es gibt viele erfüllende Tätigkeiten im Handwerk“. Das bestätigt einer, der es wissen muss: Kreishandwerksmeister Martin Eichhorn aus Nußdorf hat Mathe und Physik studiert und ist erst nach dem ersten Staatsexamen in den elterlichen Malerbetrieb zurückgekehrt. „Ich habe es noch keinen einzigen Tag bereut“, sagt er. „Man ist schnell finanziell unabhängig“, und wer seinen Weg zielstrebig verfolge, komme rasch in Führungspositionen oder könne einen Betrieb übernehmen oder neu gründen. Das Handwerk will nun verstärkt um Abiturienten werben, die nicht nur verkürzte Ausbildungen absolvieren, sondern auch viel Befriedigung und soziale Wertschätzung aus ihrer Arbeit ziehen könnten. „Ausbildung vermittelt eine Lebenstüchtigkeit und Reife, die das Studium nicht so früh bringt“, ist der studierte Jurist Seiferlein überzeugt. „Wir müssen auch bei den Eltern das Denkmuster durchbrechen, dass die Kinder studieren müssen. Das ist ein ganz dickes Brett.“ „Das Handwerk kann mit den Industrielöhnen nicht mit“, räumt der Geschäftsführer ein – aber es zahle auch nicht schlecht. 4200 Euro brutto seien für einen Vorarbeiter drin, Tendenz steigend „nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage“. Im Übrigen müsse man das Gesamtpaket sehen: viel Abwechslung, Kundenkontakte und ein positives Feedback. „Wir sind viel flexibler als die Industrie. Die fremdbestimmte Zeit ist viel geringer“, ergänzt Eichhorn; er achte strikt darauf, dass es kaum Überstunden gebe und das Wochenende für die Mitarbeiter frei bleibe. Und dann sei da noch der Riesenvorteil, dass man nur kurze Anfahrtszeiten zum Betrieb habe, sich nicht täglich durch Karlsruhe quälen oder weit pendeln müsse. Und den Firmenwagen gebe es unter Umständen auch noch dazu. „Man kann in seiner Region bleiben und da was leisten“, sagt Dagmar Loer, frühere Geschäftsführerin der Neustadter Tourist GmbH, die seit Anfang des Monats die Geschäftsstelle in Neustadt leitet und sich um den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und insbesondere um die Nachwuchsgewinnung kümmert. Mit 25 im eigenen Häuschen zu leben und eine Familie zu gründen, sei im Handwerk gut möglich. Loer hält den hohen Technologisierungsgrad und die Digitalisierung für reizvolle Herausforderungen, die es im Handwerk zu meistern gelte. Handwerksberufe, bei denen dies eine besondere Rolle spielt, hätten tendenziell auch weniger Probleme, berichtet Seiferlein: Das Kraftfahrzeuggewerbe sei weitgehend stabil, der Elektrobereich habe seine Ausbildungszahlen sogar steigern können. Aber generell gelte ohnehin: Wer sich gut um seine Praktikanten und Azubis kümmere, „der hat auch immer welche, denn die Jugendlichen erzählen das untereinander weiter“. Die Sanitär-, Heizungs- und Klima-Innung hat zudem mit ihrer Kampagne „Jungheizer“ gute Erfahrungen gemacht (wir berichteten). Info und Termine —Ausbildungs- und Hochschulmesse der Agentur für Arbeit am Freitag von 13 bis 18 Uhr und am Samstag von 10 bis 15 Uhr in der Landauer Festhalle, Mahlastraße 3. Infos unter www.ausbildungsmesse-landau.de —Ausbildungsmessen am Donnerstag, 17. Mai, an der Realschule plus in Maikammer und am Samstag, 5. Mai im Pamina- Schulzentrum Herxheim. —Infos im Internet unter www.handwerk.de

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