Landau Landau: Wirbel um Lebenshilfe

Die Lebenshilfe ist auch Trägerin der Südpfalzwerkstatt.
Die Lebenshilfe ist auch Trägerin der Südpfalzwerkstatt.

Georg Rothöhler kandidiert am Montag erneut als Vorsitzender der Lebenshilfe. Landaus Oberbürgermeister Thomas Hirsch war als sein Stellvertreter im Gespräch. War. Auf jeden Fall will Bürgermeisterin Hedi Braun aus Herxheim kandidieren. Derweil klagt Ex-Geschäftsführer Heiner Dahl. Eine Geschichte mit vielen Fragezeichen.

Es geht um Posten, Vorwürfe, möglicherweise um „Affären“: Es gab schon bessere Zeiten für die Lebenshilfe Landau/Südliche Weinstraße. Der Verein und seine von ihm getragenen Einrichtungen – dazu zählt beispielsweise die Südpfalzwerkstatt – sind in die Schlagzeilen geraten. Um diese Geschichte mit ihren verschiedenen Handlungsebenen und sehr vielen Fragezeichen zumindest im Ansatz verstehen zu können, sollte man mit dem Vorfall beginnen, der eine öffentliche Diskussion über die Lebenshilfe in Gang gesetzt hat: die Entlassung von Geschäftsführer Heiner Dahl. Rückblick: Während die deutsche Fußballnationalmannschaft in Russland ihren Untergang vorbereitet, teilt die Lebenshilfe in einer Presseerklärung mit, Gremien der Institution hätten Dahl gekündigt (wir berichteten am 23. Juni). Gründe sind in dem Schreiben nirgends zu finden. Schnell kursiert das Gerücht, der Auslöser für die Entlassung sei ein Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Landau, in dem das Arbeitsverhältnis von Rothöhlers Sohn mit der Offene Hilfe gGmbH mit einem Vergleich beendet worden war. Diese Gesellschaft für ambulante Dienste ist eine Einrichtung der Lebenshilfe. Deren Geschäftsführer war zum Zeitpunkt der Kündigung Dahl. Dieser war auch verantwortlich für das Konrad-Lerch-Wohnheim für Behinderte und den Förderkindergarten Südpfalz. Rothöhler, der in den auf wenige Personen beschränkten Aufsichtsgremien dieser drei Gesellschaften vertreten war, hatte auf Anfrage betont, dass der Rauswurf des Geschäftsführers nichts mit seinem, Rothöhlers, Sohn zu tun habe. Dahl selbst wollte sich damals nicht dazu äußern, sein Anwalt habe abgeraten.

„Eine glatte Lüge“

Jetzt gibt es neue Entwicklungen: Nach Informationen der RHEINPFALZ soll Dahl Klage gegen seine Kündigung eingereicht haben. Das bestätigt das Landgericht Landau auf Anfrage, das bei solchen Arbeitsverhältnissen zuständig ist. Dahl sagt, er klage gegen die drei Gesellschaften, für die er gearbeitet habe. „Nicht gegen die Lebenshilfe. Das will ich betonen. Ich bin Mitglied der Lebenshilfe, und das werde ich auch bleiben.“ Was sagt die Führungsebene zu der ganzen Angelegenheit? Lebenshilfe-Vorsitzender Georg Rothöhler und die Geschäftsführerin der fünf Gesellschaften der Lebenshilfe, Marina Hoffmann, sitzen am Donnerstag im Konferenzraum der Lokalredaktion in Landau. Rothöhler sagt, eine Kontrolle eines Wirtschaftsprüfers habe den Fall ins Rollen gebracht, dessentwegen Dahl nach 18 Jahren als Geschäftsführer am Ende gekündigt worden ist. Rothöhler spricht von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Gebrauch eines Dienstwagens. Näher möchte er sich nicht äußern. Nur so viel noch: Eine Anwältin sei beauftragt worden, gegen Dahl Strafantrag wegen Untreue zu erstatten. Dahl sagt dazu auf Nachfrage, bei den Vorwürfen handele es sich um „eine glatte Lüge“. Rothöhler solle ihm endlich persönlich präzisieren, was er ihm, Dahl, vorwerfe, „damit ich die Sache klarstellen kann“.

Verantwortlich für rund 600 Mitarbeiter

Die Geschichte ist offenbar auch außerhalb der Chefetagen Thema. Darauf deuten anonyme Briefe hin, die in regelmäßigen Abständen im Briefkasten der RHEINPFALZ landen. Manche Autoren greifen Rothöhler und Hoffmann scharf an. Es ist die Rede von psychischer Gewalt gegenüber Mitarbeitern, von Geldverschwendung und Maulkörben. Der RHEINPFALZ liegen dafür keine Beweise vor. „Wir haben hundert Prozent Rückendeckung“, sagt Rothöhler. Das sei bei den jüngsten Mitarbeiterversammlungen deutlich geworden. Ihnen gegenüber habe sich kein Mitarbeiter negativ geäußert. Es habe in der letzten Zeit lediglich eine Kündigung gegeben, die habe andere Gründe gehabt. Am Montag wird Rothöhler bei der Mitgliederversammlung der Lebenshilfe – sie zählt nach eigenen Angaben rund 350 Mitglieder und ist verantwortlich für rund 600 Mitarbeiter, die mehr als 800 Familien begleiten – erneut für den Posten des Vorsitzenden kandidieren. Gewählt würde der Landauer für weitere vier Jahre, seit 32 Jahren hat er den Posten inne, seit 45 Jahren ist er für die Lebenshilfe aktiv. Der 76-jährige Pensionär möchte sich nach eigenen Angaben zurückziehen. Deshalb kommt der Stellvertreterposition im Vorstand eine besondere Bedeutung zu, ist diese doch das Sprungbrett für den Vorsitz. Seit einiger Zeit war kolportiert worden, Landaus Oberbürgermeister Thomas Hirsch (CDU) solle zum stellvertretenden Lebenshilfe-Vorsitzenden gewählt werden. Rothöhler erklärt nun, das sei nicht möglich. Grund sei ein neuer Ehrenkodex, den die Mitglieder auf Weisung der Lebenshilfe-Landesebene im April beschlossen hätten. Danach müssen Vorstandsmitglieder Interessenkonflikte vermeiden. Weil Hirsch Oberbürgermeister und die Stadt Landau Kostenträger von Lebenshilfeeinrichtungen seien, würde seine Wahl mit der neuen Satzung kollidieren. Das habe ihm ein Anwalt bestätigt, den er mit der Prüfung des Falls beauftragt habe, sagt Rothöhler. Auf die Frage, warum das erst wenige Tage vor der Mitgliederversammlung bekannt werde, obwohl er, Rothöhler, selbst Jurist sei und zwischen dem Satzungsbeschluss und der Bekanntgabe der Nachricht ein halbes Jahr liege, sagt er: „Dahinter steckt keine Choreografie, das hat sich so ergeben.“

"Werde ich nicht für ein Vorstandsamt kandidieren"

Wie reagiert Hirsch? Auf Anfrage der RHEINPFALZ teilt er mit: Er sei im Vorfeld der Mitgliederversammlung gefragt worden, ob er sich vorstellen könne, ein Amt im Vorstand der Lebenshilfe zu übernehmen. Er habe seine Bereitschaft erklärt, „weil sich die Lebenshilfe derzeit in einer herausfordernden Situation befindet – durch die Auseinandersetzung mit dem bisherigen Geschäftsführer, durch die Notwendigkeit, die neue Organisationsstruktur umzusetzen und nicht zuletzt aufgrund des Vorhabens, im ehrenamtlichen Vereinsvorstand einen guten Generationswechsel sicherzustellen.“ Es sei von vornherein klar gewesen, dass es mit Blick auf seine Funktion als städtischer Sozialdezernent und mögliche Interessenkonflikte nur ein zeitlich befristetes Engagement hätte sein können. Aus dem Rechtsgutsachten ergebe sich leider, dass auch eine vorübergehende Mitarbeit im Vorstand mit dem Kodex der Lebenshilfe nicht vereinbar sei. „Insofern werde ich nicht für ein Vorstandsamt kandidieren.“ Schon vor Längerem hat laut Rothöhler Hedi Braun Interesse an dem Amt bekundet. Sie sei bereits seit 2016 kooptiertes Mitglied des Vorstands, hat damit zwar kein Stimmrecht, aber eine beratende Funktion. Die parteilose Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Herxheim bestätigt auf Anfrage, sie wolle das Amt antreten, falls sie gewählt werde. Sie sei auch gefragt worden, ob sie sich vorstellen könne, Rothöhler irgendwann als Vorsitzende zu beerben. „Das kann ich mir vorstellen“, betont Braun. Marina Hoffmann ist inzwischen Geschäftsführerin aller fünf Lebenshilfe-Gesellschaften: Neben der Südpfalzwerkstatt leitet sie nun auch das Integrationsunternehmen, zu dem das Hotel Kurpfalz in Landau und der Cap-Markt in Herxheim zählen. Das ist laut Rothöhler und Hoffmann das Ergebnis einer Reform der Organisationsstruktur, die die Mitgliederversammlung ebenfalls im April beschlossen habe. Damit ist Hoffmann eine mächtige Frau. „So kann man das sagen“, lautet ihre Antwort.

G. Rothöhler
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T. Hirsch
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M. Hoffmann
M. Hoffmann
H. Braun
H. Braun
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