Landau Landau: Plakatekleber muss wohl in keine Klinik

Staatsanwalt Bastian Rothmann und der 54-jährige Angeklagte (hinten).
Staatsanwalt Bastian Rothmann und der 54-jährige Angeklagte (hinten).

Im Prozess gegen den Plakatekleber von Landau hat der Staatsanwalt gestern eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gefordert. Eine Klinikeinweisung hält er für unverhältnismäßig. Ein Gutachter sprach von einer hohen Rückfallgefahr des 54-jährigen Angeklagten.

Nicht als Täter, sondern als Opfer sieht sich der 54-jährige Landauer, der an zahllosen Stellen des Stadtgebiets Plakate geklebt hat und der sich deshalb vor dem Landgericht verantworten muss: Er sagte gestern Nachmittag in seinem Schlusswort, dass es nicht angehen könne, dass Politik und Behörden Narrenfreiheit hätten und Straftaten begehen könnten, während Whistleblower wie er weggesperrt würden. Er sei nicht krank, sondern habe mit Intelligenz, Arbeit und Leistung Missstände beim damaligen Arbeitsamt aufgedeckt.

Verschwörungstheorien entwickelt

Professor Henning Saß, der psychologische Gutachter, hatte am Vormittag ausgeführt, dass der Angeklagte spätestens 1993 gravierend auffällig geworden sei und Verschwörungstheorien entwickelt habe. Saß sprach von einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis. Was den Knick im Lebenslauf ausgemacht habe, sei nicht mehr zu ermitteln. Die Krankheit habe sich verfestigt, weil sich der Angeklagte jeder Therapie entzogen habe. Eine organische Ursache wie einen Hirntumor, Syphilis, eine Hirnhautentzündung oder eine Pilzinfektion schloss er auf Nachfrage von Rechtsanwältin Eva Furtwängler aus. Andererseits, so Saß, könne der Mann sein Verhalten steuern: Er habe zugesagt, keine Hakenkreuze mehr zu verwenden, Privatleute zu verschonen und bestimmte Verkehrsschilder nicht zu bekleben, und das im Großen und Ganzen eingehalten. Der Angeklagte stufe seine eigene Werteordnung allerdings auch höher ein als das Gesetz. Die Prognose für den Mann sei schlecht, weil er selbstgerecht, überheblich und frei von Zweifeln sei. Er werde mit hoher Wahrscheinlichkeit in seinem Tun fortfahren, wenn er keine härteren Konsequenzen zu spüren bekomme. Immerhin habe ihn seine Klinikeinweisung 2012 so tief beeindruckt, dass er danach ein Jahr lang nichts gemacht habe.

Einweisung nicht verhältnismäßig

Staatsanwalt Bastian Rothmann sagte, der voll geständige Angeklagte sei zwar psychisch krank, aber eine Einweisung in die Psychiatrie aufgrund von Bagatell-Straftaten wäre unverhältnismäßig. Die zunächst angenommene Schadenshöhe – in der Anklage war von rund 23.000 Euro in 38 Fällen die Rede – habe sich nicht bestätigt. Die angeklagten Fälle seien aber auch „nur die Spitze des Eisbergs“. „Er ist lästig“, sagte Rothmann über den Plakatierer, aber gefährlich sei er nicht. Wirklich wichtige Verkehrsschilder seien allein aufgrund ihrer Form auch im überklebten Zustand erkennbar, daher müsse man „die Kirche im Dorf lassen“. Die Bedeutung der Taten sei nicht so groß, dass sie einen Eingriff in die Freiheit des Mannes rechtfertigen würde.

Schuldunfähigkeit ausgeschlossen

Der Angeklagte sei zwar nur bedingt steuerungsfähig, aber Schuldunfähigkeit könne ausgeschlossen werden. Immerhin habe er auf eine Gefährderansprache durch die Polizei, eine Hausdurchsuchung und den jetzigen Prozess reagiert, indem er seine Aktionen zeitweise unterlassen habe. Der Staatsanwalt wunderte sich, dass Geschädigte wie die Stadt Landau nicht zivilrechtlich gegen den Mann vorgehen und auf Schadenersatz klagen, weil ihn auch das beeindrucken könnte. Rothmann forderte eine Strafe, die einen Effekt erziele. Eine Geldstrafe scheide damit aus. Und eine Haftstrafe müsse so lang sein, dass sie auch eine Sozialtherapie ermögliche. Für Verteidigerin Eva Furtwängler ging es darum, eine Unterbringung in einer Klinik zu verhindern. Sie stimmte dem Staatsanwalt in allem zu, lediglich das geforderte Strafmaß halte sie für zu hoch. Die Idee, dass im Strafvollzug eine Therapie ermöglicht werde, sei utopisch. Das sei schon schwierig bei motivierten Häftlingen, aber ihr Mandant habe keinen Leidensdruck Termin Das Urteil wird am Freitag um 11 Uhr gesprochen.

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