Landau Landau: Katerstimmung im Weinkontor

Für Michael Mury und Corine Berrevoets ist im Dezember im Weinkontor Schluss: „Man schafft und schafft, und es bleibt nichts hän
Für Michael Mury und Corine Berrevoets ist im Dezember im Weinkontor Schluss: »Man schafft und schafft, und es bleibt nichts hängen.«

Das Restaurant in null 41 auf dem ehemaligen Gartenschaugelände schließt zum Jahresende, die Paulaner-Stuben am Donnerstag.

Das Weinkontor steht seit vier Jahren im ehemaligen Kasernengebäude für gehobene Gastronomie. Ohne Vorbestellung ist eigentlich selten einer der 80 bis 100 Plätze zu ergattern. Nur an der Bar können die Gäste unangemeldet auf ein Plätzchen hoffen. Das Lokal geht gut, der Erfolg gibt dem Konzept des Tandems Berrevoets/Mury recht. Die Nachricht vom Aus kam überraschend.

"Wirtschaftlich für zwei Familien nicht darstellbar"

„Wir sind nicht pleite oder insolvent, wir haben auch keinen Streit“, bringt die 48-jährige Niederländerin es auf den Punkt. „Der Betrieb ist wirtschaftlich für zwei Familien nicht darstellbar.“ Hauptproblem ist laut Berrevoets und Mury, qualifiziertes Personal zu bekommen. Damit stehen die Weinkontor-Betreiber nicht allein. Auch andere Gastwirte in Landau klagen darüber. Mury kocht mit Leidenschaft. Seine Speisekarte ist kreativ, die Speisen werden frisch zubereitet. Das ist aufwendig. Und könne nicht zu Preisen angeboten werden, wie Franchise-Unternehmen à la McDonald’s Frischwaren anböten, betont der 46-Jährige. „Dafür, wie wir unsere Gastronomie führen wollen, sehen wir keine Zukunft, um davon im Alter leben zu können.“

"Man kann nicht mehr als arbeiten"

Schweren Herzens hätten sie nach langen Diskussionen im Dezember beschlossen, den Pachtvertrag nicht zu verlängern. Er läuft zum Jahresende 2018 aus. Gegen eine Pachterhöhung hätten sie auch im Ein-Jahres-Rhythmus verlängern können, wollten es aber nicht. Zu monatlichen Fixkosten oder der Pacht möchten sich die beiden nicht äußern. Zweimal habe die Stadt Schankerlaubnissteuer kassiert – zuvor für das Lokal in Mörzheim. Zweimal hätten sie die Mindestlohngesetzgebung nachvollzogen. „Man kann nicht mehr als arbeiten“, betont Berrevoets, die den Schritt sehr bedauert. „Wir haben Erfolg, es läuft gut, es ist schön.“ Wenn sie daran denke, habe sie Tränen in den Augen. Sie wisse nicht, ob sie sich in der Gastronomie der Region noch einmal selbstständig mache. Auch Mury hat noch keinen Plan, wie es weitergehen soll. Als Koch werde er wohl nicht mehr arbeiten, sagt er.

Paulaner: Zu wenig zuverlässiges Personal

Berrevoets und Mury hatten vor 13 Jahren in Mörzheim ihr Weinkontor eröffnet und waren schnell zum Geheimtipp avanciert. Ihre mediterrane Küche mit asiatischem Einschlag fand mehr Liebhaber als das kleine Lokal Stühle hatte. Schon damals ging auf den 40 Plätzen nichts ohne Reservierung. Das alte Gemäuer im null 41 bot eine neue Chance. Saniert und eingerichtet vom Landauer Architekturbüro Werkgemeinschaft, der das Gebäude gehört und die im Obergeschoss ihre Arbeitsräume hat, entstand ein ganz besonderes Ambiente. Im Sommer 2015 war das Weinkontor das gastronomische Highlight der Landesgartenschau. Immer Saison haben auch die Paulaner-Stuben am Weißquartierplatz in der Landauer Innenstadt. Dort hat Michael Mayer heute seinen letzten Tag. Der 63-Jährige, der 2009 aus Niedersachsen nach Landau kam und dort das Backwerk mitaufgebaut hat, schenkte im Paulaner fast vier Jahre aus. Weil er zu wenig zuverlässiges Personal findet, zieht er die Reißleine. Er könne seiner Köchin Sabine König den Knochenjob nicht länger zumuten, sagt er. Sie bekomme Angebote ohne Ende, das spiegele die Situation auf dem Markt wider. Außer ihr hat Mayer sechs Aushilfen am Start.

"Meerweibchen"-Wirtin geht an den Weißquartierplatz

Der gelernte Kaufmann sucht nun selbst eine Arbeit, künftig zapft er nur noch aushilfsweise in Edenkoben. In der Gastronomie herrsche zuweilen ein hektischer, rauer Ton, sagt Mayer und ergänzt, damit könne nicht jeder umgehen. Da kann es passieren, dass ein Mitarbeiter die Schürze ablege und einfach gehe. Das habe er gehört, nie selbst mitgemacht. Mayer ist mit Herzblut Kneipier, er hat durchgehend von vormittags bis abends spät geöffnet. „Man kann hier gut davon leben, wenn man richtig bei der Sache ist.“ Richtig bei der Sache heißt in seinem Fall: 350 Stunden im Monat, Einkäufe und andere Erledigungen für den Betrieb nicht eingerechnet. Er sei ein bisschen arbeitskrank, pflichtbewusst halt. Sein Lohn betrage umgerechnet 10 Euro netto die Stunde. „Ich habe keine Zeit, das Geld auszugeben.“ Der Betrieb im Paulaner geht nahezu nahtlos weiter. Die Albanerin Besime Tahiri, die bislang das Lokal „Zum Meerweibchen“ führte, zieht an den Weißquartierplatz um. Die Werkgemeinschaft möchte am gastronomischen Angebot im null 41 nicht rütteln, erläutert Jürgen Sebastian, es habe sich gut etabliert. Er ist zuversichtlich, neue Pächter zu finden.

Michael Mayer
Michael Mayer
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