Kreis Germersheim Kandel: Ein Drittel der Schüler kann nicht richtig schwimmen

Schwimmkurs für Realschüler im Waldschwimmbad Kandel.
Schwimmkurs für Realschüler im Waldschwimmbad Kandel. Foto: van

„Der Körper muss immer gestreckt sein, sonst geht ihr unter“, erklärte Jens Willich, Lehrer an der Realschule plus Kandel, seinen Schützlingen. Die Schule macht schon im zweiten Jahr nach dem Ende der regulären Schulzeit aus Nichtschwimmern (fast) sichere Schwimmer.

Es sei erschreckend, dass etwa ein Drittel der Schüler der Klassenstufe fünf an der Realschule plus Kandel nicht schwimmen kann, merkte Willich an. Den Eltern dürfe man deswegen aber keinen Vorwurf machen, es sei immer schwieriger einen Schwimmkurs zu finden, die Plätze seien rar und begehrt. Diesen Eindruck bestätigte auch Elfi Ziegler, Leiterin der Geschäftsstelle des Turnerschaft Germersheim. Die Wartelisten seien lange und die Kurse immer ausgebucht, so Ziegler. Ziegler sieht die Gründe dafür an den hohen Anforderungen für die Übungsleiter, zudem seien die Bäder auch immer stark frequentiert. Mit der Schließung des Hallenbads Rülzheim habe sich die Situation noch verschlechtert.

Hallenbäder fehlen an allen Ecken und Enden

Markus Jung, zweiter Vorsitzender der DLRG Ortsgruppe Kandel, berichtete, dass auch sie lange Wartezeiten haben. Die Nachfrage sei deutlich größer, als das, was die Ortsgruppe Kandel mit ihren begrenzten Kapazitäten leisten könne. Jung betonte, die Ortsgruppe Kandel hätte wesentlich mehr Kindern das Schwimmen beibringen können, als das „Moby Dick“ in Rülzheim noch geöffnet hatte. Es sei schwer, freie Schwimmbahnen zu den Zeiten zu bekommen, zu denen die ehrenamtlichen Helfer die Kinder trainieren können. Grund dafür ist laut Jung ganz klar der Bädermangel.

Die Teilnahme an Schwimmkursen ist freiwillig

Aus der Not heraus entschied die Realschule sich dazu, selbst den Kindern das Schwimmen beizubringen. „Letztes Jahr haben wir ein Pilotprojekt gestartet, bei dem wir den Schülern der 5. Klasse das Schwimmen beibringen wollten. Es hat fantastisch funktioniert“, erzählte Iris Wittker begeistert. Die Schulleitung habe die nötigen Ressourcen zu Verfügung gestellt und es hätten sich Lehrer gefunden, die das Projekt betreuen können, erklärte Wittker. Die Teilnahme ist freiwillig, sowohl für die Schüler der Ganztagsschule als auch für die Schüler des regulären Schulbetriebs. Der zehnjährige Lukas zeigte sich begeistert von dem Projekt: „Ich finde es gut, dass wir uns beim Schwimmen verbessern können, das ist besser als die Hausaufgabenstunde. Ich selbst habe aber schon das Seepferdchen“, sagte Lukas stolz. Nicht alle Teilnehmer am Projekt sind reine Nichtschwimmer.

Seepferdchen soll mindestens geschafft werden

Es gibt fortgeschrittene Teilnehmer wie Lukas, die ihrer Schwimmfähigkeit mit dem Seepferdchen belegen können und sogenannte Halbnichtschwimmer, die zwar schon etwas schwimmen können, aber kein Seepferdchen besitzen. Die Kinder, die schon schwimmen können, sollen gegen Ende des Schuljahres das Schwimmabzeichen in Bronze machen. Die Realschule hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: alle teilnehmenden Kinder sollen bis zum Ende der Freibadsaison mindestens das Seepferdchen vorweisen können, so Willich. Das sei realistisch aber auch notwendig, da die Kinder durch ihr fortgeschrittenes Alter bessere, motorische Fähigkeiten hätten. Man käme dann mit etwa der Hälfte der notwendigen Stunden aus, so Wittker. Notwendig sei es vor allem darum, weil es der Realschule nicht möglich ist, den Schwimmunterricht ganzjährig anzubieten, es fehle vor allem an Kapazitäten in den umliegenden Hallenbädern. Wenn die Schüler schwimmen können, könnten auch Wandertage am Wasser stattfinden, so Willich.

Einwurf: Verantwortung übernommen

Es ist katastrophal, dass ein Drittel der Schüler der Klassenstufe fünf an der Realschule Kandel nicht sicher schwimmen können. Umso lobenswerter ist es dagegen, dass die Schule die Verantwortung übernimmt und auf diese Zahlen reagiert. Und das trotz ihrer eingeschränkten Möglichkeiten. Wenn die Kinder schwimmen können, sind dadurch nicht nur Wandertage am Wasser möglich, man vermeidet damit auch Badeunfälle. Der Schule müssten jedoch mehr Ressourcen zur Verfügung stehen, um die Schwimmfähigkeit der Kinder noch weiter zu verbessern. Nur weil man es einmal geschafft hat, mit Ach und Krach 25 Meter im klaren Schwimmbadbecken zu schwimmen, heißt das noch lange nicht, dass man ein sicherer Schwimmer ist. Fatal wäre es, wenn noch mehr Bäder geschlossen werden würden.

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