Kreis Südliche Weinstraße Gommersheim: Mordprozess mit Option Unfall

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Gommersheim: Ermittlungen der Polizei und ein Beweisantrag der Verteidigung prägten den vierten Tag im Mordprozess vor dem Landauer Landgericht. Einem 35-Jährigen wird geworfen, in Gommersheim den Lebensgefährten seiner Mutter absichtlich tot gefahren zu haben. Nun soll ein Gutachter klären, ob es auch ein Unfall gewesen sein könnte.

Die Frau, deren Freund nicht mehr lebt, und der beschuldigte Sohn sind eine Herz und eine Seele. Sie lächeln sich zu, als ob nichts passiert wäre. In einer Verhandlungspause läuft die Mutter zu ihm hin, streichelt seine Hände und spricht ihm Mut zu. Diese Frau ist es auch, die den Verteidigern des Angeklagten, Stefan Beck und Hannes Linke, das Futter für einen überraschenden Beweisantrag geliefert hat: ein Werkzeugkasten.

Gutachter soll Option untersuchen

Dieses unscheinbare graue Plastikkistchen könne quasi schuld gewesen sein, dass der Angeklagte am 12. Oktober vergangenen Jahres im Amselweg in Gommersheim kurz nach 17 Uhr den Freund seiner Mama umgefahren und tödlich verletzt haben soll. Denn dieses Kistchen habe sich in dem blauen Transporter wohl auf unheilvolle Art und Weise mit dem Gaspedal verklemmt. So könne der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug verloren haben, was die Anklage der Staatsanwaltschaft auf Absicht, Heimtücke und Mord als nicht haltbar erscheinen ließe. So die Theorie der Verteidigung. Gestützt sieht sie diese damit, dass der Angeklagte – was bisher nicht bekannt war – kurz nach seiner Flucht vom Tatort von der Wohnung seiner Schwester aus die Polizei per Notruf verständigt habe. Darin habe er anklingen lassen, dass ihm in dem Wohnviertel, quasi vor seiner Haustür, ein schlimmer Unfall passiert sei, weil sich beim Autofahren der rechte Fuß verklemmt habe. Nachdem Rechtsanwalt Linke das Werkzeugkistchen auf dem Tisch vor dem Vorsitzenden Richter Jörg Bork platziert hat, folgt der Beweisantrag, einen Gutachter diese Option untersuchen zu lassen. Garniert wird das alles mit Fotos, die von der Mutter des Angeklagten stammen, die diese Situation des Pedalverklemmens in dem Tatfahrzeug nachgestellt hat.

Erste Große Strafkammer in Terminnot

Nach der Billigung des überraschenden Beweisantrags kommt die Erste Große Strafkammer in Terminnot. Alle Prozessbeteiligte unter einen Hut zu bringen, ist schon sehr schwierig, stöhnt denn auch Vorsitzender Richter Bork. Doch es scheint zu klappen. Schon heute Morgen treffen sich der Gutachter und die Mutter des Angeklagten in der Röderstraße, wo das Tatfahrzeug in einer Halle untergebracht ist. Damit auch alles akribisch zurückverfolgt werden kann, wird der Sachverständige auch die Schuhe des Beschuldigten unter die Lupe nehmen. Diese so schnell wie möglich aus der Aservatenkammer zu besorgen, wird Sache von Staatsanwalt Johannes Bader sein. Bei der Anhörung der in den Fall eingebundenen Polizeibeamten wurde deutlich, dass es viele Beteiligte gab und nicht alles gebündelt dokumentiert wurde. Zum Beispiel lagen keine detaillierten Ergebnisse einer angeordneten Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten sowie des Tatfahrzeugs vor. Gesichert ist nach Angaben der Zeugen, dass im Amselweg mit dem Transporter der Marke Fiat Ducato der 50-jährige Lebensgefährte umgefahren wurde, der gerade dabei war, sein Auto auszuräumen. Danach soll der Angeklagte einfach weiterfahren sein und nach etwa 100 Metern gewendet haben. Nach seiner Rückkehr zum Unfallort suchte er das Weite. Das Tatfahrzeug wurde etwa 600 Meter weiter in den Kreuzäckern entdeckt. Die Fotos der Kriminaltechnik zeigen auch einen verrutschten Sitzbezug, der im Zusammenhang mit der Theorie des Fußverklemmens stehen könnte.

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