Kultur Südpfalz Glückliche Bräute sehen anders aus

Ein Bild, das den Betrachter emotional aufwühlt.
Ein Bild, das den Betrachter emotional aufwühlt.

Die Bilder an den Wänden im Foyer des Kreishauses zeigen Mädchen in weißen Kleidern und einem Schleier, hübsch zurechtgemacht und geschmückt, doch jedem Betrachter fällt sofort auf: Glückliche Bräute sehen anders aus. Denn der schönste Tag im Leben kann es nicht sein, wenn eine Braut sich selbst mit einer Schlinge um den Hals, Ketten an den zarten Füßen oder gefesselten Händen zeichnet, oder in einem Käfig gefangen ist, der wiederum im Kopf eines Mannes platziert ist. Bilder mit kleinen blutroten Ballerinaschuhen neben breiten schwarzen Altherrentretern, oder der Teddybär im Arm der Kinderbraut, die offensichtlich nur widerwillig von einer starken Männerhand gezerrt wird, übermitteln ohne Worte die Nöte und Ängste der Betroffenen. Die Bilder sind das Ergebnis eines Malwettbewerbs der Frauenrechtsorganisation Yaka Koop, die seit 16 Jahren im Südosten der Türkei mit öffentlichen Aktionen und Beratungsangeboten Aufklärungsarbeit gegen Kinderhochzeiten und für die Selbstbestimmung von Frauen betreibt. In der Region Van an der Grenze zum Iran werden 40 Prozent der Mädchen minderjährig verheiratet. Die Zeichnungen der Betroffenen werden an belebten Orten aufgehängt und sollen der Bevölkerung bewusst machen, dass Früh- und Zwangsverheiratung eine Menschenrechtsverletzung ist. 20 dieser Kunstwerke sind derzeit in Landau zu sehen und werden anschließend in Herxheim ausgestellt. In die Pfalz geholt haben diese Ausstellung Barbara Dees vom Frauenbüro Südliche Weinstraße und die Frauenbeauftragte der Verbandsgemeinde Herxheim, Rosa Tritschler, unterstützt vom Frauenhaus Südpfalz, dem Förderverein Frauen und Kinder in Not, dem Interventionszentrum gegen häusliche Gewalt und dem Kinderschutzbund Landau-Südliche Weinstraße. Bei der Eröffnung sprachen Anja Ziebler-Kühn und Anja Bichoff-Fichtner berührende Dialoge nach, die sie in ihrer beratenden Funktion im Kinderschutzdienst im Vorfeld geführt hatten: Eine 20 Jahre alte Deutsche mit Gewalterfahrung habe in der Gegenüberstellung großer und kleiner Hände und Schuhe Macht und Gewalt von Männern gegenüber den Mädchen erkannt, eine betroffene junge Frau aus Afghanistan habe sich die Bilder im Wissen um das Leid nicht anschauen wollen. „Armut darf kein Grund sein, sein Kind zu verkaufen oder zwangszuverheiraten“, postulierte Najoua Benzarti. In einem lebendigen Impulsvortrag schilderte die gebürtige Tunesierin ihren Lebensweg. Vor 34 Jahren ist sie als Studentin ihrem Mann nach Karlsruhe gefolgt, hat zunächst Wirtschafts- später auch Islamwissenschaft studiert. Nach der Trennung hat sie vier Kinder allein großgezogen. Sie ist Gründungsmitglied der christlich-islamischen Gesellschaft (CIG) in Karlsruhe, Vorsitzende der islamischen internationalen Frauengemeinschaft, Mitglied im Integrationsbeirat, einer Trommelgruppe gegen Gewalt und islamische Notfallseelsorgerin. „Zwangsverheiratung ist eine Form von Gewalt“, rief die engagierte Frauenrechtlerin den Besuchern entgegen und mahnte mit dem Zitat „Aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen miteinander umzugehen“ zum Dialog. Als Muslima betonte Benzarti: „Das Thema hat nichts mit Religion zu tun, das ist eine schlechte Tradition“. Die weiblichen Gäste ermutigte die Frauenrechtlerin mit dem Schlusssatz: „Damit man Frauen erreicht, muss man auch Frauen wählen. Aber damit man Frauen überhaupt wählen kann, müssen Frauen kandidieren“. Den angeregten und anregenden Austausch zahlreicher Netzwerkerinnen für Frauen und gegen Gewalt am türkischen Buffet umrahmten Isabel Eichenlaub und Handan Akkaya mit türkischer Musik. Info —Die Ausstellung ist bis 22. August in Landau, An der Kreuzmühle 2, zu den Öffnungszeiten des Kreishauses zu sehen: Montag, Dienstag, Mittwoch 8-17 Uhr, Donnerstag 8-18 Uhr, Freitag 8-13 Uhr. —Von 26. bis 31. August werden die Bilder in Herxheim in der protestantischen Kirche in der Kettelerstraße 40 gezeigt. Eröffnung mit Musik und einer Impulsrede der Islamwissenschaftlerin Dilek Okur ist am Sonntag, 26. August um 11 Uhr. Kontakt Interessierte Gruppen und Schulklassen können für eine Führung durch die Ausstellung bei den Organisatorinnen einen Termin vereinbaren: Barbara.Dees@suedliche-weinstrasse.de, Telefon 06341 940-120; R.Tritschler@herxheim.de, Telefon 07276 501-309.

Die Bilder übermitteln ohne Worte die Nöte und Ängste der Betroffenen.
Die Bilder übermitteln ohne Worte die Nöte und Ängste der Betroffenen.
x