Kreis Germersheim Germersheim: „Ich zahle mit meiner Uhr“

In Germersheim kann man mittlerweile auch mit dem Smartphone bezahlen.
In Germersheim kann man mittlerweile auch mit dem Smartphone bezahlen.

Was in anderen Ländern ganz normal ist, gehört hierzulande noch nicht zum Alltag: an der Kasse ohne Bargeld zu bezahlen. Das geht mittlerweile nicht nur mit der Karte, sondern auch mit dem Smartphone oder einer Smartwatch. Kann man in der Südpfalz überleben, ohne sich am Geldautomaten Bargeld abzuheben? Ein Selbstversuch.

In Schweden hat kaum noch jemand größere Mengen Bargeld bei sich. Dort zahlt so gut wie jeder elektronisch – sei es beim Bäcker oder an der Tankstelle. Deutschland ist da noch etwas hintendran. Oder? Eine Woche lang will ich versuchen, ohne Bargeld durch den Germersheimer Alltag zu kommen. Das Experiment beginnt morgens beim Bäcker – und endet gleichzeitig. Denn ich finde keine Bäckerei, in der man ohne Bargeld bezahlen kann. Noch nicht einmal mit der Girocard.

Keine Bäckerei akzeptiert elektronisches Bezahlen

Die Girocard ist das gängigste bargeldlose Bezahlverfahren. Umgangssprachlich wird sie häufig noch als „EC-Karte“ bezeichnet, ihr Vorgänger. In Germersheim und Kandel wird sie in den meisten Geschäften akzeptiert. Nur eben nicht beim Bäcker. Ich zücke meinen Geldbeutel, den ich mit einem Notfallschein bestückt habe. Das Experiment geht weiter. Größere Beträge, etwa in Modegeschäften, lassen sich immer per Karte bezahlen. Bei noch größeren Beträgen, etwa bei einem neuen Fahrrad, gibt es fast niemanden, der bar bezahlt, erzählt Jürgen Ruckstuhl vom Germersheimer Radhaus. Seit 1998 kann man bei ihm elektronisch bezahlen. Theoretisch nicht nur das Fahrrad, sondern auch Zubehör und Ersatzteile. Doch wenn die Beträge kleiner werden, lohnt es sich für den Ladenbesitzer irgendwann nicht mehr. Ruckstuhl nimmt die Girocard trotzdem an – aus Kundenfreundlichkeit. „Sie nehmen den Banken Arbeit ab und müssen noch Geld dafür bezahlen“, sagt Guido Pausch, Vorstandsmitglied im Verein für Handel und Gewerbe Kandel, den ich in seiner Buchhandlung besuche. Für ihn ist es dennoch „ein Muss“, bargeldloses Zahlen anzubieten. Auch wenn es in seiner Branche weniger als die Hälfte der Kunden nutzt. Je nach Anbieter variieren die Kosten, die sich für die Ladenbetreiber ergeben. Zu Kosten für die Miete des Bezahlterminals kommen sogenannte Händlerentgelte. Diese dürfen bei der Girocard jedoch nur maximal 0,2 Prozent des Umsatzes betragen. Jedoch fallen bei den Banken der Händler oftmals noch zusätzlich Buchungsgebühren an, die bis zu 15 Cent ausmachen können. Wer also ein Brötchen für 20 Cent mit der Karte zahlt, schadet dem Bäcker sogar noch. Wahrscheinlich ein Grund dafür, warum es keine Bäckerei anbietet.

Diskussion im Café

Dabei sind es doch gerade die kleinen Beträge, die, wenn sie mit der Karte beglichen werden, unser Leben effizienter machen. In einem Kandeler Café frage ich nach Kartenzahlung. Dort gibt es einen Mindestbetrag von zehn Euro. Alles darunter muss bar bezahlt werden. Unter den Gästen habe ich eine Diskussion angeregt. „Bei so kleinen Beträgen hole ich nicht extra die Karte raus“, meint eine Kundin. „3,59 Euro hab’ ich doch schneller mit Karte gezahlt, als dass ich das Kleingeld zusammen gesucht habe“, antwortet eine andere Dame. Diese Café-Debatte spiegelt die Situation doch ganz treffend: Viele erinnern sich noch an die Zeit, in der es noch etwas länger gedauert hat, bis die selbst überforderte Kassiererin einem erklärt hatte, wo man genau unterschreiben muss. Heute geht das in Sekunden – kontaktlos. So auch in der Drogerie-Müller-Filiale in der Stadtkaserne. Dort werde sogar gerade auf „Apple Pay“ umgerüstet, ein Bezahlsystem, bei dem Apple-Nutzer mit ihrem iPhone oder ihrer Apple Watch bezahlen können. In Deutschland funktioniert das seit vergangenem Dienstag. Allerdings nicht mit allen Banken. Wer den Bezahldienst nutzen möchte, muss etwa Kunde bei Comdirect oder dem Berliner Fintech-Startup N26 sein. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband kritisierte das in einer Pressemitteilung zum Start von Apple Pay. Auf Android-Geräten, also mit Google Pay, funktioniert das. Was auf allen Geräten funktioniert, ist das Bezahlverfahren mit eigenen Apps. Vorreiter sind hier die Payback-Partner. Beispielsweise funktioniert das in der neuen Rewe-Filiale. Dort kann man per App einen QR-Code auf das Bezahlterminal halten. Bezahlt wird dann per Bankeinzug.

Apple Pay klappt bei Rewe

Am Rewe-Eröffnungstag probiere ich Apple Pay aus. „Ich zahle mit meiner Uhr“, sage ich der Verkäuferin. Das zieht natürlich die Blicke aller Kunden an, die sich in der Nähe befinden. Die Kassiererin weiß wohl noch nicht so recht, wie sie das in ihr System eingibt. Sie versucht es mit „Kartenzahlung“. Klappt. Meine Uhr vibriert kurz, ich bekomme die Bestätigung noch vor dem Kassenterminal. So fühlt sich das also an in der Zukunft. Na ja ... Zukunft? Im Gegensatz zu Schweden sind wir hierzulande noch weit hintendran.

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