Kreis Germersheim Germersheim: Förderschulen müssen um Existenz bangen

Beim Schulfest der Nardini-Schule im Jahr 2012 war viel los.
Beim Schulfest der Nardini-Schule im Jahr 2012 war viel los.

Kreis Germersheim: Die Anmeldezahlen an Bienwaldschule und Nardini-Schule sind dramatisch zurückgegangen.

Seit vier Jahren können Eltern von behinderten Kindern in Rheinland-Pfalz selbst entscheiden, wo ihre Kinder unterrichtet werden. Das Votum lautet bei Beeinträchtigungen im Bereich „Lernen“ offensichtlich: weg von der Förderschule. Das bekommen die beiden Einrichtungen im Kreis, die Bienwald-Schule in Wörth und die Nardini-Schule in Germersheim, inzwischen empfindlich zu spüren. Die Schülerzahlen sind so stark gesunken, dass die Schulen langfristig um ihre Existenz bangen müssen. Dabei bemüht man sich im Landkreis, die Förderschulen an ihren jeweiligen Standorten zu erhalten. Erst 2015 war aus den beiden eigenständigen Schulen eine Schule mit zwei Standorten geworden. Denn nachdem die Rektorin der Bienwaldschule, Doris Knöll, 2013 verabschiedet worden war, fand sich niemand, der ihren Posten übernehmen wollte. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) hatte die Stelle mehrfach erfolglos ausgeschrieben, über viele Monate hatte eine Lehrerin kommissarisch die Leitung übernommen. Kreis und ADD suchten gemeinsam eine Lösung. Diese lautete: Eine Schule, zwei Standorte.

 "Eltern stimmen mit den Füßen ab"

„Sie sind auf Augenhöhe und werden gleichberechtigt weiterentwickelt“, betont Landrat Fritz Brechtel im Gespräch mit der RHEINPFALZ. So soll eine Sekretariatsstelle in Wörth mit der bisherigen Stundenzahl neu besetzt werden - auch wenn es weniger Schüler gibt. „Die Eltern stimmen mit den Füßen ab, daran kann ich als Landrat nichts ändern“, sagt Brechtel und klingt dabei etwas frustriert. Laut Statistik der Kreisverwaltung besuchen derzeit im Landkreis 104 Kinder, die vor der Änderung des Gesetzes wohl auf eine der beiden Förderschulen gegangen wären, eine Schwerpunktschule. Diese Regelschulen mit extra Förderpersonal gibt es in jeder Verbandsgemeinde, es sind die Grundschulen in Hagenbach, Bellheim, Rülzheim, Neupotz, Lingenfeld und Germersheim, sowie die Realschule plus in Bellheim und die Integrierten Gesamtschulen in Kandel und Rülzheim.

In Rülzheim konstanten Schülerzahlen

Dabei liegen die Einzugsgebiete der beiden Förderschulen laut Zahlen von 2015 jeweils direkt vor ihrer Eingangstür im nördlichen und südlichen Landkreis. Das ist wohl der entscheidende Unterschied zur Förderschule in Rülzheim, deren Zahlen konstant sind: Mit Landau, dem Kreis Südliche Weinstraße und Neustadt ist der Einzugsbereich der Rülzheimer Schule deutlich größer. Außerdem passt deren Schwerpunkt „Sprachförderung“ zur sprunghaft steigenden Zahl an Diagnosen in diesem Bereich. Deshalb soll gegengesteuert und in Germersheim ein Schwerpunkt „Sehen“ eingerichtet werden. Das Beratungszentrum soll für den ganzen Kreis zuständig sein, erläutert Brechtel. Seine Prognose für die Bienwaldschule klingt weniger optimistisch: „Die Eltern entscheiden, ob der Standort erhalten bleibt, oder nicht.“

Kritik an Landesregierung

Auch die Landes- und Bundespolitiker treibt das Thema um. Der Landtagsabgeordnete Martin Brandl (CDU) und der Bundestagsabgeordnete Thomas Gebhart (CDU) hatten die Landesregierung Ende Oktober scharf angegriffen. Die Schule in Wörth habe stets sehr gute Arbeit geleistet, nun lasse man sie ausbluten, lautete der Vorwurf. Die Inklusionspolitik des Landes werde halbherzig betrieben, die bisher erfolgreichen Förderschulen ins Abseits geführt, kritisierten die beiden CDU-Politiker. Nun gibt es einen Zuschuss von 6700 Euro vom Bildungsministerium an den Landkreis als Schulträger. Die Begründung: Die Schule mit zwei Stützpunkten soll Regelschulen, die Beratung im Förderschwerpunkt „Sehen“ suchen, unterstützen. Das teilte die Landtagsabgeordnete Barbara Schleicher-Rothmund (SPD) mit. Von dem Geld sollen Hard-und Software sowie Einrichtungsgegenstände angeschafft werden.

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