Kultur Südpfalz Frei vom Schleier des Alltäglichen

Speziell ist die Ausstellungsarchitektur in Germersheim.
Speziell ist die Ausstellungsarchitektur in Germersheim.

Der Fotograf Peter Braunholz besitzt ein feines, tiefgründiges Gespür für Schönheit. Er sieht ruhige, verhaltene Ästhetik dort, wo andere nur Gewöhnliches, Banales wahrnehmen. Wie aus der Zeit gefallen scheinen seine Motive zu sein, die er von ihrem Schleier des Alltäglichen befreit. Er stellt ab morgen beim Kunstverein Germersheim aus.

Mit einem epochalen Spürsinn für mystische Momente, mit Augen, die durch den Fotosucher einen zweiten oder dritten Blick wagen, hält er menschenleere Landschaften, Bauwerke oder Straßenzüge fest. Gerade diese Stille und Schlichtheit, das schäbig Vernachlässigte, das leicht Morbide erzeugt einen unentrinnbaren Sog, lässt den Bildbetrachter schaudern und staunen. Die hochwertig präsentierten Fotografien zeigen konkave und konvexe Hausecken, vordergründig unscheinbar, fast unansehnlich. Verriegelte Holzhütten in Lettland, blasse, fahle Hausfassaden in Belgien, Abschnitte einer von Regen glänzenden Strandpromenade, mit gestapelten Stühlen, abblätternden Zaunelementen und knallroten Toilettenhäuschen. Das Licht der Aufnahmen ist weich, blass, farblos, der Himmel verläuft in einem stumpfen Grau. „Ich fotografiere am liebsten im frühen Morgen, wenn noch keine Schatten geworfen werden, wenn der Blick auf eine weichgezeichnete Atmosphäre fällt und die Straßen leer sind“, erzählt Peter Braunholz, der vielfach, auch international ausgezeichnete Fotograf aus Kronberg bei Frankfurt. Er stellt ab Sonntag beim Kunstverein Germersheim aus und ist total begeistert von den Galerieräumen im alten Zeughaus. Sie sind wie geschaffen für seine poetische Foto-Kunst, die perfekt mit den Objekten des zweiten ausstellenden Künstlers kor-respondiert. Es ist Thomas Vinson aus Gießen, der wie Braunholz hinter die Dinge sieht. Überflüssige Holzabschnitte, Spanplattenreste, nicht mehr benötigtes Verpackungsmaterial wie Pappe und Styropor werden durch Vinson, ähnlich einer Meta-morphose, zu Kunst. Nutzlos-Wertloses wird verwandelt, rückt durch künstlerische Fantasie und handwerkliches Können in den Fokus, wird geadelt. Wie der Titel der Ausstellung schon ankündigt: Es findet „Die Verklärung des Gewöhnlichen“ mittels Fotografie und Bildhauerei statt. „Ich interessiere mich für Struktur, für Form, für Fundstücke“, beschreibt Vinson seine Arbeit. Seine privaten Funde, auf die niemand mehr Anspruch erhebt, werden von ihm geordnet und archiviert. Neue Kombinationen erwachsen daraus, wie bei einem Puzzle fügen sich die einzelnen Teile zu einem neuen, kunstvollen Ganzen. Die Werkstücke werden mit Lack überzogen, wie die Skulptur mit dem Titel „Uneben – aber glänzend“ oder bekommen Strukturen durch tiefe Einschnitte. Verschiedene Holzarten und Farben werden zusammengefügt, ähneln kleinen architektonischen Modellen. Als Solist oder in Gruppen angeordnet , demonstrieren banale Dinge, zart mit „sogenannten Nicht-Farben bemalt“, dass auch in ihnen eine Schönheit steckt. Alltagsdinge werden nach der Transformation mit einem anderen Blick gesehen. Mit großer Akribie und einem ausgeklügelten System gestalteten Braunholz und Vinson das Aufeinandertreffen ihrer Kunst. Dabei entstand auch ein Zweier-Ensemble aus Landschafts-Fotografie und Holz-Objekt, das wie geschaffen füreinander wirkt. Dank des größten, eigens für die Ausstellung geschaffenen Fotokunstwerkes dürfen sich die Besucher auf ein zusätzliches, besonderes optisches Erlebnis freuen. Info Eröffnung am Sonntag, 20. Mai, 11 Uhr, die Einführung spricht Gérard A. Goodrow, Musik von „Baustelle no.5“, Öffnungszeiten bis zum 17. Juni samstags zwischen 15 und 18 Uhr, sonntags zwischen 14 und 18 Uhr, Finissage mit Künstlergesprächen am Sonntag, 17. Juni, 17 Uhr.

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