Kreis Germersheim Familienwanderung mit Zwerg und Quiz

Westwallwanderung für RHEINPFALZ-Leser mit dem PWV Schaidt, von rechts Elmar Rinck, Bruno Heil, Alois Geörger.
Westwallwanderung für RHEINPFALZ-Leser mit dem PWV Schaidt, von rechts Elmar Rinck, Bruno Heil, Alois Geörger.

„Eine Wanderung mit der Familie gehört in den Ferien einfach dazu“ – da waren sich die etwa 25 Teilnehmer einig, die über die RHEINPFALZ-Sommeraktion Gast des Pfälzerwald-Vereins Schaidt waren. Die von den Wanderführern bestens organisierte und betreute Tour vom „Wanderbahnhof“ entlang des Westwalls durch den schattigen Bienwald war für Kinder und Erwachsener ein gelungenes Erlebnis rund um Geschichte, Natur und Geselligkeit. An einzelnen Stationen konnten die Kinder den Friedenszwerg K-uno suchen, während die Erwachsenen ein anspruchsvolles Quiz zu lösen hatten.

Die Erzählungen an den Stationen von Alois Geörger, dem Geschichtsexperten des Vereins, machten die Vergangenheit lebendig. Er ist Jahrgang 1939 und weiß aus eigenem Erleben und Berichten älterer Bürger viel über den Bau dieser Verteidigungslinie gegen Frankreich. Allein zwischen Oberotterbach und Schaidt wurden 14 Befehlswerke (B-Werke) sprichwörtlich aus dem Boden gestampft. Wer im Ort kritische Fragen stellte, lief Gefahr, einige Tage im Gefängnis zu landen. Die Bevölkerung war zur Mitarbeit verpflichtet. „Laufgräben ausheben war Mädelsarbeit“, wissen einige Mitwanderer zu erzählen. Diese kriegerischen Hinterlassenschaften des NS-Unrechtsregimes brachten viel Leid über die Menschen, doch wie zum Hohn tragen die Befehlswerke so heimelige Namen wie „Kiefernwald“ oder „Winzerstube“. Auf diese Hinterlassenschaften wirft Jana Hornberger beim Wandern einen besonderen Blick. Die Friedensforscherin an der Friedensakademie Rheinland-Pfalz in Landau überlegt, wie man im Hinblick auf das Nazi-Regime mit dem Westwall als Erinnerungsort angemessen umgehen kann. Nicht zuletzt sieht sie in solchen Abgrenzungen zu den Nachbarn wie dem Westwall auch gefährliche Parallelen zu gegenwärtigen nationalen Abschottungstendenzen. Nun sind Frankreich und Amerika längst keine Feinde mehr, nur die Schnaken des Bienwalds überfielen an düsteren Stellen die Wanderer, und dieser „Plog mit de Schnook“ hatte Günther Rinck ein passendes Gedicht gewidmet. Die Wandergruppe ging entlang der überwiegend gesprengten und teilweise von Erde bedeckten Bunker, die heute von Wildkatzen und Fledermäusen bewohnt sind. „Und früher waren das unsere Schlittenabfahrten“, erzählt Stephan Kirstahler, nach Schweighofen ausgewanderter Schaidter, seinen Zwillingen David und Carolin. „Ja, für uns Nachkriegskinder waren diese Bunker, Sprengtrichter und Panzergräben ein Abenteuer“, ergänzt Bruno Heil, „aber leider verloren einige Menschen auch durch herumliegende Minen und Granaten ihr Leben“. Seinen Informationen über die umgebende Natur von Vögeln, Pflanzen und den im Heilbach suhlenden Wildschweinen lauschten Ingeborg und Bernhard Simon aus Minfeld und weitere Wanderer aus dem nahen Kandel gerne, „das ist viel interessanter als nur entlang den Informationstafeln zu wandern“. Parallel zum gluckernden Heilbach führt der Pfad hin zur riesigen Bismarckeiche aus dem 30-jährigen Krieg. Und es wird noch viel mehr Geschichte lebendig im ehemals königlichen Wald bei den alten Grenzsteinen des Mundatgrabens, der heutigen Landkreisgrenze, oder bei den Turko-Gräbern. Hier ruhen algerisch-muslimische Krieger aus dem Krieg 1870/71, die auf dem christlichen Schaidter Friedhof keinen Platz fanden. Beim Jakobshäuschen schließlich erwartete die müden Wanderer erfrischende Getränke, Brezeln und abenteuerliche Geschichten. An dieser Stelle hatte sich einst ein Forstbeamter erschossen, um seiner Schande zu entgehen, nachdem er ein junges Mädchen geschwängert hatte. Und das „Weiße Kreuz“ in der Nähe ließ ein dankbarer Förster errichten, der zunächst von Wilderern kopfüber und nackt an einem Baum aufgehängt, dann aber doch freigelassen worden war. Bleibt noch die Bildeiche am Ortseingang, mit deren Errichtung sich ein Amerika-Auswanderer eine glückliche Überfahrt erbeten hatte. „Unglaublich, was hier in dem Bienwald alles so alles an Geschichten steckt“, wundert sich Karl-Heinz Kern aus Rülzheim, der hier bisher vor allem als Marathonläufer rannte. Deutlich wird, dass für die Menschen früherer Zeiten nicht die Erholung im Vordergrund stand. Es war lebenswichtiger Wirtschaftsraum, sie sammelten im Wald Brennholz, Beeren und Pilze, jagten Wild, weideten ihre Tiere und schlugen Holz für Häuser und Schiffe. Alexandra Stromberg ist von der Vielseitigkeit des Weges überrascht; sie hat als Familienbeauftragte des PWV Nußdorf einen besonderen Blick auf die „Kindertauglichkeit“ dieses Weges geworfen und zieht das Resümee „superinteressant, aber erst für etwas größere Kinder“. Trotzdem hatten die Jüngsten Lena und Tim ebenso wie die älteren Kinder ohne Murren diesen Acht-Kilometer-Weg gemeistert, auch wenn man zwischendurch mal gerne den Heilbach aufgestaut hätte. Nachdem die Erwachsenen die Quizfragen richtig beantwortet hatten, hielt Elmar Rinck, Vorsitzender des Schaidter PWV, eine großzügige Überraschung bereit und spendierte an diesem heißen Tag allen müden Wanderern ein kühles Eis im Eiscafé Maria. Info Zu dem Quiz „Westwallrundwanderwege“ bei Schaidt gibt es auch Informationen unter wwwpwv-schaidt.de.

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