Landau „Einkaufen wird sich massiv verändern“

Petra und Christian Albrecht in der gut sortierten Weinabteilung ihres Hauptmarktes in Bad Bergzabern in der Kapeller Straße 12.
Petra und Christian Albrecht in der gut sortierten Weinabteilung ihres Hauptmarktes in Bad Bergzabern in der Kapeller Straße 12. Hier sind neben internationalen Tropfen auch etliche regionale Winzer vertreten.

«Bad Bergzabern/Herxheim. » Fleißig, beharrlich, verbindlich und bescheiden. So wie sein Vater Josef und dessen Vater, der auch Josef hieß. Mit einem Eselskarren hat vor rund 90 Jahren alles angefangen. Heute beschäftigen der Kaufmann Christian Albrecht und seine Frau Petra in drei Edeka-Märkten in Bad Bergzabern und Herxheim rund 100 Menschen, in der Kurstadt sind es allein rund 65. Und sie wollen weiter expandieren. Das Interesse an einem vierten Standort ist da, sagt der Chef sachlich im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Und das ist wohl auch nicht das Ende der Fahnenstange: „Mein Traum ist ein Markt in Landau, mit 2500 und mehr Quadratmetern – ein breit aufgestelltes gastronomisches Konzept inklusive.“ Doch bisher habe sich bei Gesprächen mit der Stadt keine Tür aufgetan. „Das Einkaufen wird sich in wenigen Jahren massiv verändern. Einzelhandel und Gastronomie verschwimmen und verschmelzen immer stärker“, sagt Albrecht. Diese Entwicklung sei seit Jahren festzustellen. In den USA sei das beispielsweise schon längst Realität, wie er sich bei einer Info-Reise in Begleitung eines Professors der Uni Boston hat vor Ort überzeugen können. So werde es in einigen Jahren selbstverständlich sein, dass die Leute nach Feierabend im Zug oder Bus per Handy online ihren Einkaufszettel an den Supermarkt schicken, nach dem Aussteigen auf dem Nachhausweg am Supermarkt vorbeilaufen, kurz in der angegliederten Gastronomie zu Abend essen und gegebenenfalls noch ihre Einkaufsliste per Handy um weitere Produkte ergänzen, fertig essen und dann zur Supermarktkasse gehen, um ihre Ware in Empfang zu nehmen. Zurück zur deutschen Gegenwart: Die wohl einschneidendste Veränderung und bei Kunden stark diskutierte Neuerung war das neue Kassensystem im Bad Bergzaberner Markt. Die Kunden an der Kasse füttern selbst den Automaten mit Münzen und Scheinen. Die Kassiererin kommt nicht mehr mit Bargeld in Berührung. Im Ende 2016 eröffneten Herxheimer Standort habe man von Beginn an so kassiert. Das sei dort so gut angekommen, dass man das Modell nun auch auf die Kurstadt übertragen habe. Das Kassensystem werde von einer Schweizer Firma angeboten, deren Hauptgeschäft die Herstellung von Geldautomaten sei. Unter anderem beziehe die Deutsche Post ihre Bankautomaten von dort. Die Albrechts wissen um die Kritik: Das sei umständlich und ältere Leute hätten mit der neuen Technik ihre Probleme. Petra Albrecht begegnet dem schmunzelnd: „Die älteren Kunden kommen damit besser zurecht als die jungen.“ Apropos technischer Fortschritt: Seit rund vier Wochen können die Kunden auch online einkaufen. Rund 6000 Artikel sind auf dem Portal eingestellt. Die Einkäufe werden zusammengestellt, der Bon wird ausgedruckt und mit der bestellten Ware im Kühlhaus aufbewahrt. Der Kunde muss sich nur noch an der Kasse melden, bezahlen und kann seine Tasche mitnehmen. Ähnlich funktioniert das auch mit dem Heimlieferservice, den Edeka an Samstagen ab rund 30 Euro Einkaufswert anbietet. Demnächst wird in ein elektronisches Preissystem für die Regale investiert. Bei all dem technischen Fortschritt steht bei Albrechts das im Vordergrund, auf was es ankommt: die Ware. Bestes Beispiel sei die Frischetheke mit Fleisch, Wurst, Fisch und Käse. Die Kunden legten großen Wert auf regionale Produkte und das in guter Qualität. Auch die Kompetenz der Verkäufer habe einen hohen Stellenwert, wissen die Unternehmer. So wurde vor ein paar Jahren eine Mitarbeiterin zur Käse-Sommelière ausgebildet. Beim Fleisch gibt es zwei Qualitätslinien. Eine mit den herkömmlichen Produkten, die unter dem Markennamen „Gutfleisch“ firmiert, und eine etwas erlesenere Angebotspalette, die den Namen „Hofglück“ trägt. Gerade mal 23 ausgewählte Betriebe lieferten zurzeit ihr Fleisch in den Verarbeitungsbetrieb im badischen Rheinstetten an. Der Betrieb, der für Edeka-Südwest die angeschlossenen Märkte beliefert, sei sogar vom Tierschutz zertifiziert und habe als erster Fleischverarbeiter in Deutschland überhaupt den „Recognition-Award“ des Dachverbandes des Europäischen Tierschutzes bekommen, so Albrecht. Die Frage, warum sich die Albrechts nach Bad Bergzabern auch in Herxheim und vielleicht bald noch an einem vierten Standort engagieren, beantwortet der 50-jährige Kaufmann nüchtern: „Auf zwei Beinen steht man besser.“ Und dann sei da noch die größte Triebfeder: „die berufliche Herausforderung“, sagen er und seine 45 Jahre alte Frau Petra, die Eltern von zwei heranwachsenden Söhnen sind. Die Belastung für die Familie lasse sich bewältigen, sagen sie. In Herxheim arbeiteten der Geschäftsführer und seine beiden Stellvertreter recht autonom, er selbst sei in der Regel zwei- bis dreimal die Woche dort. Apropos Familie: Klar würde es ihn freuen, wenn einer der oder beide Söhne das Unternehmen in vierter Generation weiterführen würden. Allerdings „will ich das nicht erzwingen“, stellt der Kaufmann klar. „Sie sollen auf jeden Fall erst einmal etwas anderes machen.

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