Kreis Germersheim Ein bisschen wie „Mensch ärgere dich nicht“

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Wörth. Die ersten Bewegungen wirken noch ungelenk. Die Spielfigur auf dem Monitor bewegt sich nur seitwärts durch den Raum. Doch nach kurzer Eingewöhnungszeit funktioniert das gleichzeitige Bewegen mit der Tastatur und das Steuern des Gesichtsfeldes mit der Maus bei allen Teilnehmern der „Eltern-LAN“ im Europa-Gymnasium Wörth (EGW) ganz gut. Das Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung soll Eltern und Lehrern Einblicke in die Welt der Computerspiele geben. Auf dem Programm steht auch der Ego-Shooter „Call of Duty 4“.

Es dauert nur wenige Sekunden: kurz nachdem Tim Clemenz, Sozialpädagoge und einer der Referenten, das Spiel freigibt, setzt es den ersten erfolgreichen Treffer. Gespielt wird Eltern gegen Lehrer. Die Pädagogen scheinen mehr in Übung zu sein, doch auch unter den Eltern gibt es Erfolgserlebnisse. „Ja! Ich habe getroffen“, jubelt eine Frau und springt von ihrem Platz auf, nachdem ihr animierter Gegner tödlich getroffen in sich zusammengesackt ist. Ein Gefühl, wie wenn man bei „Mensch ärgere dich nicht“ eine gegnerische Figur schlägt, beschreibt sie es später. Vorwurfsvoll stellt ein Vater fest, dass seine Figur von einem Lehrer erledigt wurde. Er weiß dies so genau, da sich einige Teilnehmer mit ihrem Nachnamen im Spiel benannt haben. Derweil wird die Stimmung immer lockerer. Es wird gelacht, aber auch lauthals geflucht. „Genau das war unser Ziel“, freut sich Michael Schwind. Der Elftklässler ist Medienscout am EGW und vermittelt mit seinen Mitstreitern jüngeren Schülern den Umgang mit den Medienangeboten. Der Wunsch nach der „Eltern-LAN“ kam von den Schülern, erklärt er. Das Ziel: Zeigen, dass Computerspiele nichts Schlimmes sind. Als Lehrerin Kathrin Kiefer vom Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung erfuhr, organisierte sie die erste „Eltern-LAN“ am EGW. „Eltern wissen oft nicht, wie sie mit dem Thema umgehen sollen“, weiß Michael. Lehrerin Kiefer bestätigt, dass es zum Thema viele Fragen und Sorgen gibt. Wie lange darf mein Kind spielen? Welche Spiele sind in Ordnung? Clemenz empfiehlt ein wöchentliches Zeitkonto, das für Spiele verwendet werden kann. „Man muss es aber auch durchziehen, wenn am Anfang vielleicht das Konto schon am Montag leer ist“, so der Sozialpädagoge. Wichtig ist, dass sich Eltern für das interessieren, was ihre Kinder begeistert. „Computerspiele sind ein elementarer Bestandteil der Jugendkultur“, wissen die Referenten. Michael empfiehlt, dass Eltern mal zusammen mit ihren Kindern spielen sollten. Viele Eltern gehören heute schon zu einer Generation, die in ihrer Jugend selbst mit Videospielen in Berührung gekommen ist. Heutzutage kommt allerdings die Online-Komponente hinzu. Computerspiele dienen der sozialen Vernetzung, aber vor allem sind sie eben Unterhaltung. Clemenz verdeutlicht, dass Spielen nicht immer einen höheren Sinn haben muss, sondern einfach Spaß macht. Verteufelt werden sollten Computerspiele nicht, auch wenn es natürlich „viele richtig schlechte Spiele“ gibt. Spiele zu verbieten bringt laut Michael wenig, denn sogar jüngere Schüler kommen auf diversen Wegen an alle heran. Dass es Menschen gibt, die krankhaft süchtig werden, kann Medienscoutin Vanessa Speranza berichten. Dies lasse sich jedoch nicht an der investierte Zeit fest machen, es kämen viele weitere Faktoren hinzu. Neben „Call of Duty“ wurde noch „Minecraft“ gespielt, ein kreatives Open-World-Spiel. „Das fand ich etwas langweilig“, meinte ein Vater. Dennoch könne er verstehen, warum Kinder und Jugendliche es spielen. Für die Eltern eines Fünftklässlers war die Veranstaltung sehr positiv. Gut fanden sie, dass viele Lehrer dem Spielen offen gegenüber stehen und sich in dem Bereich gut auskennen würden. Das imponiere sicherlich auch den Schülern.

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