Kreis Südliche Weinstraße Ehrenmedaille für die Rosi vom Bannenberg

Rosemarie „Rosi“ Reimringer inmitten ihrer Fan-Post, mit der einst der Kiosk zugeklebt war. Ihren Spitznamen hat Rosi übrigens v
Rosemarie »Rosi« Reimringer inmitten ihrer Fan-Post, mit der einst der Kiosk zugeklebt war. Ihren Spitznamen hat Rosi übrigens von einem der TGA-Schüler. »Soll ich Frau Reimringer sagen? Rosi wäre viel schöner«, warf jener einst ein und bald taten es ihm alle gleich.

Gegenüber: Sie war Ersatzoma, Kummerkasten und Lebensmittelpunkt für Generationen von Schülern am Trifelsgymnasium in Annweiler. 17 Jahre verkaufte Rosemarie „Rosi“ Reimringer belegte Brötchen und Co. im Schulkiosk. Jetzt ehrte die Stadt die 77-Jährige mit dem herzerfrischenden Humor mit der Ehrenmedaille.

«Annweiler.»„Riiiiing!“ Es klingelt zur Pause. Mit einem Mal stürzen Massen von Schülern zu dem kleinen verglasten Kiosk im Trifelsgymnasium. Besonders donnerstags, zum Pizzatag, ist heilloses Gedränge. Da kommen am Nachmittag drei Schüler zu Rosemarie „Rosi“ Reimringer und bringen ihr ein Schild mit, das sie aufhängen kann, um ein bisschen Struktur reinzubringen: „Links anstellen, rechts abgehen.“ Für die nette Geste schenkt ihnen die Kioskdame das letzte Würstchen. Aber warum reibt der eine sich denn so verschmitzt die Hände?, fragt sie sich, als die drei abdrehen. Ein Blick aufs Schild bringt Klarheit. Denn auf der Rückseite steht: „Ab sofort 50 Prozent auf alles.“ Haha. Aber Rosi nimmt so leicht keiner aufs Korn. Sie schreibt einfach noch darunter: „Ab 90 Jahre. Mit Ausweis.“

Lausbubenstreiche amüsieren sie

Solche Lausbubenstreiche nimmt die Sarnstallerin, die morgen 78 Jahre wird, ihren Schützlingen nicht krumm. „Es amüsiert mich, dass die Jugend den Mut hat, die Oma auf den Arm zu nehmen. Aber ich hab’ immer gesagt: ,Mich könnt ihr nicht auf den Arm nehmen. Ich bin kein leichtes Mädel.’“ Sagt’s. Lacht. Winkt ab und kramt eine weitere der ungezählten Postkarten hervor, die sie von den Schülern aus allen Ecken der Erde zugeschickt bekommen hat. Selbst gemalte Bilder sind dazwischen, herzzerreißende Briefe, Fotos, ein riesiges Blumenstraußgemälde zum 70. Geburtstag, oben im Schlafzimmer noch selbst gestrickte Socken und ein Schal mit Namenszug – alles für ihre „beste Rosi der Welt“. Da werden die Augen der resoluten Frau mit dem großen Herzen sogar ein bisschen feucht, die Stimme ein wenig brüchig. Aber dann kommt wieder ein Lacher, eine weitere Anekdote. 2001 kam Rosi – damals mit 60 Jahren und eigentlich schon im Ruhestand – ans Trifelsgymnasium. Zuvor hatte sie 25 Jahre in der Kantine bei Buchmann gearbeitet. Anfangs war sie etwas skeptisch, als ihr Arbeitgeber, die Bäckerei Burkard aus Wernersberg, die auch den Schulkiosk betrieb, mit dem neuen Jobangebot an sie herantrat. Aber das legte sich schnell. „Niemand hat eine komische Bemerkung gemacht, dass da so ’ne Alte kommt“, meint sie grinsend. Natürlich sei sie begutachtet worden, und ein Junge sei zu ihr gekommen mit dem Satz auf den Lippen: „Oh, ein neues Gesicht.“ Worauf sie erwiderte: „Nein, das hab ich schon länger.“

Frei von der Leber weg

Rosi haut gern mal einen raus, redet frei von der Leber weg, aber nie böse, sondern immer voll Herz und Verständnis für die turbulente Schülerschar. Ob Beziehungsstress oder schlechte Noten: Immer hatte sie ein offenes Ohr für Probleme und einen guten Ratschlag parat. Und wer mal knapp bei Kasse war, durfte sogar „Schulden“ machen. „Die Jugend ist toll. Alle waren lieb und hilfsbereit. Wir müssen uns keine Sorgen um die Zukunft machen“, findet Rosi, die auf dem Bannenberg „die schönsten Jahre meines Lebens“ verbracht hat. Die Atmosphäre da oben war „wunderschön“, blickt die gute Seele der Schule ein wenig wehmütig zurück. Um noch ein bisschen mehr Zeit mit ihrem Mann zu verbringen, der mittlerweile verstorben ist, hängte sie den Job im Sommer 2017 an den Nagel. Seit diesem Schuljahr ist der Kiosk im neuen „Haus des Lernens“ untergebracht und wird von der Schule selbst betrieben. Aber natürlich gab es eine große Abschiedsfeier für Rosi – inklusive Zeugnis voller Bestnoten. Der große Bahnhof für sie, das sei nicht so ihre Welt, wirft sie ein. Ebenso wenig wie bei der Auszeichnung mit der Ehrenmedaille der Stadt beim Jahresempfang am vergangenen Sonntag im proppenvollen Hohenstaufensaal. „Das brauche ich nicht. Wenn die Menschen glücklich sind, dann bin ich es auch“, sagt die 77-Jährige, die mit ihrem Singkreis heute gerne in den Altenheimen in Annweiler und Hauenstein mit „Ufftata-Wummtata-Musik“ auftritt. „Da freuen sich die alten Leute.“

Schüler nehmen sie in den Arm

Ihre Schülerschar, die sie nicht nur mit Brötchen und Würstchen versorgte, sondern auch mal mit einem Heftpflaster gegen Wunden, einem Karamellbonbon gegen Sorgen und einem Aspirin gegen Kater, hat noch immer einen festen Platz in ihrem Herzen. „Wenn wir uns in der Stadt treffen, nehmen die mich auch in den Arm. Da geniert sich keiner.“ Und zu Silvester schaute ein ganzer Schülerpulk bei ihr vorbei, um Neujahrsgrüße auszurichten. Nur Helga blieb vor der Tür. „Ihr könnt doch das Mädchen nicht draußen im Kalten lassen“, ermahnte Rosi die jungen Herren. Wer hätte wissen können, dass Helga kein Mädchen, sondern eine Gießkanne samt umdrehungswilligem Inhalt war. Die feucht-fröhliche Abiturienten-Truppe saß noch bis 4 Uhr mit Rosi beisammen.

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