Lokalsport Südpfalz Der letzte Paartanz: Die Deutschen Meister Selina und Alexej Balzer geben ihren Ausstand

Küssen nicht verboten: das Ehepaar in Braunschweig.  Foto: nader rahnama
Küssen nicht verboten: das Ehepaar in Braunschweig.

Der Abschied des sechsmaligen Deutschen Meisters im Paartanz war emotional. Selina und Alexej Balzer haben es in all den Jahren geschafft, ihr Vertrauen zueinander mit auf die Tanzbühne zu nehmen. Der Zufall und Selinas Schwester haben großen Anteil an der Liebesgeschichte der 27-Jährigen, die eigentlich nichts dem Zufall überlassen.

Selina und Alexej Balzer laufen auf die Bühne. Selinas Schwester Lisa Hoffmann und Trainer Markus Nily begleiten sie. Der Tanz beginnt, das Publikum ahnt nichts. Plötzlich der Musikbruch: „Time to Say Goodbye“. Das Publikum erhebt sich. Es wird emotional. Jetzt wissen alle: Das war’s. Der letzte Paartanz des deutschen Serienmeisters.

„Es war ein versöhnlicher Abschied, die Fans standen hinter uns, so wollten wir es“, sagt Selina Balzer über den Auftritt bei den Deutschen Meisterschaften am Sonntag. Die Abschieds-Choreo war seit Februar geplant. „Wir wollten unseren Rücktritt bewusst gestalten, er sollte nicht durch eine Verletzung oder andere äußere Umstände erzwungen werden“, sagt Alexej Balzer. Die Lehramtsstudenten sind im Referendariat, sie haben weniger Zeit. Die berufliche Leidenschaft hat die sportliche in den Hintergrund gerückt.

Zum Glück gezwungen

Mit sechs Jahren fing die Lustadterin bei der TSG Bellheim an zu tanzen. Ihre Schwester war da schon im Verein. Alexej musste zu seinem Glück erst gezwungen werden. Er ging auf das Goethe-Gymnasium in Germersheim. 2005 war Projektwoche. Notgedrungen, weil er kein anderes Projekt fand, meldete er sich für „Tanz aller Art“ an.

Hoffmann leitete das Projekt und fragte, ob er nicht mal Garde tanzen möchte. „Ich dachte, ich schau es mir mal an. Eigentlich wollte ich ja nur den Flick-Flack lernen.“ Den Flick-Flack beherrschte er recht schnell. Selina war da „schon ein alter Hase“. Zwei Jahre dauerte es, bis er sich in ihr Herz getanzt hatte. 2007 waren sie ein Paar. Drei Jahre später der logische Schritt: Paartanz. Beide machten 2011 ihr Abitur, sie hatten vor, danach mit dem Tanzen aufzuhören.

„Ich wollte deshalb im letzten Jahr einen Paartanz mit meiner Freundin machen. Ich habe dann lieber trainiert als fürs Abi zu lernen“, erzählt Alexej. Überraschend war es dann der erste deutsche Meistertitel. „Davon träumt jeder Sportler. Wir hatten viel trainiert, aber nicht damit gerechnet. Deshalb war es so schön“, sagt Selina.

Aufgrund des Erfolgs sollte die Karriere doch nicht enden. Auch wenn das Privatleben schwieriger wurde: „Wir hatten aufgrund des Studiums quasi eine Wochenendbeziehung. Und da haben wir trainiert wie verrückt“, sagt Alexej. 2012, 2013 und 2014 konnten sie ihren Titel verteidigen, ehe eine Knieverletzung bei ihr das Paar für längere Zeit außer Gefecht setzte.

Die Trennung bei der TSG Bellheim

Doch es ging nicht immer alles harmonisch zu. Im Winter 2015 hatten sie eine Meinungsverschiedenheit im Verein in Bellheim. Auch das Verhältnis zu Trainerin Lisa Hoffmann litt darunter. „Wir hätten dort nicht weitertanzen können und mussten den Verein verlassen“, sagt Selina.

Nach einem Jahr Pause kam der Vorstand der Mühlburger Carnevals Gesellschaft auf die beiden zu. Es folgten prompt zwei weitere deutsche Meisterschaftstitel 2017 und 2018. Mit Lisa Hoffmann haben sich die beiden ausgesprochen. Das Verhältnis sei wieder gut. „Wir haben unsere gemeinsame Zeit nicht vergessen. Deswegen haben wir sie auch mit zur Bühne genommen, um uns zu bedanken“, sagt Selina. Lisa Hoffmann hat nach der DM ihr Traineramt niedergelegt.

Antrag nach dem Titelgewinn

Der Titel 2017 war der schwierigste für Alexej, denn er hatte Großes vor. Nach dem Sieg kniete er auf der Bühne nieder und machte Selina einen Heiratsantrag. Ein kleineres Setting wäre für den Deutsch-Russen nicht in Frage gekommen. Hätte es nicht mit dem Titel funktioniert, hätte er den Antrag verschoben: „Ich hatte eine Menge Druck. Für die Frau, die ich heiraten will, kann ich nicht mit dem zweiten Platz kommen.“Im Oktober des Jahres heirateten sie standesamtlich. Im Juli 2018 war die freie Trauung in Germersheim, dann die „deutsch-russische“ Feier mit rund 200 Gästen in Stutensee. Im August ging es in die Flitterwochen, anschließend ins Referendariat. Fürs Tanzen war jetzt wenig Zeit.

„Vertrauen ist sehr wichtig in unserem Sport. Und niemandem vertraut man mehr als seinem Partner“, sagt sie. Bei gemeinsamen Fernsehabenden übten die beiden, die selbst Teil von TV-Übertragungen waren, Hebefiguren auf der Couch. „ Die Zuschauer haben unsere Harmonie auch auf der Bühne gespürt“, sagt Alexej.

Mit keiner anderen Person so gerne zusammen

Selina schätzt seinen Humor: „Er hat viel Quatsch im Kopf, ich amüsiere mich darüber.“ Alexej findet sich in vielen Sachen von Selina wieder: „Mit keiner anderen Person bin ich so gerne zusammen wie mit ihr. Sie ist eine anspruchsvolle, aber angenehme Person. Außerdem lässt sie mich Playstation spielen.“ Über Alexejs Kochkünste sind sich beide noch uneins.

Die Gemischte Garde des McG, mit der sie den zweiten Platz erreichten, wollen sie weiter zusammen mit Nily trainieren. Ob sie mittanzen werden, halten sie sich offen. „Im Vordergrund steht, dass mein Mann in meiner Nähe ist und wir zusammenwohnen können“, sagt Selina. fesc

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