Karlsruhe Bis zu 150 Meter Gleise pro Tag

Gleisdreieck: An mehr als 50 Gewerken wird unterm Marktplatz gleichzeitig gearbeitet.
Gleisdreieck: An mehr als 50 Gewerken wird unterm Marktplatz gleichzeitig gearbeitet.

Man würde mehr Hektik vermuten, mehr Betriebsamkeit in der unterirdischen Baustelle unter Karlsruhes Flaniermeile. Doch wer von Süden in den Karlsruher Stadtbahntunnel geht, ist überrascht, wie ruhig es in diesem Teil der Baustelle ist. Kaum ein Arbeiter ist zu sehen, am Rande des Gleisbetts liegen eingepackte Rolltreppen, Fußboden- und Wandplatten, Arbeitsmaterial aller Art. Dass Ende kommenden Jahres der Stadtbahntunnel in Betrieb gehen soll, scheint unwahrscheinlich.

„Es kann klappen“, versichert Achim Winkel, Sprecher der Karlsruher Schienen-Infrastrukturgesellschaft (Kasig), wohl wissend, dass bis dahin noch einige Hürden genommen werden müssen: Je weiter man sich auf dem unterirdischen Spaziergang dem Gleisdreieck unter dem Marktplatz nähert, desto mehr wird gehämmert und gewerkelt. An rund 50 unterschiedlichen Gewerken wird im Tunnelstrang unter der Kaiserstraße derzeit gearbeitet, da bedarf es einer optimalen Verzahnung, wenn das Werk in der vorgegebenen Zeit vollendet werden soll. Lehrrohre für Kabel werden verlegt, Zugänge zur Drainage in der Tunnelmitte vorbereitet, Rolltreppen und die Wandverkleidung eingebaut. Winkel ist vor allem davon angetan, wie exakt die schweren Platten der Wandverkleidung im Haltestellenbereich eingebaut worden sind. Millimeterarbeit. Zudem wurden die Platten so an der Tunnelwand befestigt, dass später jede einzelne ohne großen Aufwand ausgetauscht werden kann, falls Beschädigungen auftreten. In der Mitte der Wand klafft eine größere Lücke, hier soll später die von Markus Lüpertz geschaffenen Wandbilder ihren Platz finden – so sie denn kommen. Weiter oben an den Wänden und Haltestellendecken kommen nicht ganz so massive Trockenbauteile zum Einsatz. Hier wird später auch das Lichtgespinst gespannt, das die Haltestellen so beleuchten soll, dass Fahrgäste dreifarbigen Schatten werfen. Unter diesem Gespinst werden dann auch die Fahrdrähte gespannt. In der Haltestelle Durlacher Tor steht bereits ein sogenanntes Raumgerüst, das diese Arbeiten an und unter der Decke ermöglicht, ohne dass unten der Gleisbau gestört wird. Denn die derzeit auffälligsten Arbeiten laufen unten, auf der Tunnelsohle. Im Ostteil des Tunnels wächst der Schienenstrang unaufhörlich, rund 150 Meter Gleis wurden an Spitzentagen hier verlegt. In Richtung Durlach liegt das Gleis bereits, aktuell wird die Gegenrichtung vorbereitet. Auf der Betonsohle werden Matten verlegt, sie sollen später für einen möglichst erschütterungsfreien Betrieb sorgen. Auf diese Matte wird Schotter gelegt, in den anschließend wiederum die Schienen verlegt werden. Immerhin 650 LKW-Ladungen mit Schotter sind für das 3,5 Kilometer lange Tunnelsystem nötig, eine Sisyphosarbeit. Doch es geht flott voran, ab April soll bereits an den Gleisen westlich des Marktplatzes gearbeitet werden, drei Monate später kommt als letztes der Südabzweig an die Reihe. Hurtig geht es auch weiter mit Stromkabeln, Wasserleitungen, Signalanlagen, den Entlüftungssystemen und dergleichen mehr. Bereits neun Monate nach Ende der Gleisbauarbeiten sollen im Sommer 2020 die ersten Bahnen im Probebetrieb durch den Tunnel rollen, die letzte, entscheidende Phase vor der Inbetriebnahme wird beginnen. Bevor dann im Dezember der reguläre Betrieb starten kann, muss mit der Technischen Abnahme des gesamten Systems die letzte Hürde genommen werden. Kritiker glauben, dass der Zeitplan zu ehrgeizig ist, doch bei der Kasig weiterhin fast schon trotzig Optimismus verbreitet. Die ganz am Anfang des Tunnelbaus aufgelaufene Verzögerung von rund vier Jahren soll nicht weiter anwachsen. Ob die verbleibenden Arbeiten nebeneinander ablaufen können, ohne sich gegenseitig zu behindern, bleibt die spannende Frage.

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