Kultur Südpfalz Bekannte Lieder mit kleinen Szenen

Die meisten Darsteller der Karlsruher Inszenierung von „Die Drei von der Tankstelle“ gefielen in ihren Rollen.
Die meisten Darsteller der Karlsruher Inszenierung von »Die Drei von der Tankstelle« gefielen in ihren Rollen.

„Die Drei von der Tankstelle“? Da weiß jeder sofort Bescheid. Immerhin ist diese Filmoperette von 1930 bis heute ein immergrüner Klassiker geblieben, und ihre Musiknummern wurden längst zu Schlagern. Das Kammertheater Karlsruhe hat nun eine Spielfassung des berühmten Kinohits auf die Bühne gebracht, die mit dem Film allerdings kaum mehr als den zugkräftigen Titel gemein hat.

Wer sich da nun auf die Suche macht nach Spuren der grandiosen Urbesetzung etwa mit der köstlich kapriziösen Lilian Harvey, dem entwaffnend charmanten Willy Fritsch oder dem liebenswürdigen ewigen Lausbuben Heinz Rühmann, der geht völlig leer aus, auch wenn das Programmheft merkwürdigerweise gerade über Heinz Rühmann einen zweiseitigen, sinnlosen Artikel abdruckt, der für die Karlsruher Aufführung selbst ohne jeden Belang ist. Zwar sind die Hauptrollen des Films sämtlich erhalten, und auch der Inhalt der Kinokomödie ist im Wesentlichen unverändert. Aber da alles ganz anders aufgemacht und dargeboten wird, bleibt natürlich auch die Geschichte selbst von den neuen Akzenten nicht unberührt, und das hat wiederum mit den neuen Darstellern zu tun. Geblieben ist aus dem alten Film in weiten Teilen auch die hinreißende Musik von Werner Richard Heymann, die am großen Erfolg der Kino-Operette ganz wesentlich beteiligt war und von der einige Titel wie „Ein Freund, ein guter Freund“ oder „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“ inzwischen den Status von Evergreens besitzen. Allerdings wurden diese Ohrwürmer für die Karlsruher Aufführung von Dominik Tremel in neuen Arrangements aufgefrischt und von einer dreiköpfigen Band live eingespielt, zusammen mit einigen weiteren Liedern meist aus der Ufa-Ära. Der hohe Musik-Anteil des gut zweistündigen Abends macht deutlich, wo die Einstudierung der „musikalischen Komödie“ ihren Schwerpunkt setzt: in der Reihung von Liedern, die durch kleine Szenen und Dialoge miteinander verbunden werden. Regisseur Ingmar Otto würzt die Übergänge zwischen den bekannten Nummern mit hübschen Pointen, fügt karikierte Skizzen etwa zu Autotypen ein, garniert die Ensembles als flotte Tanzeinlagen (Choreographie von Patrick Nitschke) und strafft die geläufigen Texte zu wirkungsvollen Sketchen. Warum er dazu allen Darstellern bizarr aufgeblähte Plastik-Frisurhelme aufsetzt und sie so zu diffusen Comic-Figuren verzeichnet, bleibt ganz unerfindlich - und allemal irritierend. Nach der Pause geht der Inszenierung ein wenig die Luft aus, und sie greift ersatzweise zu umständlichen, improvisierten Schattenspielen, mit denen die abflachende Handlung jedoch eher noch gehemmt als befördert wird. Das muntere Treiben auf der Bühne, das schließlich durch die Einfügung des melancholischen Hollaender-Songs von der „kleinen Sehnsucht“ eine wenig passende sentimentale Eintrübung erfährt, wird von den Solisten mit animierter Spielfreude getragen. Insbesondere Manuel Dengler als Willy erweist sich als Glücksgriff, den man in Karlsruhe gerne wieder sehen möchte. Er trägt die frechen Songs mit köstlicher Chuzpe und vorzüglicher Stimme vor, tanzt und spielt mit jugendlicher Eleganz und Leichtigkeit und entwickelt die Rolle zum strahlenden Mittelpunkt des Geschehens. Neben ihm seine sängerisch kompetenten Kumpels von der Tankstelle: Daniel Kozian als kesser, frisch aufspielender Hans und Matthias Zeeb als komödiantischer Kurt. Als wankelmütiger Konsul Kosmann ist Oliver Fobe dabei, der indes mit den musikalischen Aufgaben der Rolle nicht ganz überzeugend zurechtkommt. Vor allem nicht mit dem schmelzenden Tauber-Lied „Dein ist mein ganzes Herz“, das eigens in die Aufführung eingeführt wurde und mit dem die Regie ihm einen argen Bärendienst erweist. Als sein resolutes Töchterchen Lilian beweist Josephine Bönsch mit greller Mickey-Mouse-Stimme zwar sängerische Durchschlagskraft. Aber bei aller hörbaren Musical-Erfahrung bleibt sie der Rolle doch vieles an mädchenhafter Raffinesse schuldig. Maja Müller zeichnet als Kosmanns zielstrebige Braut Edith das üppige Porträt einer lebensklugen Salondame, stimmlich freilich wäre aus dieser Rolle gewiss mehr herauszuholen. Wie nicht anders zu erwarten und im Kammertheater mittlerweile üblich, lässt das Publikum sich auch diesmal wieder vor allem von den klingenden Anteilen des Abends begeistern. Wer auf eine Live-Begegnung mit dem Film-Original hofft, sollte vielleicht doch lieber ins Kino gehen. Wer aber eine unterhaltsame musikalische Komödie erwartet, der ist hier ganz richtig.

INFO

Die nächsten Vorstellungen von „Die Drei von der Tankstelle“ im Karlsruher Kammertheater sind für 14., 15., 17. und 18. März geplant. Karten und weitere Informationen unter der Telefonnummer 0721 23111 sowie im Internet unter www.kammertheater-karlsruhe.de.

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