Kultur Südpfalz Alte Herren in neuem Glanz

Schansmeester Wilhelm Hauth und Künstler-Enkelin Anne-Marie Buss-Kessler.
Schansmeester Wilhelm Hauth und Künstler-Enkelin Anne-Marie Buss-Kessler.

Wenn sich vor dem Galeerenturm in der Landauer Waffenstraße, dem ältesten Gebäude der Stadt, die „Mynherrn“ in samtenen „Wämslyn“ positionieren und sozietätsfremden Gästen Einlass in ihr „Niederländter“-Domizil gewähren, dann muss schon etwas Besonderes im Busch sein – wie die Vollendung der Renovierung der Kessler-Wandbilder.

Eine steile Holzstiege führt hinauf zum zweiten Oberstübchen des Galeerenturms. Dort hat die Sozietät „Hoogschans“ der Gesellschaft der Niederländter ihr Domizil, hier traf und trifft sich die Männergemeinschaft, die in Landau im 111. Jahr besteht, regelmäßig, um nach dem Motto „Froh Gemüt, geschickte Hand“ bei Musik, Kunstgenuss und Spiel die Sorgen und Nöte des Alltags hinter sich zu lassen und dem Kind im Mann freien Raum zu geben. Mögen sie im realen Leben auch ganz normalen Berufen nachgehen: Hier – in ihrem Revier und in den Wämslyn ihrer nach niederländischen Barockmalern und deren Bildwelten gestalteten Oberkleidern – können sie ihre kreativen Fähigkeiten ausleben. Einer von ihnen war der Maler Adolf Kessler, der 1890 in Godramstein geboren wurde und von 1926 bis zu seinem Tod 1974 als „Austyn van Keulenkamp“ zu den Niederländter Hoogschans gehörte. Weil man ihn „des Malens und Zeichnens für fähig“ hielt, steckte man ihn zur Lukasgilde. Quasi als Einstand hat der Künstler, dessen Werke heute unter anderem auch das Rathaus und die Friedhofshalle in Landau, den Hohenstaufensaal in Annweiler, den Rittersaal in Burrweiler, Kirchen in Queichheim, Godramstein und Ludwigshafen, aber auch Gebäude in Bremen oder Ostpreußen zieren, große Seccomalerein an allen vier Wänden des kleinen Turmzimmers gefertigt. Auch der Lindlingswurm an der Decke – eine Art Maskottchen der Niederländter – ist nach seinem Entwurf gestaltet, aber von anderer Hand ausgeführt. Kessler höchstpersönlich war es wiederum, der seine Wandgemälde 1957 mit einer rahmengebenden Farbfassung aufwertete. Freilich hat der Zahn der Zeit an den Seccogemälden genagt, auf denen der Landauer Künstler in überaus bewegtem und dramatischem Duktus, doch relativ dezenter Farbgebung das Niederländter Leben widerspiegelte und in den einzelnen Szenen so manches Sozietätsmitglied als Vertreter seiner Gilde und beredten Zeugen seiner Zeit verewigte. So freute sich Schansmeester Wilhelm Hauth umso mehr darüber, dass diese Werke dank freudiger Spendenbereitschaft einiger regionaler Unternehmen und privater Förderer so trefflich restauriert, konserviert und für den Denkmalschutz dokumentiert werden konnten. Von der Landauer Kirchenmalmeisterin Sabine Scherer von Ruß- und Staubablagerungen befreit, von Rissen und Auskalkungen geheilt und behutsam retuschiert, erstrahlen die alten Herren nun in neuem Glanz. Zu den Spendern gehören auch Nachkommen des Malers. So konnten Sohn Karl Konrad Hans Kessler mit Frau Ruth sowie Enkelin Anne-Marie Buss-Kessler über die Gemälde staunen. Buss-Kessler – Nachfahrin aus erster Ehe des Malers mit der Schweizerin Lili Wackernagel – war mit einem besonderen Geschenk eigens aus Basel angereist: Aus dem Nachlass des Vaters hatte sie das Wämslyn ihres Opas geborgen, weil sie sich vage daran erinnerte, dass dem die Niederländter „immer so wichtig waren“. Lange wusste sie nicht, was sie mit dem Gewand anfangen sollte. Als sie von der Sozietät Hoogschans auf deren Domizil im Turm mit den Gemälden des Großvaters aufmerksam gemacht wurde, wusste sie, „wo das Wämslyn hingehört“. Die Kessler-Gemälde im Galeerenturm sollen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. In unregelmäßigen Abständen will die Gesellschaft der Niederländter kleinen Gruppen Einlass in die engen Turmräume gewähren. Bei dieser Gelegenheit kann dann auch der zeichnerische Nachlass Kesslers besichtigt werden, etwa 60 teils kolorierte Illustrationen vor allem von „Aufgabenlösungen“ für die Hoogschanstreffen.

x