Kultur Südpfalz Als ob es kein Morgen gäbe

Jazzlegenden: Jack DeJohnette (links) und John Scofield.
Jazzlegenden: Jack DeJohnette (links) und John Scofield.

Im vergangenen Jahr kamen Jack DeJohnette und John Scofield wieder zusammen, um mit der CD „Hudson“ den 75. Geburtstag von DeJohnette zu feiern. Mit John Medeski an den Keyboards und Scott Colley am Kontrabass stellten sie den Silberling jetzt beim Zeltival im Karlsruher Tollhaus vor.

Die Bands – eigene wie mit anderen großen Musikern –, bei denen DeJohnette und Scofield gespielt haben, sind Legende. Schon allein, dass beide bei Miles Davis waren – der Drummer von 1968 bis 1972, der Gitarrist zehn Jahre später für vier Jahre – machen sie zu Mythen der Jazzgeschichte. Dass sie zu den größten lebenden Jazzmusikern gehören, ist unzweifelhaft – nach ein paar Schlägen oder Tönen weiß man sofort, wer da hinter dem Instrument sitzt oder steht. Sie ließen von Anbeginn keinen Zweifel daran, dass hier vier Freigeister einmal so richtig die Sau rauslassen wollten. Jimi Hendrix’ Song „Wait Till Tomorrow“ leitet DeJohnette mit einem Solo ein, das unterstreicht, dass er auch mit fast 76 Jahren nichts an Kraft und Virtuosität verloren hat. Dann steigen Scofield und der Rest der Band recht noisig ein, als ob es kein Morgen gäbe. Genauso abgefahren geht es bei „Hudson“, dem Titelstück der CD weiter, diesmal mit schrägen Sounds von Medeski auf dem Fender Rhodes, so dass das Ganze wirkt wie aus der Hochphase des elektrischen Miles Anfang der 1970er-Jahre. In Hendrix` wunderschönem Song „Castles Made Out Of Sand“ hat DeJohnette eine Gesangseinlage – und gar keine so schlechte. In Bob Dylans Nobelpreis-Song „A Hard Rain’s a-Gonna Fall“ von 1962 über Ungerechtigkeit, Leid, Umweltverschmutzung und Krieg, der laut Scofield heute leider immer noch so zutreffe, baut der Drummer einen mitreißenden Groove auf, Scofield versucht in einem wilden Solo alles, um einen die düsteren Gedanken des Originalsongs vergessen zu lassen. Und so hymnisch, wie die Band den Song aufbaut, so lyrisch-schön lässt ihn der Bassist bei einem Solo ausklingen. Ruhiger wird es bei Scolfields „El Swing“, einer locker dahin fließenden Nummer, in der er mit zupackenden Läufen glänzt. Ob harter Swing oder rockiger Funk – alles gipfelt am Schluss noch einmal in Joni Mitchells Hymne auf „Woodstock“. Scofield dreht hier noch einmal so sehr auf, dass man fast Mitleid bekommt mit dem älteren Herrn am Schlagzeug. Aber der hält mit. Und das - und die Leistung aller vier natürlich – belohnt das Publikum zu Recht mit heftigem Applaus im Stehen.

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