Landau Alk aus dem All

Die Hefe für Landauer Space-Bier wird nur sechs Minuten der Schwerelosigkeit ausgesetzt.
Die Hefe für Landauer Space-Bier wird nur sechs Minuten der Schwerelosigkeit ausgesetzt.

Angefangen hat alles mit Alexander Gerst, der seit Anfang Juni als Kommandant in der Internationalen Raumstation ISS herumschwebt und vielen auch als „Astro-Alex“ von der Videoplattform Youtube bekannt ist. „Wir dachten, Alexander Gerst, das klingt nach Gerste, wir könnten ja eigentlich ein Astro-Gerst-Bier brauen“, erinnert sich Dominik Rödel, Vorstandsvorsitzender des Bierprojekt Landau. Über einen befreundeten Physiker habe man dann beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) angefragt und sei aus allen Wolken gefallen, als man dort tatsächlich Interesse an dem Projekt bekundete. Das lag allerdings nicht an der Aussicht auf Weltraumbier. „Die Versorgung von Astronauten mit Vitamin B12 ist ein großes Problem“, sagt der Gravitationsbiologe Jens Hauslage, der die Rakete mit der Hefe im November ins All bringen wird. Vitamin B12 ist für die Zell- und Blutbildung des Menschen unverzichtbar, kommt aber hauptsächlich in tierischen Produkten vor. Zwar enthalten auch einige pflanzlichen Lebensmittel den wichtigen Nährstoff, allerdings nur in sehr schwer verwertbarer Form. Hier kommt die Besonderheit der Hefe ins Spiel: Sie ist nicht nur reich an B12, sondern für den Menschen auch besonders leicht verwertbar. „Die ISS hängt eigentlich permanent an einer Nabelschnur zur Erde“, sagt Hauslage. „Gerade mit Hinblick auf lange, bemannte Missionen ist die Produktion von Lebensmitteln ein aktuelles Thema in der Raumfahrt.“ Fachgebiet des Wissenschaftlers sind Lebenserhaltungssysteme. Ähnlich wie das Glaspflanzenbiotop im Biologieunterricht erzeugen diese geschlossenen Kreisläufe im Idealfall genau so viele Nährstoffe, wie ein Lebewesen oder eine Weltraumkolonie benötigen. Die Hefe könnte sich also als wichtiges Puzzleteil bei der Versorgung von Menschen im Weltall erweisen. Doch der kleine Pilz kann noch mehr. Saccharomyces cerevisiae eignet sich hervorragend für die Erforschung eines lebenden Organismus in der Schwerelosigkeit. Seit sie 1994 dort zum ersten Mal untersucht wurde, konnten bereits wichtige Erkenntnisse in der Erforschung von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder auch bei der Bekämpfung von Krebs gewonnen werden. Das ebenfalls an dem Projekt beteiligte Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Mußbach beschäftigt eine dagegen fast schon triviale Frage: Schmecken Bier und Wein anders, wenn die beim Brauen oder bei der Weinbereitung benutzte Hefe der Strahlung, Kälte und Schwerelosigkeit eines Raumfluges ausgesetzt war? Im Anschluss an den außergewöhnlichen Raumflug möchte eine Forschungsgruppe um Maren Scharfenberger-Schmeer und Friederike Rex die so erzeugten Produkte einer sensorischen Analyse unterziehen. Das Bierprojekt Landau möchte die weit gereiste Hefe gerne zu einem Space-Bier weiterverarbeiten. Die dabei erzeugten Mengen werden allerdings überschaubar sein. Für gerade einmal vier Plastikröhrchen mit je 15 Millilitern Hefe finden sich in der Höhenforschungsrakete Mapheus-8 noch Platz. Der Name steht für „Materialphysikalische Experimente unter Schwerelosigkeit“, etwa 220 Kilogramm wissenschaftliche Nutzlast kann die Rakete in den Orbit befördern. Gestartet wird von der European Space and Sounding Rocket Range in der Nähe des nordschwedischen Kiruna. „Das ist der am dünnsten besiedelte Bereich Europas, da stören wir niemanden“, sagt Hauslage. Nach etwa sechs Minuten Schwerelosigkeit fällt die Rakete wieder zur Erde, die Behälter mit den Experimenten werden von einem Fallschirm gebremst und anschließend geborgen. So richtig gut wird es der Hefe dabei nicht gehen; frühere Experimente haben bei dem Pilz Stress nachgewiesen. Der Start ist für November geplant. Wann das erste Landauer Space-Bier gekauft werden kann, steht noch in den Sternen.

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